![Immer häufiger werden Journalisten und Aktivisten für kritische Meinungsäußerung verklagt. | Bild: "Symbolbild" © Vladimirz747 | Dreamstime.com [Royalty Free] - Dreamstime Immer häufiger werden Journalisten und Aktivisten für kritische Meinungsäußerung verklagt. | Bild: "Symbolbild" © Vladimirz747 | Dreamstime.com [Royalty Free] - Dreamstime](https://www.fluchtgrund.de/files/2023/05/dreamstime_m_66276526-713x472.jpg)
Immer häufiger werden Journalisten und Aktivisten für kritische Meinungsäußerung verklagt. | Bild: "Symbolbild" © Vladimirz747 | Dreamstime.com [Royalty Free] - Dreamstime
Greenpeace gewinnt $100 Millionen SLAPP-Gerichtsprozess
Greenpeace USA und Greenpeace International haben Ende April einen sieben Jahre dauernden 100 Millionen Dollar Gerichtsprozess gewonnen. Ankläger war ein großer kanadischer Holzkonzern. Dieser warf Greenpeace Diffamierung vor, da die NGO im Zuge ihrer Schutzkampagne für boreale Nadelwälder auf Missstände in der Produktion des Großkonzerns aufmerksam machte. Greenpeace wies auf ein Versäumnis des Unternehmens hin, die Gesundheit der Wälder durch nachhaltiges Abholzen zu schützen. Zudem soll die Firma wiederkehrend in Naturschutzgebieten und territorialen Gebieten der Indigenen Bevölkerung Kanadas ohne Genehmigung Bäume gefällt worden sein. 1)Democracy Now!: Greenpeace USA Wins Free Speech Battle Against Canadian Logging Giant’s $100M SLAPP Lawsuit; Artikel vom 04.05.23 2)Greenpeace: Resolute Forest Products, a giant logging company, wants to sue Greenpeace out of existence; Stand Mai 2023
Das Unternehmen richtet dadurch erhebliche Schäden an. Die borealen Wälder des globalen Nordens machen etwa ein Drittel der weltweiten Waldflächen aus. Damit sind sie ein wichtiger CO2 Speicher. Werden nun aber große Flächen kahlgeschlagen oder Bäume illegal gefällt, zerstört das diesen Speicher immer mehr. Neben den Bäumen selbst speichert aber auch der Permafrostboden große Mengen an CO2 und Methan. Durch Kahlschlag ist dieser aber nicht mehr vor Sonneneinstrahlung geschützt, der Boden taut und die klimaschädlichen Gase entweichen. Diese verstärken die Effekte des Klimawandels zusätzlich. Effekte, die weltweit zu Zerstörung führen durch beispielsweise Anstieg des Meeresspiegels, lange Dürreperioden oder Starkregen und Millionen Menschen zu Klimaflüchtlingen machen. Aber auch in Kanada selbst führt das Vorgehen des Unternehmens zu flüchtenden Menschen. Die indigene Bevölkerung Kanadas lebt im Einklang mit ihrer Umgebung, den borealen Wäldern, und das schon immer. Durch die Rodung dieser Wälder werden sie jedoch vertrieben und verlieren die Grundlage ihrer Existenz und einen Bestandteil ihrer Kultur. 3)EWS Schoenau: Energiewende Magazin – Nordwälder auf der Kippe; Artikel vom 11.11.20 4)WWF: Beschleuniger des Klimawandels – Wie Brände in den Borealen Nadelwäldern Russlands den Klimawandel beschleunigen können; Artikel vom 03.05.21 5)Myclimate shape your future: Was die Folgen des Klimawandels und der globalen Erwärmung?; Artikel vom 19.04.23 6)Frankfurter Rundschau: Indigene Völker pochen auf eine Führungsrolle; Artikel vom 18.12.22
Durch seine Klage versucht der kanadische Holzkonzern nun Greenpeace daran zu hindern, weiterhin über die Folgen der Praktiken des Konzerns aufzuklären. Diese Klage ist dabei kein Einzelfall. In den letzten Jahren stieg die Zahl der Klagen gegen Personen oder Organisationen, die kritische Meinungen in der Öffentlichkeit verbreiten. Diese Art der Prozessführung nennt man SLAPPs. Waren es 2010 noch etwa 4 derartiger Klagen pro Jahr in Europa, stieg die Zahl 2020 auf 114. SLAPP steht für „Strategic Lawsuits Against Public Participation“ oder auf Deutsch strategische Klagen gegen öffentliche Beteiligung. Ziel ist es, den Angeklagten einzuschüchtern und damit zum Schweigen zu bringen. Eine SLAPP-Klage weist drei Merkmale auf, die sie als solche erkennen lassen: Erstens, der Ankläger ist eine privater Akteur, meist wirtschaftlich erfolgreiche Unternehmen oder einflussreiche Einzelpersonen. Zweitens, der Angeklagte agiert als Sprachrohr für kritische Meinungen in der Öffentlichkeit, meistens sind Journalisten und Aktivisten das Ziel. Und Drittens, die Absicht der Anklage ist das mundtot-Machen des Gegners, erkennbar daran, dass meist Einzelpersonen angeklagt werden, anstatt ganzer Organisationen. Zudem sind solche Verfahren durch hohe Anwaltskosten, jahrelange Prozesse und hohe Schadensersatzzahlungen meist große psychische und finanzielle Belastungen für die Angeklagten. Ein bewusstes Kalkül der finanziell starken Unternehmen, um ihre Kritiker außer Gefecht zu setzen. 7)CASE – Coalition against SLAPPs in Europe: How to identify a SLAPP; Stand Mai 2023 8)Umweltinstitut München e.V.: SLAPPs – Ein Angriff auf Demokratie und Meinungsfreiheit; Stand Mai 2023 9)Greenpeace: Greenpeace defeats $100 Million lawsuit in victory for free speech; Artikel vom 21.04.23
Ein Vorgehen, das von Vielen als Angriff auf Meinungsfreiheit, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie gesehen wird. Durch die Gerichtsprozesse soll kein Unrecht beglichen werden, sondern Menschen mundtot gemacht werden und nur vermögende Unternehmen oder Einzelpersonen können sich eine solche Klage leisten. Große Konzerne benutzen strafrechtliche Verfolgung als Instrument zur Beseitigung von Kritikern und Gerichte werden unfreiwillig zu Handlangern. Selber erwartet die Ankläger jedoch meist keine Strafe für diesen Justizmissbrauch. Und so machen sie immer weiter. Greenpeace steht schon vor dem nächsten Gerichtverfahren, der Ankläger diesmal ist ein großer nordamerikanischer Energiekonzern, unterstützt durch dieselbe Kanzlei wie der kanadische Holzkonzern. 10)Umweltinstitut München e.V.: SLAPPs – Ein Angriff auf Demokratie und Meinungsfreiheit; Stand Mai 2023 11)Democracy Now!: Greenpeace USA Wins Free Speech Battle Against Canadian Logging Giant’s $100M SLAPP Lawsuit; Artikel vom 04.05.23
Fußnoten und Quellen:
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