![Partnerschaften zwischen der Afrikanischen Union un der EU sind meistens durch unerfüllte Versprechungen geprägt. | Bild: "Die Afrikanische Union und die EU" © Micha Klootwijk | Dreamstime.com [Royalty Free] - Dreamstime Die Afrikanische Union und die EU, Flaggen gemalt auf gebrochenem Beton Partnerschaften zwischen der Afrikanischen Union un der EU sind meistens durch unerfüllte Versprechungen geprägt. | Bild: "Die Afrikanische Union und die EU" © Micha Klootwijk | Dreamstime.com [Royalty Free] - Dreamstime](https://www.fluchtgrund.de/files/2023/05/dreamstime_m_102080528-713x376.jpg)
Partnerschaften zwischen der Afrikanischen Union un der EU sind meistens durch unerfüllte Versprechungen geprägt. | Bild: "Die Afrikanische Union und die EU" © Micha Klootwijk | Dreamstime.com [Royalty Free] - Dreamstime
Partnerschaften zwischen Afrika und Europa stehen bisher unter keinem guten Stern
Auf dem Kontinent Afrika leben etwa 1,3 Milliarden Menschen. Damit macht die afrikanische Bevölkerung ungefähr 17 Prozent der Weltbevölkerung aus. Und die Prognosen steigen. Laut dem Institut für Bevölkerung und Wachstum in Berlin wird Afrika 2050 etwa 2,5 Milliarden Bewohner haben. Menschen, deren Stimmen dringend auf der Weltbühne gehört werden müssen. Bisher sind afrikanische Staaten nur spärlich in internationalen Gemeinschaften vertreten. Nun wurden jedoch erste Überlegungen angeregt, die Afrikanische Union (AU) in die G20 aufzunehmen, bisher ist nur Südafrika dort vertreten. Die AU ist der Zusammenschluss aller 55 Länder Afrikas nach dem Vorbild der EU. 1)the africa report: “Practical Path” – Why the G20 needs Africa as a member; Artikel vom 29.07.22 2)ZDF: Kanzler in Äthiopien und Kenia – Was Scholz‘ Afrika-Reise bedeutet; Artikel vom 04.05.23 3)Tagesschau: Scholz in Äthiopien – Afrikanische Union soll Teil der G20 werden; Artikel vom 04.05.23 4)Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung: Bevölkerungsentwicklung in Afrika; Stand Mai 2023
Eigeninteressen der EU stehen bei der Partnerschaft im Vordergrund
Im Zuge seiner Afrika-Reise Anfang Mai befürwortete Bundeskanzler Scholz die Forderung der AU einer Erweiterung der G20 zu G21. Genau das wäre benötigt, um eine „Partnerschaft auf Augenhöhe“ zu erreichen, postulierte der Kanzler. Bisher zeichnet sich die Beziehung zwischen Afrika und der EU durch ein klar erkennbares Machtgefälle aus, bei dem die afrikanischen Länder den Kürzeren ziehen. Immer wieder wird den westlichen Industriestaaten vorgeworfen, dass sie gerne und bereitwillig Partnerschaften aufbauen und Hilfen senden, wenn sie dabei ihre Eigeninteressen unterstützt sehen. Wichtigste Themen Europas sind hierbei die Flüchtlingsthematik, die Einschränkung der Investitionen Chinas, aber auch die Zusammenarbeit bei der Energiewende. Springt jedoch kein Mehrwert heraus, sieht die AU sich immer wieder durch Europa im Stich gelassen und das Vertrauen der afrikanischen Bevölkerung sinkt. Ein Beispiel hierfür ist die Corona-Pandemie. Im Wettkampf um die Impfstoffe setzten sich die reichen Nationen durch, Afrika wurde abgehängt. Die EU beteiligte sich zwar an globalen Impfstoff-Spenden, und habe nach eigenen Angaben etwa 380 Millionen Impfdosen gespendet, allerdings sind von diesen bis heute nur etwa die Hälfte angekommen. Zudem handelt es sich bei den Zuwendungen meist um unbeliebte Impfstoffe, und die Dosen stehen kurz vor dem Ablauf des Haltbarkeitsdatums. Das Resultat ist: Anfang 2022 eine Impfquote von etwa 12 Prozent in ganz Afrika und das Gefühl der Bevölkerung, nur die ungewollten Reste zugeschoben zu bekommen. Moussa Faki Mahamat, Mitglied der AU bringt diese Enttäuschung zum Ausdruck:
„ (…) Covax und ich weiß nicht was sonst alles, wurde uns als die große Rettung vorgesetzt – aber feststellen müssen wir: Es hätten Ende des Jahres 2021 mindestens 40 oder 50 Prozent der afrikanischen Bevölkerung geimpft sein müssen. Große Versprechen – nicht gehalten.“ 5)UNICEF: Corona in Afrika: Die Pandemie, die Folgen für Kinder und wie UNICEF hilft; Artikel vom 17.03.22 6)Deutschlandfunk: EU-Afrika Gipfel – noch keine Kooperation auf Augenhöhe; Artikel vom 16.02.22 7)ONE: Scholz in Afrika: ONE fordert Taten statt Worte beim Thema „Partnerschaft mit Afrika“; Artikel vom 04.05.23 8)Tagesschau: Afrikanische und europäische Union – Partnerschaft auf Augenhöhe?; Artikel vom 26.02.20
Freihandelsabkommen zerstören Existenzen
Die EU und Afrika sind wichtige Handelspartner. Lange Zeit gingen die meisten Warenexporte Afrikas in die EU und der Großteil der Warenimporte stammt aus der EU. In den letzten drei Jahren sank der europäische Anteil an afrikanischen Exporten von etwa 50 Prozent auf ungefähr 35 Prozent. Und Asien hat Europa schon 2013 bei den Importen Afrikas überholt. Geregelt wird die afrikanisch-europäische Wirtschaftspartnerschaft durch die „Economic Partnership Agreement(s)“ (EPA), die die EU mit jedem afrikanischen Staat einzeln aushandelt und eine echte Partnerschaft verspricht. Das Grundprinzip ist immer gleich: Den Staaten soll ein zollfreier Export in die EU ermöglicht werden. Allerdings müssen sie im Gegenzug nahezu zollfreie Importe aus der EU ermöglichen. Die Unterzeichnung geschieht freiwillig, allerdings setzt die EU Staaten, die sich weigern unter Druck. So war es auch in Kenia. Da sich das Land zunächst sträubte, erhob die EU postwendend Zölle von bis zu 30 Prozent auf kenianische Exportgüter, wie beispielsweise Blumen oder grüne Bohnen. Diese, in Kenia häufig als „Erpressung“ betitelte, Vorgehensweise war erfolgreich. Kenia unterzeichnete das Freihandelsabkommen. Eine Entscheidung, die sie laut eines kenianischen Wirtschaftsinstituts jährlich etwa 100 Millionen Euro kostet. Besonders trifft das Abkommen Kleinbauern, wie Goedfrey Ng’anga. Er hat eine kleine Hühnerfarm am Rande Nairobis mit etwa 1500 Tieren. Durch das EPA sieht er sich in seiner Existenz bedroht, da Importwaren, wie Eier, Milch- oder Fleischprodukte aus Europa wesentlich billiger auf dem kenianischen Markt verkauft werden als die regionalen Produkte lokaler Bauern. Möglich machen dies die fehlenden Zölle und die billigeren Produktionskosten in Europa. Auch Oliver Kumi aus einer Kleinstadt in Ghana spürt die Folgen. Europäische Waren überfluten den Geflügelsektor Ghanas, der einst ein profitables Geschäft war. Heute werden etwa 90 Prozent des Bedarfs durch Billigimporte aus dem Ausland gedeckt. Folge ist der Arbeitsverlust zehntausender Ghanaer und häufig deren Flucht in andere Länder auf der Suche nach Arbeit. Auch Oliver verliert seinen Job und entschließt sich 2015 zusammen mit zwei Freunden, die gefährliche Reise nach Europa anzutreten. So weit hat er es jedoch nie geschafft. Nachdem einer seiner Freunde in Libyen nach einem Streit durch einen Libyer, bei dem sie Arbeit gefunden hatten, erstochen wird, machte er sich wieder auf den Rückweg. Nun lebt er in einer Wellblechhütte und arbeitet zu ausbeuterischen Bedingungen auf einer der übrig gebliebenen Hühnerfarmen. Die Freihandelsabkommen sind für die EU wesentlich vorteilhafter als für die Afrikanischen Staaten. 9)Welt: Wie billige Importhühner aus der EU Ghanaer zur Flucht treiben; Artikel vom 31.08.20 10)Deutschlandfunk: EU – „Erpressung“ beim Handelsabkommen mit Ostafrika; Artikel vom 08.06.15 11)Deutschlandfunk: EU-Afrika Gipfel – noch keine Kooperation auf Augenhöhe; Artikel vom 16.02.22 12)Institut für Weltwirtschaft Kiel: Afrikas Freihandelspläne eröffnen neue Chancen; Artikel vom 17.10.22
China gewinnt Sympathien durch hohe Investitionen
Die aufgezählten Versäumnisse und Fehler der EU ermöglichen es anderen Akteuren, wie beispielsweise China oder Russland, durch ihre Investitionen und Bemühungen Sympathien beim der afrikanischen Bevölkerung zu gewinnen und die EU weiter aus ihrer Position als wichtigster Handelspartner zu drängen. Zudem knüpfen China und Russland ihre Investitionen und Bemühungen nicht an bestimmte Erwartungen, wie beispielsweise Reformen in den Feldern Rechtsstaatlichkeit, Demokratie oder Menschenrechte. Europa hatte bisher immer den paternalistischen Anspruch, diese europäischen Werte in Afrika zu verbreiten. Dabei wurden diese jedoch meist aufgezwungen und nie versucht, sie mit den in den afrikanischen Kulturen vorherrschenden Idealen zu verknüpfen und Gemeinsamkeiten zu finden. Einzelne EU-Staaten wie Frankreich ändern nun langsam ihre Einstellungen und sprechen von „Zeitenwende“ und „tiefer Demut“ gegenüber den Afrikanern. Dass diese Kursänderung etwas mit dem wachsenden Einfluss Chinas und Russlands auf dem Kontinent sowie dem wachsenden Bedarf an Alternativen zu russischen Energielieferungen zusammenhängt ist nicht schwer zu erraten. Der Außenbeauftragte der EU gibt offen zu:
„Die EU und ihre Mitgliedstaaten haben geopolitische Interessen in Afrika. Unser Wachstum, unsere Sicherheit – all das hängt davon ab, was in Afrika passiert, vielleicht mehr noch als in anderen Teilen der Welt.“ 13)Deutschlandfunk: EU-Afrika Gipfel – noch keine Kooperation auf Augenhöhe; Artikel vom 16.02.22 14)Der Standard: Afrika – Zeitenwende in den Beziehungen zwischen Frankreich und Afrika; Artikel vom 28.02.23 15)Tagesschau: Deutschland und Afrika – Gleichberechtigte Partnerschaft gesucht; Artikel vom 08.12.22 16)Project Syndicate – The World´s Opinions Page: Kann der Westen Afrika für sich gewinnen?; Artikel vom 14.02.23
Dieses Zugeständnis macht es der AU nun vielleicht möglich bei ihrer Aufnahme in das globale Weltgeschehen eine stärkere Verhandlungsposition einzunehmen. Die Karten seitens der EU liegen damit offen auf dem Tisch. Wir sind zu einem nicht unbedeutendem Teil abhängig von einer Partnerschaft und dadurch hoffentlich bereit, auf die Forderungen der AU einzugehen.
Fußnoten und Quellen:
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