![Allein in diesem Jahr wurden binnen weniger Monate mehr als eine Million Menschen innerhalb Somalias vertrieben – ein trauriger Rekord, berichtet die UNHCR. Insgesamt zähle Somalia mehr als 3,8 Millionen Vertriebene. | Bild: "Afrikanische Frauen warten verzweifelt auf Hilfe" © Hikrcn | Dreamstime.com [Royalty Free] - Dreamstime DADAAB, SOMALIA - 7. AUGUST: Frauen und Männer leben im Flüchtlingslager Dadaab. Hunderttausende Somalier warten am 7. August 2011 in Dadaab, Somalia, auf Hilfe, weil sie hungern. Allein in diesem Jahr wurden binnen weniger Monate mehr als eine Million Menschen innerhalb Somalias vertrieben – ein trauriger Rekord, berichtet die UNHCR. Insgesamt zähle Somalia mehr als 3,8 Millionen Vertriebene. | Bild: "Afrikanische Frauen warten verzweifelt auf Hilfe" © Hikrcn | Dreamstime.com [Royalty Free] - Dreamstime](https://www.fluchtgrund.de/files/2023/09/dreamstime_m_36347248-713x459.jpg)
Allein in diesem Jahr wurden binnen weniger Monate mehr als eine Million Menschen innerhalb Somalias vertrieben – ein trauriger Rekord, berichtet die UNHCR. Insgesamt zähle Somalia mehr als 3,8 Millionen Vertriebene. | Bild: "Afrikanische Frauen warten verzweifelt auf Hilfe" © Hikrcn | Dreamstime.com [Royalty Free] - Dreamstime
Die Krise in Somalia spitzt sich zu
Am vergangenen Samstag wurde in der somalischen Stadt Beledweyne ein Bombenanschlag auf einen Kontrollposten verübt. Die Polizei des ostafrikanischen Landes spricht von einem Selbstmordanschlag. Der Attentäter hat laut Angaben einen mit Sprengstoff beladenen Lastwagen auf den Kontrollposten gesteuert. Bei der Explosion stürzten einige Gebäude ein. Mindestens 21 Menschen sind gestorben, 50 weitere wurden schwer verletzt. Rettungskräfte suchten unter den Trümmern nach Überlebenden. Zu dem Anschlag hat sich bisher niemand bekannt. Der angegriffene Ort befindet sich in der Region Hiran, wo eine Offensive gegen die al-Shabaab-Miliz begonnen hat. Al-Shabaab gilt als regionaler Ableger der Terrororganisation Al-Qaida und strebt die Errichtung eines islamischen Staats in Somalia an. Bürgerkriege und islamistische Aufstände erschüttern das Land immer wieder. Terroranschläge mit hunderten Todesopfern sind auch in der Hauptstadt Mogadischu keine Seltenheit. Obwohl die somalische Regierung eine von der Atmis-Mission der Afrikanischen Union (AU) und von US-Luftangriffen unterstützte Militäroffensive gestartet hat und einige Gebiete im Zentrum des Landes zurückgewonnen hat, ist die Terrormiliz in ländlichen Gebieten immer noch einflussreich. Durch die Verhinderung von Hilfeleistungen im Jahr 2011 hat die Terrormiliz eine Hungersnot ausgelöst, die zu mehreren hunderttausend Toten führte. 1) tagesschau: Tote und Verletzte nach Selbstmordanschlag; Artikel vom 24.09.2023 2) nachrichtenleicht: Anschlag in Somalia; Artikel vom 03.01.2020
Im Laufe seiner Geschichte hat das Land für seine Angelegenheiten Unterstützung sowohl von dem Westen, als auch von der Sowjetunion bekommen. Der von 1969 bis 1991 autoritär regierende General Siad Barre hat Somalia wie eine sozialistische Diktatur geführt. Während des Kalten Kriegs unterstützte die Sowjetunion Äthiopien gegen die somalische Militäroffensive. Der General wollte die unter nicht-somalischer Jurisdiktion lebenden Somali ,,befreien‘‘ und einen großen somalischen Staat etablieren, weshalb er Äthiopien angriff. Dann haben sich die USA auf die Seite Somalias gestellt und haben der Regierung in Mogadischu Summen in Höhe von Millionen US-Dollar bereitgestellt. Es folgte einer der größten Stellvertreterkriege des Kalten Kriegs. Die Bundesregierung Deutschlands bedankte sich auch mit Waffenlieferungen und Geld beim somalischen General für die Befreiung einer deutschen Maschine aus der Hand von Terroristen. Als später das Regime von Siad Barre strenger geworden ist, haben sich Oppositionelle zusammengetan. Der Diktator wurde gestürzt. Obwohl sein Regime repressiv war, hatten die einzelnen Clans keine bessere Alternative anzubieten. Sie begannen gegeneinander zu kämpfen. Der Bürgerkrieg machte das Land zu einem Trümmerfeld. All das hatte schreckliche Auswirkungen auf die Bevölkerung und die Wirtschaft. Dürre und Staatszerfall kosteten zahlreiche Menschen das Leben. 6,7 Millionen Somalier können heute kaum ihren Nahrungsmittelbedarf decken. Der jetzige Präsident Hassan Sheikh Mohamud bemüht sich seit seiner Wahl im Jahr 2022 um eine Stabilisierung Somalias und aktiven Kampf gegen die Terrormilizen, vor allem al-Shabaab, die sich mittlerweile auch ausgebreitet hat. Leider ist die Regierung zu schwach, um die immer noch fest verankerte Organisation zu beseitigen. 3) Deutschlandfunk: Somalia vor 25 Jahren – Der Sturz von Diktator Siad Barre; Artikel vom 27.01.2016 4) bpb: Somalia; Artikel vom 30.11.2020
Nicht nur extreme islamistische Gruppierungen schaffen Fluchtursachen für die Zivilbevölkerung Somalias. Wie viele andere Länder Afrikas ist auch Somalia Opfer des Klimawandels. Und auch wie die anderen Länder trägt es nicht die Schuld für die Klimakrise. Die CO2- und Treibhausgas-Emissionen, die größtenteils von den Industrienationen ausgestoßen werden, verursachen in Somalia anhaltende Dürreperioden. Da die Bevölkerung auf die Landwirtschaft angewiesen ist, kommt mit den Wetterveränderungen große Hungersnot einher. Allein in diesem Jahr wurden binnen weniger Monate mehr als eine Million Menschen innerhalb Somalias vertrieben – ein trauriger Rekord, berichtet die UNHCR. Insgesamt zähle Somalia mehr als 3,8 Millionen Vertriebene. 5) Newrepublic: Who’s Most Responsible for Climate Change?; Artikel vom 08.12.2015 6) tagesschau: Mehr als eine Million Vertriebene in Somalia; Artikel vom 24.05.2023 7) UNO: Jahrzehntelanger Krieg und Gewalt; Artikel vom 10.08.2023
Da auf dem Kontinent strenge Umweltvorschriften und Arbeitsschutzstandards fehlen, können europäische Firmen von der ungeregelten Müllentsorgung im Land stark profitieren. Illegale Müllentsorger, Verkauf von Lizenzen zur Müllverklappung gegen Bargeld oder Waffen und Sondermülldeponien, wo radioaktiver Restmüll ohne Sicherheitsmaßnahmen eingelagert wird, sorgen für große Probleme. Weiterhin ist es für europäische Firmen wesentlich günstiger, ihren Müll in Somalia entsorgen zu lassen, statt in Europa. Da die Lage im Land chaotisch und unberechenbar ist, werden auch keine adäquaten Kontrollen organisiert. Der entsorgte Abfall besteht aus Schwermetallen, radioaktiven Substanzen und Industrie- und Krankenhausabfällen. Dies hat dramatische Konsequenzen für die Bevölkerung. Atemwegserkrankungen, Mundblutungen und Hautreizungen sind nur ein Teil der schrecklichen Folgen. Als Folge der Verschmutzung des Grundwassers verlieren auch die Menschen, die vom Fischfang leben, ihre Lebensgrundlage. Die Küste des Landes ist sehr lang. Wegen der Kämpfe fehlt die staatliche Kontrolle, was sowohl illegalen als auch legalen Megatrawlern erlaubt, die Fischbestände Somalias massiv auszubeuten. So können sich die lokalen Fischer nicht mehr ernähren. Lokale Warlords unterstützen die lokale Bevölkerung im Kampf gegen die Raubfischerei mit Waffen und Geld. Diese moderne Piraterie führte dazu, dass die ehemaligen Fischer Handelsschiffe und illegale Trawler kaperten, um Lizenz-Zahlungen zu erhalten. Um mit diesem Problem umzugehen, strebten die Vereinten Nationen die Eindämmung der Piraterie an. Die eigentliche Ursache des Konflikts, nämlich die Raubfischerei, wurde hingegen nicht behandelt. 8) bbc news: Waves ‚brought waste to Somalia‘; Artikel vom 02.03.2005 9) SOMWE: SOMALIA’S DEGRADING ENVIRONMENT; Essay vom 12.06.2001 10) Die Presse: Illegale Fischerei profitiert von EU-Einsatz am Horn von Afrika; Artikel vom 20.11.2008 11) Zeit: Wer ist hier der Pirat?; Artikel vom 27.11.2008
Das ostafrikanische Land Somalia kommt nicht zur Ruhe und gilt seit Jahren als ,,failed state‘‘. Die Bevölkerung erlebt eine katastrophale humanitäre Krise. Terrororganisationen, Warlords und machthungrige Clans kämpfen seit Jahren um Vorherrschaft. Der Konflikt wird zusätzlich durch ausländische Einflüsse angeheizt. Terroranschläge gefährden die Sicherheit unschuldiger Menschen jeden Tag. Wirtschaftlich und politisch steht Somalia vor großen Herausforderungen. Die Armut, Hunger und die Folgen des Klimawandels machen das Leben der Menschen noch schwieriger. Viele überleben sie nicht. Andere werden aus ihrer Heimat vertrieben und begeben sich auf den gefährlichen Weg nach Europa in der Hoffnung, dass sie dort bessere Lebensbedingungen finden können. Bis die führenden Industrienationen Verantwortung für den Klimawandel übernehmen und angemessene Maßnahmen gegen die schrecklichen Fluchtursachen auf dem Kontinent treffen, bleiben Tausende Menschen ohne stabile Lebensgrundlage auf humanitäre Hilfe angewiesen. 12) World Population Review: Failed States 2023; Stand September 2023
Fußnoten und Quellen:
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