![(Symbolbild) So wie diese Menschen machen sich viele Flüchtlinge auf den gefährlichen Weg nach Europa. | Bild: "Migranten, die den Schiffbruch vor der libyschen Küste überlebt haben, landen in Pozzallo." © Alessio Tricani | Dreamstime.com [Royalty Free] - Dreamstime Pozzallo,Ragusa,Italien,13. März 2023,17 Migranten, die den Schiffbruch vor der libyschen Küste überlebt haben, werden am 2023 im Hafen von Pozzallo angelandet. (Symbolbild) So wie diese Menschen machen sich viele Flüchtlinge auf den gefährlichen Weg nach Europa. | Bild: "Migranten, die den Schiffbruch vor der libyschen Küste überlebt haben, landen in Pozzallo." © Alessio Tricani | Dreamstime.com [Royalty Free] - Dreamstime](https://www.fluchtgrund.de/files/2023/09/dreamstime_m_271949571-713x475.jpg)
(Symbolbild) So wie diese Menschen machen sich viele Flüchtlinge auf den gefährlichen Weg nach Europa. | Bild: "Migranten, die den Schiffbruch vor der libyschen Küste überlebt haben, landen in Pozzallo." © Alessio Tricani | Dreamstime.com [Royalty Free] - Dreamstime
Oxfam wirft EU Missbrauch von Hilfsgeldern vor
Wie geht die EU mit den Herausforderungen um, die die globale Migration heutzutage zunehmend darstellt? Auf jeder großen Konferenz betonen führende Politiker des Westens immer wieder die erheblichen Ausgaben, die ihre Länder für Entwicklungspolitik einplanen. In der Öffentlichkeit hinterlässt das den Eindruck, dass Europa sein Entwicklungshilfebudget optimal einsetzt, um Millionen von Menschen vor Armut, Kriegen und Hunger zu retten. Eine neue Oxfam-Studie weckt jedoch Zweifel, ob das wirklich der Fall ist.
Der Oxfam-Bericht „Von der Entwicklung zur Abschreckung?“ stellt fest, dass sechs der 16 identifizierten EU-Migrationsprojekte in Niger, Libyen und Tunesien potenziell gegen die internationalen Kriterien für öffentliche Entwicklungsleistungen (Official Development Assistance – ODA) verstoßen. Diese sechs Projekte machen mit 667 Millionen Euro etwa zwei Drittel von den insgesamt analysierten Ausgaben (rund 1 Milliarde Euro) aus. Gemäß dem Bericht werden EU Hilfsgelder zunehmend für die Abschreckung von Migration einsetzt, statt für Entwicklungsförderung und Bewältigung der eigentlichen Ursachen von Migration – Armut, Hunger und Kriege. Außerdem fließe laut Bericht nicht genug Geld in die Förderung sicherer und regulärer Migration. Stattdessen finanziere die EU eher Aktivitäten, die in Wirklichkeit zur Behinderung von Migration und Verletzung von Menschenrechten führen. Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), die die international anerkannten Kriterien für Entwicklungsleistungen aufgestellt hat, legt „die wirtschaftliche und soziale Entwicklung in den Entwicklungsländern“ als Hauptzweck der Förderung fest. Laut OECD können Projekte, die die Rechte von Migranten vernachlässigen, nicht als öffentliche Entwicklungsleistung angerechnet werden. In Niger wurden 8 Aktivitäten untersucht. In nur einer davon setzt sich die EU tatsächlich für sichere und reguläre Migration ein. In Libyen werden laut Oxfam keine der für die Migration vorgesehenen Mittel für die Unterstützung sicherer Migration eingesetzt. Die Verwendung der Hilfe verstöße sogar gegen die eigenen Rechtsgrundsätze der EU. Das Hilfsbudget, das die Armutsbekämpfung in den Ländern des globalen Südens finanzieren sollte, wird stattdessen für die Errichtung einer Festung zur Verteidigung Europas verschwendet, so Stephanie Pope, EU-Migrationsexpertin von Oxfam. Gleichzeitig schiebe die EU die Verantwortung in Sachen Asyl und Migration auf die Nicht-EU-Länder ab und zwingt sie zum Handeln. 1) epo: Oxfam-Studie: EU-Ausgaben verstoßen gegen die Regeln der Entwicklungshilfe; Artikel vom 21.09.2023
Allein im Jahr 2021 betrug die Entwicklungshilfe der EU und ihrer Mitgliedstaaten 70,2 Milliarden Euro. Der Bericht weist außerdem auf „erhebliche Inkohärenzen zwischen der Migrations- und der Entwicklungspolitik der EU“ hin. Oxfam beklagt, dass die EU Hilfsgelder benutzt, um die Probleme zu beheben, die sie durch andere Ausgaben selbst verursacht hat. EU-Gelder, die nicht für die Entwicklungshilfe bestimmt sind, finanzieren die Beschaffung von Schiffen für die libysche Küstenwache, die dann für das Abfangen und die Rückführung von Migranten nach Libyen benutzt werden. In Libyen werden die Rechte der Flüchtlinge oft verletzt und so setzt die EU ihr Entwicklungsbudget ein, um Menschen vor den katastrophalen Bedingungen dort zu retten und aus diesen Gebieten zu evakuieren. Manchmal nutze man das Geld auch für die Verbesserung dieser Bedingungen. Obwohl Menschenrechtsverletzungen durch tunesische Behörden in der Vergangenheit mehrmals dokumentiert wurden, leite die EU finanzielle Mittel auch an die tunesische Küstenwache weiter. Die EU-Strategie zur Verteilung von Hilfsgeldern berücksichtigt an erster Stelle die EU-Migrationsinteressen und stellt die wachsende Armut und Ungleichheit in Tunesien in den Hintergrund, kritisiert Anissa Thabet, Oxfam-Koordinatorin für Migration und Mobilität in Nordafrika. So werde die wirtschaftliche Entwicklung Tunesiens dauerhaft vernachlässigt. 2) europäische Kommission: Entwicklungshilfe: Team Europe gibt 70,2 Milliarden Euro im Jahr 2021; Artikel vom 18.07.2022
Die Situation in Niger sei auch nicht besser. UN-Berichten zufolge sind körperliche Misshandlungen von Migranten in der Wüstenregion zwischen Niger und Libyen zu 60 Prozent auf Sicherheitskräfte, Polizei und Einwanderungsbehörden zurückzuführen. Die EU zahle diesen Behörden Geld für die Umsetzung von Migrationsprojekten und unterstütze somit die katastrophale Menschenrechtslage. Obwohl diese Investitionen für Entwicklungszwecke vorgesehen sind, zwingen sie im Endeffekt Migranten dazu, auf noch gefährlichere Migrationsrouten auszuweichen.
Auf diese besorgniserregende Analyse antwortet die Sprecherin der Europäischen Kommission, Ana Pisonero, dass „die meisten Maßnahmen dazu beitragen, die Ursachen der Migration zu bekämpfen“. Sie betont, dass die EU die von der OECD festgelegten Richtlinien respektiert und dass eine gut gesteuerte Migration für die Partnerländer vorteilhaft ist. Gegen die Transparenz des Europäischen Parlaments hat der Oxfam-Bericht dennoch auch einiges einzuwenden. Es wird behauptet, dass der Zugang zu öffentlichen Informationen, die Aufschluss über die Verwendung der Hilfsgelder geben, begrenzt sei. Außerdem werden wichtige Begriffe, die die Aktivitäten im globalen Süden beschreiben, nicht klar definiert. 3) euractiv: EU weist Vorwürfe des Hilfsgeldermissbrauchs zurück; Artikel vom 21.09.2023
Die EU-Kommission zielt darauf ab, ihre Zusammenarbeit mit nordafrikanischen Ländern bei der Migrationskontrolle zu intensivieren. Jedoch wird immer wieder festgestellt, dass Europa sein Entwicklungshilfebudget vor allem für den Umgang mit Migranten einsetzt, statt für die Bekämpfung der Fluchtursachen und für Entwicklungsförderung der Länder im globalen Süden. Armut gehört für Millionen von Menschen immer noch zum Alltag. Tausende werden jeden Tag wegen Kriegen, der Klimakrise und Hunger aus ihrer Heimat vertrieben. Die EU-Migrationspolitik und Ausgaben verschlechtern außerdem laut der Studie teilweise die Menschenrechtslage in vielen dieser Länder. Migrationsbezogene Aktivitäten sollen unter anderem mit entwicklungspolitischen und humanitären Zielen und mit Prinzipien der Transparenz in Einklang gebracht werden. Dabei sollten die verantwortlichen Instanzen der EU zur Rechenschaft gezogen werden.
Fußnoten und Quellen:
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