Somalia als Müllhalde für den Rest der Welt
Es ist gängige Praxis, dass europäischer Müll in Afrika entsorgt wird. Dies liegt vor allem an der Tatsache, dass auf dem Kontinent laxere Umweltvorschriften und Arbeitsschutzstandards gelten als beispielsweise in Europa. Gleichzeitig hoffen viele verarmte Menschen auf dem schwarzen Kontinent, so möglichst schnell und einfach an Geld zu kommen. Und in der Tat: Mittlerweile ist die Müllentsorgung weltweit zu einem Milliardengeschäft geworden. Man geht davon aus, dass allein 2005 ca. 7,5 Millionen Tonnen exportierte Abfälle – legal und von den Behörden registriert – um den gesamten Erdball wanderten.
Seit Beginn der 1990er Jahre, als in Somalia der Bürgerkrieg ausbrach, erwies sich das Land am Golf von Aden als geradezu ideal für diese Vorgehensweise. Es gab kaum noch bzw. gar keine effektive Kontrolle durch den Staat, und rivalisierende Warlords sahen in einem wachsenden Klima der Profitgier die Chance, ans schnelle Geld zu kommen.
Im Herbst 1992 kam auf, dass der damalige Gesundheitsminister der Übergangsregierung Somalias einen Vertrag im Wert von 80 Millionen Euro mit jeweils einem Unternehmen aus der Schweiz und aus Italien abgeschlossen hatte. Dabei ging es um den Import bzw. die Entsorgung von Sondermüll. Obwohl die Schweiz und auch Italien angaben, dass es sich bei den Firmen vermutlich um Scheinfirmen der Mafia handelte, entstanden daraufhin in Somalia drei riesige Sondermülldeponien, auf denen auch radioaktiver Restmüll ohne Sicherheitsmaßnahmen eingelagert wurde.
Vor den Küsten Somalias seinen Müll zu entsorgen, stellte sich sogar als noch einfacher heraus, denn eine somalische Küstenwache gab es nicht mehr. Die hohe Gewinnspanne machte es für illegale Müllentsorger und jene, die Lizenzen zur Müllverklappung gegen Bargeld oder Waffen verkauften, umso reizvoller.
Für europäische Firmen ist es besonders verlockend, ihren Müll in Somalia entsorgen zu lassen. Während die Kosten für die Müllverklappung pro Tonne in Europa bei ca. 1.000 US-Dollar liegen, muss man in Afrika mancherorts nur 2,50 US-Dollar für die Beseitigung derselben Menge bezahlen. Um welche europäischen Firmen es sich genau handelt, ist im Falle Somalias schwer nachzuvollziehen, denn der Bürgerkrieg im Land und die allgemein chaotische Lage machen seriöse Kontrollen nahezu unmöglich. Greenpeace Italy und Greenpeace Switzerland berichteten jedoch von einem langjährigen Vertrag zur Müllentsorgung zwischen mehreren europäischen Unternehmen und der Übergangsregierung in Mogadischu. Der Vertrag soll auf über 20 Jahre angelegt sein.