![(Symbolbild) Auf Lampedusa sind allein in der letzten Woche 8000 Flüchtlinge angekommen. | Bild: "Migranten aus Tunesien auf der Insel Lampedusa" © Alessio Tricani | Dreamstime.com [Royalty Free] - Dreamstime (Symbolbild) Auf Lampedusa sind allein in der letzten Woche 8000 Flüchtlinge angekommen. | Bild: "Migranten aus Tunesien auf der Insel Lampedusa" © Alessio Tricani | Dreamstime.com [Royalty Free] - Dreamstime](https://www.fluchtgrund.de/files/2023/09/dreamstime_m_255728113-713x475.jpg)
(Symbolbild) Auf Lampedusa sind allein in der letzten Woche 8000 Flüchtlinge angekommen. | Bild: "Migranten aus Tunesien auf der Insel Lampedusa" © Alessio Tricani | Dreamstime.com [Royalty Free] - Dreamstime
Lampedusa steht vor dem Kollaps nach der letzten Migranten-Welle
Die italienische Mittelmeerinsel Lampedusa hat letzte Woche den Notstand ausgerufen. Dort sind in den letzten Tagen Tausende Flüchtlinge angekommen. Auf der Insel beobachtet man seit Tagen schockierende Szenen. Flüchtlinge landen ohne Pause an und alle wollen ins Aufnahmelager. Allein am Donnerstag sind 5000 Menschen – unter ihnen viele Frauen und Kinder. Während der ganzen Woche waren es insgesamt 8000 Menschen aus Afrika. Die Lage ist unhaltbar. Alle Einsatzkräfte, Ärzte und Helfer sind jetzt am Limit. Das Erstaufnahmelager kann bis zu 600 Menschen unterbringen. Momentan halten sich dort aber 6800 Flüchtlinge auf. Außerhalb des Zentrums wurden außerdem Feldbetten aufgestellt. Nicht nur die Situation im Aufnahme-Camp ist schockierend. Die Geschichten der Menschen sind ebenfalls erschütternd. In einem Boot wurde ein fünf Monate altes totes Baby entdeckt. Obwohl die Einwohner Lampedusas, die eigentlich viel weniger als die Flüchtlinge sind, bei dem Verteilen von Essen und Getränken mithelfen, lässt sich die Situation nicht mehr in den Griff bekommen. 1) tagesschau: Lampedusa am Limit; Artikel vom 14.09.2023
Italienische Medien berichten von Chaos und aufgeheizter Stimmung. Die Geflüchteten versuchen, den Hafen zu verlassen und Absperrungen zu durchbrechen. Ob der Notstand wirklich helfen wird, ist zu bezweifeln. Bereits im April wurden bis zu 300.000 Migranten für das Jahr 2023 in Italien erwartet. Der Notstand wegen der hohen Migrationszahlen über die Mittelmeerroute wurde auch landesweit ausgerufen. Jetzt wurde ein extra Sonderermittler für Lampedusa ernannt, um das Zentrum zu entlasten. Er soll Schiffe und Flugzeuge bereitstellen, um Flüchtlinge aufs italienische Festland zu bringen. Geld zur Verbesserung der hygienischen Bedingungen im Hotspot wurde auch bereitgestellt. Nur die Minderheit der Geflüchteten will in Italien bleiben. Von den rund 120 000 Menschen, die nach Angaben des Innenministeriums 2023 in Italien angekommen sein sollen, haben sich nur wenige per Fingerabdruck registrieren lassen. Rund 1500 überlebten die Überfahrt nicht. Die meisten wollen weiter per Bus oder Bahn nach Frankreich, Österreich oder Deutschland reisen. Die Flüchtlinge erhoffen sich bessere Zukunftschancen und Frieden. Ministerpräsidentin Giorgia Meloni bittet die Europäische Union um Hilfe, das Thema Migration gemeinsam zu lösen. Sie hat kürzlich zusammen mit dem niederländischen Ministerpräsidenten und EU-Kommissionspräsidentin ein Abkommen mit Tunesien ausgehandelt. Die strategische Partnerschaft sollte zur Einschränkung der Flucht- und Migrationsbewegungen über die Mittelmeer-Route beitragen. Dafür sollte die EU das tunesische Regime finanziell unterstützen. Das Abkommen ist momentan rechtlich nicht wirksam und in Tunesien hat sich nichts geändert. Täglich versuchen Hunderte Migranten, von Tunesien aus die europäischen Küsten zu erreichen. Es wird immer häufiger darüber gesprochen, dass die Migrationsströme von der Insel weggelenkt werden müssten. Auch wenn das Abkommen mit Tunesien in der Zukunft besser funktioniert, bleibt Migration ein großes Problem, das eine strukturelle Lösung bedarf. 2) dw: Lampedusa am Limit: Wohin gehen die Migranten?; Artikel vom 14.09.2023 3) zdf: Welche Folgen hat der Notstand auf Lampedusa?; Artikel vom 14.09.2023 4) welt: „Tragisch, dramatisch, apokalyptisch“ – Lampedusa vor dem Kollaps; Artikel vom 15.09.2023 5) zeit: Italien:Lampedusa ruft Notstand wegen ankommender Migranten aus; Artikel vom 13.09.2023
Jedes Jahr entscheiden sich Tausende Menschen dafür, ihre Heimat Afrika zu verlassen. In Ländern wie Sudan, Niger, Senegal und Gabun befindet sich die Bevölkerung in einer tiefen Krise. Ständige Kämpfe und Putsche erlauben keine Bildung einer stabilen Regierung mit starker Entwicklungspolitik. Die Menschen sind dann die Leidtragenden. Armut, Hunger, Krieg und keinerlei Sicherheit zwingen sie dazu, sich auf den gefährlichen Weg nach Europa zu begeben. Besonders in Tunesien erfahren die Geflüchteten keine besseren Bedingungen. Die anti-migrantische Stimmung und die kontroversen Äußerungen des tunesischen Präsidenten bedeuten für schwarzafrikanische Flüchtlinge, dass sie täglich Rassismus, Diskriminierung, sogar polizeilicher Gewalt ausgesetzt sind. Die Massenarbeitslosigkeit und die katastrophale wirtschaftliche Lage sind auch für die tunesische Bevölkerung eine schwere Herausforderung. Für Menschen, die länger ohne Arbeits- und Aufenthaltserlaubnis bleiben, gibt es Geldstrafen und sie müssen dann die Schulden begleichen, bevor sie das Land wieder verlassen dürfen. 6) tagesschau: Staatlich legitimierte Gewalt gegen Migranten; Artikel vom 18.07.2023 7) aljazeera: Black Tunisians lie low as violence against Black people worsens; Artikel vom 14.07.2023 8) DIIS: EU policies and debt keep migrant women trapped in Tunisia; Artikel vom 16.05.2022
Die Partnerschaft mit Tunesien sollte dafür sorgen, dass die Migrationsströme verringert werden. Jedoch ist dieser Schritt wenig beeindruckend. Die italienische Regierung kümmert sich um die Verteilung der Menschen, die immer mehr werden. Den Rechten der Flüchtlingen und ihrer Sicherheit soll jedoch Priorität gegeben werden. Effektive Maßnahmen sollten das Leben der Flüchtlinge erleichtern und anderen Staaten die aktive Unterstützung ermöglichen. Das eigentliche Problem bleibt aber weiterhin sehr präsent. Obwohl die Regierungen westlicher Länder immer häufiger ihre Kooperationsbereitschaft im Bereich Migration äußern, wurde bisher kaum etwas für die eigentlichen Ursachen des Problems getan. Das Leben der Menschen in vielen Entwicklungsländern wird seit Jahren von Krieg, Klimawandel, Hungersnot und Korruption destabilisiert. Damit sie nicht mehr Flucht als die einzige Lösung sehen, sollte der Westen die Staaten des globalen Südens unter die Ärme greifen und die eigenen Interessen in den Hintergrund stellen. So könnte man auch viele der migrationsbezogenen Herausforderungen bewältigen. Für jetzt bleibt die Bevölkerung Lampedusas stark überfordert und obwohl der Westen wegschaut, sollte man die Lage in den afrikanischen Ländern aufmerksam weiterverfolgen.
Fußnoten und Quellen:
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