![Die Armut, Kriege und systematische Ausbeutung haben bis zu 2 Millionen Menschen in die Flucht getrieben. | Bild: "2. November 2008. Flüchtlinge aus der DR Kongo" © Sam D'cruz | Dreamstime.com [Royalty Free] - Dreamstime 2. November 2008. Flüchtlinge überqueren die Grenze von der DR Kongo nach Uganda in der Nähe von Busanza. Die Armut, Kriege und systematische Ausbeutung haben bis zu 2 Millionen Menschen in die Flucht getrieben. | Bild: "2. November 2008. Flüchtlinge aus der DR Kongo" © Sam D'cruz | Dreamstime.com [Royalty Free] - Dreamstime](https://www.fluchtgrund.de/files/2023/09/dreamstime_m_7515567-713x475.jpg)
Die Armut, Kriege und systematische Ausbeutung haben bis zu 2 Millionen Menschen in die Flucht getrieben. | Bild: "2. November 2008. Flüchtlinge aus der DR Kongo" © Sam D'cruz | Dreamstime.com [Royalty Free] - Dreamstime
Wie der Westen die Zukunft Kongos zerstört(e)
Die heutige Demokratische Republik Kongo (DRK) wurde auf der Berliner Konferenz 1885 von den Kolonialmächten geschaffen. Der Staat blieb über 20 Jahre unter der Herrschaft des belgischen Königs Leopold II und wurde 1908 in Belgisch-Kongo umbenannt. Das Land befand sich praktisch in seinem Privatbesitz und diente mit seinen zahlreichen wertvollen Rohstoffen der Bereicherung des Königs. Die Bevölkerung war dazu verpflichtet, den Soldaten wertvolle Stoffe wie Elfenbein, Kautschuk und Erze zu übergeben. Geschah dies nicht, wurden ganze Dörfer vernichtet, Menschen wurden verschleppt und getötet. Leopold II tat damals, was wir heute als Völkermord bezeichnen würden. Er bestimmte allein das Schicksal des Landes und hat in seiner Zeit über 15 Millionen Menschen getötet. 1) web.de: 60 Jahre Unabhängigkeit des Kongo – „Kongogräuel“ erschütterte Land; Artikel vom 01.07.2020 2) oocities: Kongo: Eine nicht endende Kolonialgeschichte; Stand September 2023
Obwohl die Europäer den wirtschaftlichen Nutzen des rohstoffreichen Landes sehr früh erkannten, erhielt die DRK 1960 dennoch ihre Unabhängigkeit. Die Kolonialmächte stellten jedoch die Bedingung, dass Kongo die französische Kolonialwährung und Französisch als Amtssprache akzeptieren muss. Das war eine Art Fortsetzung der Kolonialisierung. Auf die 85 Prozent der Währungsreserven, die in der französischen Zentralbank gelagert werden müssen, hat das Land heute immer noch keinen Zugriff. Kongo und viele andere Länder müssen außerdem Frankreich jährlich sogenannte koloniale Schulden in Höhe von Hunderten Milliarden Euro bezahlen. So bleibt das Land bis heute von dem Westen sowohl wirtschaftlich als auch politisch stark abhängig. Könnte das überhaupt anders sein? 3) deutsche Wirtschaftsnachrichten: Frankreich kann seinen Status nur mit Ausbeutung der ehemaligen Kolonien halten; Artikel vom 15.03.2015
Einen demokratischen Staat mit Regierung, die sich für die Interessen der Bevölkerung einsetzen kann, hat Kongo nie bekommen. Die Hoffnung darauf scheint mit Patrice Lumumba im 20. Jahrhundert gestorben zu sein. Lumumba war der erste Ministerpräsident des Kongos und hat das Land aus der belgischen Kolonialherrschaft heraus in die Unabhängigkeit geführt. Sein größtes Ziel als Politiker war, dass der Rohstoffreichtum des Landes und all seiner Ressourcen zugunsten der Kongolesen verwendet werden und nicht im Sinne der westlichen Mächte. Sein Traum war die Emanzipation des Kongos und die Vereinigung aller ethnischen Gruppen. Die Kolonialmächte hatten aber andere Interessen. Die Ziele Lumumbas standen in Konflikt mit dem belgischen Monopol der Mineralausbeutung in der Provinz Katanga. Lumumba bat die Sowjetunion um militärische Unterstützung gegen die belgischen Truppen. Zu dem Zeitpunkt erreichte der Kalte Krieg gerade seinen Höhepunkt. Der Westen wollte auf keinen Fall, dass der Kongo in den Einflussbereich der Sowjetunion gerät. So wurde Lumumba auf Wunsch der Regierung der USA und Belgiens schnell abgesetzt. Durch einen Putsch mit westlicher Hilfe kam Mobutu Sese Seko an die Macht. Er war der neue diktatorisch regierende Präsident der DRK, der den Kolonialmächten die Ausbeutung von Rohstoffen ermöglichen sollte. Nur einige Monate nach Amtsantritt wurde Lumumba von ihm festgenommen und den Behörden von Katanga übergeben. Dort wurde er gefoltert, getötet und in Einzelteile zerlegt. So hinterließen seine Mörder keine Spur und erstickten jede Perspektive für eine bessere Zukunft für den Kongo bereits im Keim. Der Gang der Geschichte wurde schlagartig verändert. Gleichzeitig wurde Lumumba zu einer Symbolfigur des antiimperialistischen Kampfes in Afrika. 4) dw: Kongo: Der Mordfall Lumumba; Artikel vom 16.01.2016
Sein enormer Ressourcenreichtum macht den Kongo auch heutzutage attraktiv. Das Land besitzt über 80 Prozent der bekannten Koltanreserven und über 90 Prozent der weltweit zugänglichen Kobalt-Vorkommen. Das Kobalt ist vor allem für die Batterien von Smartphones und E-Autos unerlässlich. Die wertvollen Metalle werden in chinesischen Minen in Kongo gewonnen. Dort schuften die Menschen, darunter auch kleine Kinder, den ganzen Tag für nicht mehr als 5 US-Dollar. Sie arbeiten in gefährlichen Tunneln, spülen die Metalle mit toxischem Wasser und atmen die radioaktiven Uranreste ein. Die Metalle werden direkt in den Minen in sogenannten Depots an chinesische Agenten verkauft. Von diesem Moment an kann man die Lieferkette entlang zwischen Metallen, die im industriellen Bergbau gewonnen wurden, und solchen, die per Hand gewonnen wurden, nicht mehr unterscheiden. Die Kongolesen haben keine anderen Lebensgrundlagen und können ihre Familien nicht ernähren. Ein Drittel der 97 Millionen Kongolesen ist von akuter Nahrungsmittelunsicherheit betroffen. 16 Millionen gelten als mangelernährt und drei Viertel von allen leben unterhalb der Armutsgrenze. Die Kobaltminen sind manchmal so groß wie Metropolregionen. Viele Menschen können dort nicht mehr leben und werden auch vom Arbeitsmarkt verdrängt. Zudem werden ständig schreckliche Kriege um Zugang, Handel und Kontrolle der wichtigen Rohstoffe geführt. Das Ganze wird auch durch Waffenlieferungen des Westen ermöglicht. Diese Umstände sorgen für zahlreiche Vertriebene in der Region, bis zu 2 Millionen Menschen und noch 6 Millionen Binnenflüchtlinge. Der Westen vernachlässigt in Kongo gleichzeitig eine Menschenrechts-, Umwelt- und Gesundheitskatastrophe. 5) democracynow: „Cobalt Red“: Smartphones & Electric Cars Rely on Toxic Mineral Mined in Congo by Children; Video vom 13.07.2023 6) epo: DR Kongo CARE warnt vor drohender Hungersnot; Artikel vom 26.05.2021 7) stern: In der DR Kongo sterben Tausende – und Millionen sind vom Tod bedroht; Artikel vom 25.07.2019 8) telepolis: US-Strategiepapier: Der Wettlauf ums ressourcenreiche Afrika; Artikel vom 17.10.2022 9) UNHCR: Democratic Republic of the Congo Refugee Crisis Explained; Artikel vom 23.06.2023 10) caritas internatiopnal: Zur politischen und humanitären Lage im Kongo; Stand September 2023
Eine Lösung des Konflikts wurde bisher nicht gefunden. Die Digitalisierung, Energiewende und die infolgedessen gewaltige Kobalt-Nachfrage der Industriestaaten und Technologieunternehmen führen zur massiven Ausbeutung der Menschen und immer mehr Ungleichheit, Armut und Flucht. So bleibt die DRK trotz seines Ressourcenreichtums eines der ärmsten Länder der Welt. Damit sich etwas nachhaltig verändern kann, müssten Regierungen, internationale Organisationen und Unternehmen zusammen arbeiten und diesmal die eigenen Interessen im Namen der kongolesischen Bevölkerung in den Hintergrund stellen.
Fußnoten und Quellen:
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