Die Entstehung des so genannten Islamischen Staates (IS) ist eng verwoben mit der Geschichte seines Entstehungsgebietes, des Iraks. Dieser ist schon seit seiner Gründung im Jahr 1920 eine Region kultureller, ethnischer, religiöser und politischer Spannungen. So leben Araber, Kurden, Sunniten und Schiiten zusammen mit Stämmen unterschiedlicher Ideologien und Interpretationen des Islam. Diese Situation stellt einen fruchtbaren Nährboden für kriegerische Auseinandersetzungen dar. Insbesondere Schiiten und Sunniten geraten seit dem Sturz des sunnitischen Diktators Saddam Hussein im Zuge der US-Invasion und der anschließenden Implementation einer mehrheitlich schiitischen Regierung zunehmend in Konflikt. 1) GIGA: „Des Kalifen neue Kleider“: Der Islamische Staat in Irak und Syrien; Artikel vom 09.06.14
Einmarsch der USA in den Irak legt Grundstein für IS
Was als kurzer Siegeszug geplant war, endete in einem bis heute andauerndem Desaster: 2003 begannen die Amerikaner den Einmarsch in den Irak. Begründet wurde der Einsatz mit der vermeintlich vom Irak ausgehenden Bedrohung der amerikanischen Sicherheit. So wurde Saddam Hussein der Besitz von Massenvernichtungswaffen unterstellt und eine Weitergabe dieser Waffen an Terroristen befürchtet. Beide Thesen lassen sich bis heute jedoch nicht bestätigen und können daher als unhaltbar gelten. 2) Council on Foreign Relations: IRAQ: Justifying the War; Artikel vom17.10.03
Nach dem Sturz des damaligen Machthabers lösten die Amerikaner die irakische Armee sowie die regierende Baath-Partei auf und versuchten mit Truppen Ruhe und Ordnung herzustellen. Doch nach dem Sturz des Diktators stürzte das Land zunächst in völliges Chaos. Banken, Ministerien und kulturelle Stätten wurden zerstört und geplündert. Doch die USA griffen nicht ein, um die anarchischen Zustände zu beenden. 3) Free 21: Das Zerstörungswerk der USA im Irak und die Bildung des „Islamischen Staates“; Artikel vom 07.03.16 Dass es Amerika nicht nur um den Schutz der irakischen Bevölkerung ging, zeigt sich auch angesichts des 1991 von den USA verhängten, gnadenlosen Wirtschaftsembargos gegen den Irak, welches die Zivilbevölkerung massenweise in Armut und Tod getrieben hatte. 4) Council on Foreign Relations: IRAQ: Justifying the War; Artikel vom17.10.03
Heutige IS-Terroristen radikalisieren sich in US-Gefangenenlagern
Aus den Reihen der irakischen Armee sowie der aufgelösten Partei formierte sich daher schon bald ein bewaffneter Widerstand gegen die als Besatzungsmacht empfundenen Amerikaner. Viele der heutigen Extremisten lernten sich dabei in amerikanischen Gefangenenlagern kennen, darunter auch die heutige Führungselite des IS. Denn nach der Intervention wurden rund 20.000 Iraker, welche nach wie vor Saddam Hussein unterstützten und sich gegen die USA auflehnten, gefangen genommen. 5) Tagesspiegel: Wie organisiert ist die Terrormiliz IS?; Artikel vom 28.09.14 Hinzu kamen Sunniten, welche sich gegen die neu durch die USA etablierte schiitische Regierung wendeten. Dieser Widerstand radikalisierte sich zunehmend und immer mehr militante Islamisten schlossen sich an. In den Gefängnissen kamen dann Islamisten, frühere Offiziere und Soldaten des Regimes unter Saddam Hussein miteinander in Kontakt, vereint durch den gemeinsamen Widerstand gegen die Amerikaner. 6) Welt: Saddam Husseins Offiziere – Die Geheimwaffe des IS; Artikel vom 10.08.15 Die Entwicklung dieser neu entstandenen Gruppierung wurde auch durch die Vertreibung der Al-Qaida aus Afghanistan nach dem Sturz der Taliban im Jahr 2001 befeuert. So entwickelte sich unter dem Namen „Al Qaida im Irak“ schnell ein radikalisiertes Sammelbecken für Dschihadisten aus aller Welt. Dabei fiel insbesondere der damalige Anführer der Terrorgruppe Abu Mus’ab az-Zarqawi auf, welcher mit medial inszenierten Enthauptungen eine Praxis begann, die bis heute vom IS fortgeführt wird. 2006 benannte sich die radikale Gruppierung in „Islamischer Staat im Irak“ um und begann verstärkt im Untergrund zu agieren.
Technisches und strategisches Know-How macht IS erfolgreich
Sieben Jahre später erweiterte der IS seinen Aktionskreis auf Syrien. 7) TAZ: Die doppelte Schuld der USA; Artikel vom 17.08.14 Dies gelang insbesondere aufgrund des breit ausgebauten Schmuggelnetzwerkes, welches Polizei, Erdölkonzerne und Armee umfasste und zu einem enormen Reichtum an Waffen, Kapital und anderer Ressourcen führte. So brachten auch die zahlreichen Offiziere und Soldaten der früheren irakischen Armee militärische Struktur, Strategie und Wissen in die Organisation. 8) Free 21: Das Zerstörungswerk der USA im Irak und die Bildung des „Islamischen Staates“; Artikel vom 07.03.16 Diesem Know-how verdankt der IS bis heute einen wesentlichen Teil seines Erfolgs. 9) Welt: Saddam Husseins Offiziere – Die Geheimwaffe des IS; Artikel vom 10.08.15 Kurze Zeit später kam es zur Abspaltung der Al Qaida, sodass von nun an der IS unter der Führung Abu Bakr Al-Baghdadis als eigenständige Terrororganisation bestand. 10) TAZ: Die doppelte Schuld der USA; Artikel vom 17.08.14 Vor diesem Hintergrund lässt sich nicht verneinen, dass der Ursprung des so genannten Islamischen Staates (IS), welcher weltweit grausame Attentate verübt und derzeit wesentlich zum Zerfall des Iraks und Syriens beiträgt, auch in der fehlerhaften und orientierungslosen, westlichen Nahostpolitik zu suchen ist.