![Die Zerstörung des Amazonas-Regenwalds schreitet immer weiter voran. | Bild: "Abgebranntes Waldstück" © J Brarymi | Dreamstime.com [Royalty Free] - Dreamstime Abgebranntes Waldstück Die Zerstörung des Amazonas-Regenwalds schreitet immer weiter voran. | Bild: "Abgebranntes Waldstück" © J Brarymi | Dreamstime.com [Royalty Free] - Dreamstime](https://www.fluchtgrund.de/files/2023/04/dreamstime_m_248036296-713x475.jpg)
Die Zerstörung des Amazonas-Regenwalds schreitet immer weiter voran. | Bild: "Abgebranntes Waldstück" © J Brarymi | Dreamstime.com [Royalty Free] - Dreamstime
Neues EU-Gesetz zum Schutz der Regenwälder weist Schwächen auf
Um der massiven (Brand-)Rodung in Regenwäldern entgegenzuwirken, hat das EU-Parlament am 19. April 2023 einen neuen Gesetzesvorschlag zum Schutz des Regenwalds angenommen. Das neue Gesetz sieht vor, dass Unternehmen in der EU künftig vor dem Import in die EU nachweisen müssen, dass für ihre Produkte nach dem 31. Dezember 2020 keine Wälder gerodet oder geschädigt wurden. Damit werden Importe bestimmter Rohstoffe aus gewissen Ländern nicht per se verboten, aber Unternehmen müssen vor dem Import eine Sorgfaltserklärung einreichen. Das Gesetz bezieht sich auf Rinder, Kakao, Kaffee, Palmöl, Soja und Holz, Kautschuk, Holzkohle, Papier und einige Palmölderivate sowie Produkte, die diese Rohstoffe enthalten, mit ihnen gefüttert oder aus ihnen hergestellt wurden (z.B. Leder, Schokolade und Möbel). Zur Kontrolle sollen die Unternehmen den zuständigen EU-Behörden Zugang zu bestimmten Informationen verschaffen, beispielsweise zu den geografischen Koordinaten. Die EU-Behörden überprüfen schließlich mithilfe von Satellitenüberwachungsinstrumenten und DNA-Analysen, woher die Erzeugnisse stammen. Wenn Gesetzesverstöße aufgedeckt werden, drohen dem Unternehmen Geldstrafen von mindestens vier Prozent des Jahresumsatzes, den es in der EU macht. 1)Europäisches Parlament: Parlament nimmt neues Gesetz zur Bekämpfung der weltweiten Entwaldung an; Artikel vom 19. April 2023 2)Tagesschau: EU-Parlament: Strengere Auflagen zum Schutz des Regenwaldes; Artikel vom 19. April 2023
Das Gesetz könnte einen wichtigen Beitrag zur Bekämpfung der weltweiten Entwaldung leisten. Vor allem der größte Regenwald der Erde, der Amazonas Regenwald, ist von massiver Abholzung betroffen. Die EU ist bislang für zehn Prozent der weltweiten Nachfrage nach Produkten aus dem Gebiet verantwortlich. Der Amazonas-Regenwald gleicht zunehmend einem Flickenteppich: Zwischen den grünen Flächen mit den dicht belaubten Baumkronen tun sich immer mehr kahle, braune und schwarze Lücken auf. Ursprünglich entsprach der Amazonas-Regenwald einer Fläche von sieben Millionen Quadratkilometern und bedeckte damit rund 5 Prozent der gesamten Landfläche der Erde. Heute ist er auf etwa fünf Millionen Quadratkilometer geschrumpft. Diese Entwicklung ist vor allem den zahlreichen Rodungen und Brandrodungen geschuldet. So wird jede Minute ein Stück Regenwald in der Größe eines Fußballfeldes vernichtet. Die abgeholzten Flächen dienen unter anderem der Rinderhaltung, dem Sojaanbau und der Errichtung von Palmölplantagen. Die daraus hergestellten Produkte finden sich in zahlreichen Erzeugnissen wieder, die wir in Europa und der ganzen Welt konsumieren. 3)Europäisches Parlament: Parlament nimmt neues Gesetz zur Bekämpfung der weltweiten Entwaldung an; Artikel vom 19. April 2023 4)WWF: Der Amazonas vor dem Kollaps; Artikel vom 24. November 2022 5)WWF: Der Amzonas-Regenwald: Der größte Regenwalt der Erde; Artikel vom 5. Dezembr 2022 6)OroVerde: Warum wird der Regenwald abgeholzt?; Stand April 2023
Die Besonderheit des Amazonas-Regenwaldes liegt nicht nur in seiner enormen Größe, sondern auch in seiner Fähigkeit, große Mengen an Kohlendioxid zu binden und entsprechend viel Sauerstoff zu produzieren. Er speichert so viel Kohlendioxid wie kein anderes Ökosystem und wird daher „die grüne Lunge unserer Erde“ genannt. Mit Hinblick auf das Weltklima nimmt der Amazonas-Regenwald eine Schlüsselrolle ein: Er gilt als sogenanntes “Kippelement”, welches das Klima auf der Welt aus dem Gleichgewicht bringen könnte. Wird die Zerstörung des Amazonas-Regenwalds wie bis dato fortgeführt, ist bald der Punkt erreicht, an dem der Zerstörungsprozess des Waldes zum Selbstläufer und irreversibel wird. Dieser Punkt ist erreicht, wenn so viele Bäume abgeholzt sind, dass es nicht mehr genug regnet. Regenwälder sind nämlich in der Lage, die Hälfte ihres nötigen Regens selbst zu erzeugen. Wenn es aufgrund von Waldrodungen weniger Bäume und damit weniger Niederschläge gibt, können die verbleibenden Bäume nicht mehr ausreichend mit Wasser versorgt werden. Der Wald stirbt ab und wird vermutlich zur Savanne oder sogar zur Wüste. Infolgedessen können auch große Mengen an Kohlendioxid nicht mehr gebunden werden. Für das Weltklima hat dies fatale Konsequenzen, denn pro Jahr bindet der Amazonas-Regenwald etwa 380 Millionen Tonnen Kohlenstoffdioxid. Dies entspricht etwa fünf Prozent der weltweiten Emissionen. Eine beachtliche Menge an Kohlendioxid ist noch in den Bäumen und dem Boden Amazoniens gespeichert, etwa zehn Jahre globale menschliche Treibhausgasemissionen. Mit der fortschreitenden Zerstörung des Regenwaldes würde nicht nur die Bindung von Kohlendioxid scheitern, sondern es würden auch große Mengen an bereits gebundenem Kohlendioxid freigesetzt. Letztendlich bedeutet die Zerstörung des Amazonas-Regenwalds also eine vielfache Beschleunigung des Klimawandels. 7)WWF: Der Amzonas-Regenwald: Der größte Regenwalt der Erde; Artikel vom 5. Dezembr 2022 8)Süddeutsche Zeitung: Amazonas-Regenwald verliert an Widerstandsfähigkeit; Artikel vom 8. März 2022 9)Greenpeace: Der Amazonas-Regenwald – Fliegende Flüsse, schwitzende Bäum und Antibiotika; Artikel vom 22. Februar 2023 10)National Geographic: Genug gerodet: So schützt das geplante EU-Gesetz die Wälder; Artikel vom 1. April 2023
Für die rund drei Millionen indigenen Bewohnerinnen und Bewohner Amazoniens bedeutet die Zerstörung des Regenwalds nichts Geringeres als den Verlust ihrer Heimat und Lebensgrundlage. Von den ursprünglich zahlreichen Völkern des Amazonas-Regenwalds sind heute nur noch eine Handvoll Angehöriger übrig, die auch heute noch von Goldgräbern oder Holzfällern aus ihren Gebieten vertrieben werden. Die indigenen Bewohnerinnen und Bewohner des Regenwalds befinden sich ständig auf der Flucht. Es ist zu erwarten, dass in Zukunft mehr indigene Menschen aus dem Amazonasgebiet fliehen müssen. Aber nicht nur die Menschen in Amazonien sind von der Zerstörung des Regenwalds betroffen. Da der Amazonas-Regenwald so zentral für das Gleichgewicht des Weltklimas ist, werden die Auswirkungen seiner Zerstörung auf der ganzen Welt zu spüren sein. In vielen Teilen der Welt wird der beschleunigte Klimawandel zu extremen Wetter- und Klimaereignissen führen, so dass viele Betroffene in Zukunft keinen anderen Ausweg mehr sehen werden, als aus ihrer Heimat zu fliehen. 11)Misereor: Amazonien: Ein Lebensraum aus dem Gleichgewicht; Stand April 2023 12)WWF: indigenes Land: Standhaft für den Amazonas; Artikel vom 28. September 2022 13)Brot für die Welt: Mehr Rechte für Indigene; Stand April 2023 14)Planet Wissen: Unkontaktierte Völker im Regenwald – Der lautloe Genozid; Artikel vom 19. Oktober 2018 15)National Geographic: Brasilien: Immer mehr Attacken auf indigene Völker im Amazonas-Regenwald; Artikel vom 12. Juli 2021 16)Süddeutsche Zeitung: Amazonas-Regenwald verliert an Widerstandsfähigkeit; Artikel vom 8. März 2022 17)The World Bank: Climate Change Could Force 216 Million People to Migrate Within Their Own Countries by 2050; Artikel vom 13. Sepember 2021
Mit dem EU-Gesetz möchte die EU-Kommission diesen Risiken entgegenwirken. Auch wenn das Gesetz einen guten Ansatz zum Schutz der Regenwälder bietet, bezweifeln Natur- und Umweltschutzorganisationen jedoch, dass die nationalen und europäischen Behörden die Einhaltung der Vorgaben ausreichend kontrollieren können. Zudem kritisieren Organisationen, dass europäische Finanzinstitutionen von dem Gesetz außer Acht gelassen werden, obwohl diese in den vergangenen Jahren viel in Unternehmen investiert haben, die mit der Rodung des Amazonas-Regenwalds in Brasilien in Verbindung stehen. Folglich bleiben einige ungeklärte Lücken im Gesetz bestehen. Umweltorganisationen machen außerdem auf andere Ökosysteme wie Savannen und Feuchtgebiete aufmerksam, die ebenfalls von den Zerstörungen bedroht und daher schutzbedürftig sind. Entschiedungsträgerinnen und -träger auf nationaler und europäischer Ebene werden dazu aufgefordert, auch Maßnahmen zum Schutz dieser Ökosysteme zu ergreifen. 18)Tagesschau: EU-Parlament: Strengere Auflagen zum Schutz des Regenwaldes; Artikel vom 19. April 2023 19)Deutscher Naturschutzring: EU-Parlament stärkt entwaldungsfreie Lieferketten; 20. April 2023 20)Deutsche Umwelthilfe: Finanzierung der Entwaldung; Artikel vom September 2022 21)WWF: Feuchtgebiete in desolatem Zustand; Artikel vom 1. Februar 202122)WWF: Brasiliens Savanne stirbt; Artikel vom 7. Januar 2022
Fußnoten und Quellen:
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