![(Symbolbild) Konflikt und Gewalt in der Zentralafrikanischen Republik finden kein Ende. | Bild: "Nigerianische Truppen bei Säuberungsaktionen gegen Aufständische" © Dare Mafimisebi | Dreamstime.com [Royalty Free] - Dreamstime Regierungstruppen bei Aktionen gegen Aufständische (Symbolbild) Konflikt und Gewalt in der Zentralafrikanischen Republik finden kein Ende. | Bild: "Nigerianische Truppen bei Säuberungsaktionen gegen Aufständische" © Dare Mafimisebi | Dreamstime.com [Royalty Free] - Dreamstime](https://www.fluchtgrund.de/files/2023/09/dreamstime_s_255834162-713x605.jpg)
(Symbolbild) Konflikt und Gewalt in der Zentralafrikanischen Republik finden kein Ende. | Bild: "Nigerianische Truppen bei Säuberungsaktionen gegen Aufständische" © Dare Mafimisebi | Dreamstime.com [Royalty Free] - Dreamstime
Zentralafrikanische Republik: Neue Verfassung, doch die Hoffnung auf Frieden schwindet
Seit Jahrzehnten beherrschen Konflikt und Gewalt die Zentralafrikanische Republik (ZAR). Vor zehn Jahren verübten Rebellen erfolgreich einen Putsch gegen den ehemaligen Präsidenten François Bozizé. Seither haben jegliche Bemühungen die mehrdimensionalen Konflikte beizulegen keinen Erfolg. Bozizé kam ebenfalls durch einen Staatsstreich an die Macht. Dies spiegelt ZARs fragile Politik wider.
Der aktuelle Präsident Faustin-Archange Touadéra ist der zweite demokratisch gewählte Präsident in der Geschichte des Landes. In seiner Funktion als Premierminister unter Bozizé vermittelte er bereits 2008 in einem innenpolitischen Konflikt und erreichte mehrere Friedensabkommen. 2019 unterzeichnete seine Regierung gemeinsam mit 14 am Bürgerkrieg beteiligten Milizen das „Politische Abkommen für Frieden und Versöhnung“. Außerdem fand letztes Jahr der „Republikanische Dialog“ statt, um die Kapazität der Friedens- und Stabilitätssicherung zu stärken. Doch Gewalt und Missbrauch gehen weiter. Das Elend im Land ist unbeschreiblich. 1) Deutsche Welle: Der lachende Dritte steht bereits fest; Artikel vom 12.02.2016
Auch andere Staaten und die Vereinten Nationen sind in das Unheil und den Friedensprozess in der Zentralafrikanischen Republik eingebunden. Frankreich hat letztes Jahr seine Soldaten aus dem Land abgezogen und seinen Luftwaffenstützpunkt ins Nachbarland Tschad verlegt. Grund: „Die Anwesenheit von russischen Söldnern“. Die unabhängige Organisation International Crisis Group meint, dass Präsident Touadéra in Russland und der »Wagner-Gruppe« einen wichtigen militärischen Verbündeten sieht. In einem Interview sagt der Präsident bezüglich der Zusammenarbeit: „Wir kooperieren mit der Russischen Föderation in Fragen der Sicherheit. […] Im Moment brauchten wir Mittel, weil unsere Armee 2013 komplett am Boden war. Also haben wir bei vielen befreundeten Ländern Unterstützung ersucht. Es ist die Russische Föderation, die sich dankenswerterweise bereit erklärt hat, uns Mittel zur Verfügung zu stellen“. Seit April 2014 dienen Blauhelmsoldaten unter dem Mandat der UNO-Friedensmission MINUSCA in der Zentralafrikanischen Republik. Ziel ist unter anderem der Schutz von Zivilisten und das Erleichtern der Bereitstellung humanitärer Hilfe. 2) SPIEGEL Ausland: EU-Vertretung in der Zentralafrikanischen Republik abgebrannt; Artikel vom 19.12.2022 3) Deutsche Welle: Präsident Touadéra: „Ohne Frieden keine Entwicklung“; Artikel vom 11.08.2023 4) UN MINUSCA: United Nations Multidimensional Integrated Stabilization Mission in the Central African Republic
Grundsätzlich gilt: Das Interesse von nationalen und internationalen Konfliktparteien liegt primär in den reichen Rohstoffvorkommen des Landes. Abgesehen von der UN versprechen sich die verschiedenen Parteien vor allem mehr Zugang zu den natürlichen Ressourcen der Zentralafrikanischen Republik. Diamanten, Erdöl, Gold und andere Bodenschätze sind zugleich Objekt der Begierde und finanzieller Antreiber des Kriegs.
Leittragende der gewalttätigen Auseinandersetzungen sind verletzte und getötete Soldaten/Kriegsdienstleister sowie mehrere Millionen zentralafrikanische Bürger. Das Ausmaß wird in einem Bericht von Amnesty International deutlich. Genannt werden illegale Steuererhebungen, sexualisierte Gewalt, schwerwiegende Menschenrechtsverstöße und rechtswidrige Tötungen. In ihrem jährlichen Regionalkapitel über Afrika spricht der Verein davon, dass im Berichtszeitraum von Januar bis Dezember 2022 die Ernährung von 50 Prozent der Bevölkerung in ZAR nicht sichergestellt war. Immer wieder bedrohen bewaffnete Gruppen Hilfspersonal. Mitte Juli starb ein ruandischer Blauhelmsoldat bei einem Überfall durch unbekannte Angreifer. Solch ein Angriff kann nach dem Völkerrecht ein Kriegsverbrechen darstellen. Auch medizinisches Personal ist in Gefahr. Ärzte ohne Grenzen berichtet, dass seine Teams in diesem Jahr bereits 16 Mal angegriffen wurden – zuletzt am 26. und 30. August. In der Regel handelt es sich um Raubüberfälle, seltener aber auch um sexualisierte Gewalt. 5) Amnesty International: Zentralafrikanische Republik 2019; veröffentlicht am 08.04.2020
6) Amnesty International: Regionalkapitel Afrika 2022; veröffentlicht am 28.03.2023 7) UN MINUSCA: UN chief condemns deadly attack on peacekeepers in Central African Republic; Artikel vom 11.07.2023 8) Deutscher Ärzteverlag: Ärzte ohne Grenzen verurteilt Angriffe auf das Gesundheitspersonal; Artikel vom 04.09.2023
Vor knapp zwei Monaten war die zentralafrikanische Bevölkerung aufgerufen, für eine neue Verfassung abzustimmen. Die Pläne wurden mit 95 Prozent der abgegebenen Stimmen angenommen. Wichtige Oppositionsparteien, Organisationen aus der Zivilgesellschaft und bewaffnete Rebellengruppen hatten zuvor zum Boykott der Abstimmung aufgerufen. Die neue Verfassung verlängert die Amtszeit des Präsidenten von fünf auf sieben Jahre und hebt die Beschränkung von zwei Amtszeiten auf. Gegner des Referendums argumentieren, der amtierende Präsident möge Staatsoberhaupt auf Lebenszeit bleiben. Egal ob pro oder contra Touadéra, das Ende der Gewalt rückt durch die Entscheidung nicht näher. 9) Tagesspiegel: Zentralafrikanische Republik: Abstimmung über neue Verfassung; Artikel vom 30.07.2023
Zahlen des UNHCR (UNO-Flüchtlingskommissariat) sind erschreckend. 2022 war jeder vierte Zentralafrikaner vertrieben. Schätzungen zufolge sind es dieses Jahr 624 Tausend Asylsuchende und 550 Tausend Binnenflüchtlinge. Die Republik zählt momentan circa 5,5 Millionen Einwohner. Die führenden Gründe für Vertreibung sind gemäß UNHCR: Militäroperationen der zentralafrikanischen Streitkräfte und ihrer Verbündeten gegen nichtstaatliche bewaffnete Gruppen sowie die Angst vor Übergriffen; die exzessive Anwendung von Gewalt und die anhaltenden Menschenrechtsverletzungen und -missbräuche. Rund 1,5 Millionen Menschen haben akuten Bedarf an medizinischer Versorgung. 10) UNHCR: Central African Republic 11) UNHCR: West and Central Africa; Bericht vom 22.12.2022 12) Ärzte der Welt: Zentralafrika – Die Situation
Nachbarländer versuchen Hilfe zu leisten und stecken zum Teil gleichzeitig selbst Tief in der Krise. Im April 2022 unterschrieben sieben Länder Zentralafrikas, darunter die Demokratische Republik Kongo, Kamerun und der Sudan die „Erklärung von Yaoundé über Lösungen im Zusammenhang mit der Vertreibung im Rahmen der Krise in der ZAR“. Doch das war noch bevor der Bürgerkrieg im Sudan eine weitere Welle der Flucht auslöste. Die Situation in der Region ist heikel. Viele Menschen müssen fliehen. 13) Yaounde Declaration: Declaration on Solutions in the context of Forced Displacement related to the Central African Republic Crisis; Erklärung vom 27.04.2022
Fußnoten und Quellen:
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