![BMW gibt sich große Mühe für sein nachhaltiges Image: Grün, Fair und sauber soll das Auto der Zukunft sein - trotzdem gibt es jetzt schwere Vorwürfe gegen einen Zulieferer | Bild: "BMW-Logo" © Jlhope | Dreamstime.com [Royalty Free] - Dreamstime BMW gibt sich große Mühe für sein nachhaltiges Image: Grün, Fair und sauber soll das Auto der Zukunft sein - trotzdem gibt es jetzt schwere Vorwürfe gegen einen Zulieferer | Bild: "BMW-Logo" © Jlhope | Dreamstime.com [Royalty Free] - Dreamstime](https://www.fluchtgrund.de/files/2023/11/dreamstime_m_22405898-713x472.jpg)
BMW gibt sich große Mühe für sein nachhaltiges Image: Grün, Fair und sauber soll das Auto der Zukunft sein - trotzdem gibt es jetzt schwere Vorwürfe gegen einen Zulieferer | Bild: "BMW-Logo" © Jlhope | Dreamstime.com [Royalty Free] - Dreamstime
Kritik an BMW Zulieferer: Giftmüll, Umweltverschmutzung und fehlender Arbeitsschutz
Am Wochenende wurden schwere Vorwürfe gegen einen BMW Zulieferer erhoben. Der marokkanische Rohstoffkonzern Managem soll laut Recherchen von NDR, WDR, SZ, sowie einer französischen und einer marokkanischen Zeitung seit Jahren gegen Arbeitsrecht und Umweltauflagen verstoßen. 1)tagesschau: Schwere Vorwürfe gegen BMW-Zulieferer; vom 12.11.2023
BMW bezieht 20 Prozent seines Kobalts von Managem, die restlichen 80 Prozent kommen aus Minen in Australien. Das Metall wird vor allem in Lithium-Ionen Akkus verwendet, also wiederaufladbaren Batterien und ist ein wichtiger Rohstoff für die E-Auto Produktion. 100 Millionen Euro hat sich BMW den Deal mit der marokkanischen Firma 2020 kosten lassen, 100 Millionen für „nachhaltiges Kobalt“, das war das Versprechen. Endlich weg vom Schmuddel-Image des Metalls, weg vom Konflikt-Rohstoff aus dem Kongo, weg von Bildern von Kinderarbeit und Ausbeutung – hin zu sauberen E-Autos, gebaut aus sauberem und fair gefördertem Kobalt. 2)tagesschau: Schwere Vorwürfe gegen BMW-Zulieferer; vom 12.11.20233)Süddeutsche Zeitung: BMW prüft Vorwürfe gegen marokkanischen Kobalt-Zulieferer; vom 13.11.20234)Reporterre: BMW et Renault impliqués dans un scandale écologique au Maroc; vom 12.11.20235)Reporterre: Mines au Maroc : la sinistre réalité du „cobalt resposable“; vom 04.07.2023
Nur die Realität scheint bisher nicht mit den großen Versprechen mithalten zu können. Etwa 400 Kilometer südlich von Casablanca steht sie, die Bou Azzer Mine. Hier wird das Kobalt gefördert, das später unsere Handys zum leuchten, unsere Laptops zum rechnen und unsere Autos zum Rollen bringt. Und hier ist es auch, von wo man immer wieder Berichte über desaströsen Arbeitsschutz hört. Die Arbeit in der Mine ist gefährlich, die Bergarbeiter hantieren mit Sprengstoff und kommen mit jeder Menge giftigen Stoffen in Berührung. Trotzdem werden die Angestellten nur ungenügend über Risiken aufgeklärt und müssen oftmals ohne die nötige Schutzausrüstung in die Stollen steigen, so das Recherche-Team. Interviewte Arbeiter berichten von mehreren Todesfällen in der Mine, sowie von weit verbreiteten Berufskrankheiten, ohne ausreichende Versorgung durch Managem. Die Probleme existieren schon lange, bereits 2011 wollten die Minenarbeiter eine Gewerkschaft gründen, der Versuch wurde aber mit Gewalt zerschlagen. Ehemalige Gewerkschaftler berichten von gezielten Entlassungen, Haft und sogar Folter. Trotz alldem hat nach BMW nun auch Renault Verträge mit Managem geschlossen – ab 2025 will der französische Autobauer 5 000 Tonnen Kobalt im Jahr aus der Mine beziehen.6)tagesschau: Schwere Vorwürfe gegen BMW-Zulieferer; vom 12.11.20237)Reporterre: BMW et Renault impliqués dans un scandale écologique au Maroc; vom 12.11.20238)Reporterre: Mines au Maroc : la sinistre réalité du „cobalt resposable“; vom 04.07.2023
Dabei ist der Arbeitsschutz nicht einmal die schlimmste Folge der Mine: Auch die Umweltbelastung ist enorm und eine Gefahr für die 47 000 Einwohner der Region. Denn in Bou Azzer wird nicht nur Kobalt gefördert, als Nebenprodukt kommen mit jedem Kilo Metall auch etwa 3,5 Kilo Arsen an die Oberfläche. Arsen war jahrhundertelang das beliebteste Giftmord-Mittel der Welt; es ist in hohem Maße krebserregend, schädigt das Herz-Kreislauf- wie das Nervensystem – und heute ist es überall in Bou Azzer. 10 Mikrogramm pro Liter Wasser sind der Grenzwert, den die WHO für den Stoff definiert. Im Fluss an der Mine wurden mehr als 18 000 Mikrogramm pro Liter festgestellt, zehn Kilometer Flussabwärts immer noch 400. Selbst der Boden der Region ist im hohen Maße kontaminiert.9)tagesschau: Schwere Vorwürfe gegen BMW-Zulieferer; vom 12.11.202310)Reporterre: BMW et Renault impliqués dans un scandale écologique au Maroc; vom 12.11.2023
Nicht nur die Giftstoffbelastung, auch der Wasserverbrauch der Mine ist enorm: Eine Millionen Hektoliter, so viel Wasser schluckt die Kobaltförderung jedes Jahr, das entspricht dem Verbrauch von 50 000 Menschen im gleichen Zeitraum. In einer der trockensten Regionen der Welt, nur knapp über dem Rand der Sahara genießt der Bergbau Priorität und zahlt für das Wasser keinen Cent. Mittlerweile muss den umliegenden Dörfern im Sommer immer wieder die Leitung abgedreht werden – bei Temperaturen von bis zu 45 Grad. Für die in der Region traditionell wichtige Landwirtschaft bleibt so meistens nicht viel übrig. Dort wo früher Mandel- und Aprikosenbäume standen, ist heute oft nur kahle Wüste. Wo früher ein satter Fluss strömte, findet man heute nur noch ein müdes Rinnsal. Die Bauern verlieren so ihre Lebensgrundlage und stehen vor der Entscheidung: Wegziehen oder selbst in der Mine arbeiten. 11)Reporterre: Au Maroc, une mine de cobalt empoisonne les oasis; vom 05.07.202312)Weltbank: Resilience to Water Scarcity and Comodity Price Shocks are Critival for Moroccan Economic Growth and Stability; vom 20.07.202313)Al Jazeera: „Preserving oases“: The fight for water by Morocco farmers; vom 11.11.2022
Bou Azzer ist aber leider kein Einzelfall. Immer wieder gibt es Skandale um Rohstoffe, die so kritisch für die Wende hin zu einer klimagerechten Wirtschaft sind. Kobalt, Lithium, Kupfer oder Graphit, sie alle werden nur allzu oft unter menschen- und umweltunwürdigen Bedingungen abgebaut. Zwei Drittel dieser Minen stehen in von Dürre bedrohten Gebieten, die größten Reserven liegen oftmals im konfliktgebeutelten Kongo. Kinderarbeit und Ausbeutung sind dort tägliche Realität, oftmals kämpfen noch dazu bewaffnete Gruppen um die Kontrolle der einträglichen Minen. 14)Utopia: Kobalt: Das solltest du über den Abbau des Handy-Rohstoffs wissen; vom 17.10.202315)Reporterre: Les voitures électriques assoiffent les pays du Sud; vom 13.11.2023
BMW legt viel Wert auf sein Image als nachhaltiger Autokonzern. Die Entscheidung, seine Rohstoffe nicht mehr aus dem Kongo oder über den Umweg aus chinesischen Raffinerien zu beziehen, ist durchaus respektabel. Seine Sorgfaltspflicht hat BMW trotzdem verletzt, wie die Recherche zeigt. Das könnte nun auch rechtliche Konsequenzen haben: Seit 2023 gilt in Deutschland das Lieferkettengesetz. Größere Unternehmen müssen seit dem die Einhaltung von Menschenrechten und Umweltstandards in ihrer Lieferkette garantieren. Wie es jetzt weitergeht, ist unklar. BMW hat eine umfassende Prüfung der Vorwürfe durch Managem verlangt, der Rohstoffkonzern selbst streitet bisher noch alles ab.16)tagesschau: Schwere Vorwürfe gegen BMW-Zulieferer; vom 12.11.202317)Utopia: Kobalt: Das solltest du über den Abbau des Handy-Rohstoffs wissen; vom 17.10.202318)tagesschau: Testfall für das deutsche Lieferkettengesetz; vom 14.11.2023
Fußnoten und Quellen:
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