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Indien ist der zweitgrößte Kohleverbraucher weltweit | Bild: "Brown coal open mining" © Pixel1962 | Dreamstime.com [Royalty Free] - Dreamstime
Indiens ambitionierte Klimapolitik droht zu scheitern – Große Hindernisse erschweren den Weg zur Klimaneutralität
Durch den Klimawandel gibt es jährlich immer mehr Klimaflüchtlinge. Indien gehört zu den Ländern mit dem größten Ausmaß an klimabedingter Migration. Besonders durch Hitzewellen werden die Menschen aus den ländlichen Regionen vertrieben. Es wird prognostiziert, dass viele Millionen Einwohner Südasiens bis 2050 gezwungen sein werden, klimabedingt ihre Heimat zu verlassen. 1)dw: India: Migration from climate change getting worse; Artikel vom 19. april 2023
Beschleunigt wird dieses Szenario durch hohe Treibhausgas-Emissionen der Länder. Indien ist momentan das bevölkerungsreichste Land der Welt und hat dementsprechend auch hohe Ausstöße. Es stieß im Jahr 2021 7 Prozent der globalen Emissionen aus und ist damit der drittgrößte Emittent nach China und den USA. Das sind ungefähr 2649 Megatonnen. Jedoch ergeben sich auch nur 2,4 Tonnen pro Kopf in Indien, was deutlich unter dem weltweiten Durchschnitt von 6,3 Tonnen pro Kopf liegt. Aber ein möglicherweise rasanter Anstieg dieser wie in China wird befürchtet, sobald die Wirtschaft und Industrie entsprechend der Einwohnerzahl wächst. Verantwortlich für die Emissionen ist unter anderem die hohe Abhängigkeit von der Kohle zur Elektrizitätsgewinnung. Der Anteil der Kohlekraft beträgt rund 70 Prozent des gesamten Energiemix. Damit ist Indien der zweitgrößte Kohleverbraucher weltweit. 2)edgar.jrc.ec.europe: CO2 emissions of all world countries; stand 2022 3)business-standard: India’s per capita GHG emissions far below world average: UNEP report; Artikel vom 27. Oktober 2022 4)science.orf: Indiens zentrale Rolle bei Klimazielen; Artikel vom 15. April 2023 5)sciencemediacenter: Indiens Energiewende bei wachsender Bevölkerung und Wirtschaft; Artikel vom 6. April 2023
Um dem entgegenzuwirken, versucht die indische Regierung auf erneuerbare Energien umzubauen und hat sich 2021 das Ziel gesetzt, bis 2070 klimaneutral zu werden. Das erste Zwischenziel ist aber bis 2030 die Co2-Emissionen pro Rupie Wirtschaftsleistung um 45 Prozent zu reduzieren. So hat die indische Regierung beispielsweise die energy conservation bill erlassen. Diese verpflichtet unter anderem dazu, dass ein bestimmter Anteil verwendeter Energie durch erneuerbare Energie erzeugt worden sein muss. 6)klimareporter: südtral bis 2070 – ist Indien ambitioniert?; Artikel vom 2. November 2021 7)mondaq: Energy Conservation (Amendement) Bill, 2022 passed by The Parliament of India; Artikel vom 21. Dezember 2022
Jedoch ist die Verwirklichung dieser Ziele in die Ferne gerückt. Die Leistung aus erneuerbaren Energieanlagen müsste sich bis 2030 vervierfachen, um das Klimaziel zu erreichen. Dem steht aber die Kohleindustrie entgegen. So wurden erst vor wenigen Jahren weitere Kohlekraftwerke eröffnet und damit verbunden auch Jahrzehnte andauernde Verträge. Eine weitere Problematik wurde in einer Studie vom Indian Institute of Tropical Meteorology festgestellt. Diese prognostiziert einen negativen Trend für die Energiegewinnung, da es durch den Klimawandel eine verringerte Sonneneinstrahlung (stärkere Bewölkung) und weniger starke Energie erzeugende Winde in Indien geben wird. Als Maßnahme plädieren die Forscher für einen effizienteren und erweiterten Ausbau von Solar und Windkraftanlagen. 8)science.orf: Indiens zentrale Rolle bei Klimazielen; Artikel vom 15. April 2023 9)economictimes.indiatimes: climate change likely to hamper India’s solar & wind energy potential; Artikel vom 19. August 2022 10)currentscience: Analysis of future wind and solar potential over india using climate models; stand 2022
Zudem ist die soziale Ungleichheit in Indien ziemlich groß, wobei das oberste Prozent knapp über 40 Prozent des gesamten Reichtums besitzt und die untere Hälfte nur 3 Prozent. Forscher des Berliner Klimaforschungsinstitut MCC (Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change) haben die möglichen sozialen Folgen bei einer stärkeren Klimapolitik untersucht. Dabei gingen die Forscher von einem gewaltigen Maßnahmenpaket aus, dass einen kompletten Kohleausstieg, den massiven Ausbau der Stromerzeugung aus Sonne und Wind, außerdem einen nationalen CO2-Preis von 40 Dollar je Tonne für private Haushalte und Unternehmen sowie die Abschaffung von Energiesubventionen beinhaltet. Als Ergebnis der Studie kamen die Forscher zu dem Schluss, dass die ärmeren Regionen Indiens als Verlierer und die wohlhabenderen als Gewinner dastehen würden, sollte es nicht eine begleitende Sozial- und Industriepolitik geben, die die kurzfristigen Folgen abfängt. Besonders in stark Kohlebergbau betreibenden Regionen kann es durch wegfallende Arbeitsplätze zu Belastungen für die Bevölkerung kommen. Um einen regionalen Widerstand zu überwinden, sind wirksame Maßnahmen notwendig. So schlagen die Forscher zum Beispiel Kompensationszahlungen für ehemalige Kohlearbeiter vor. Auch eine Just Energy Transition Partnership (Kohleausstieg im Gegenzug für Finanzhilfe), wie sie in anderen Ländern schon existiert, könnte sich an dieser Studie orientieren. 11)bbc: Richest 1% own 40.5% of India’s wealth, says new Oxfam report; Artikel vom 16. Januar 2023 12)epo: Forschungsteam rechnet Klimawende durch; Artikel vom 1. Juni 2023
Eine mit sozialen Maßnahmen begleitete Klimapolitik könnte den Menschen vor Ort langfristig helfen. So ist es möglich, zeitgleich gegen Armuts- als auch Klimafluchtgründe vorzugehen.
Fußnoten und Quellen:
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