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MERCOSUR-Abkommen könnte zu mehr Klima- und Umweltschäden führen
Wirtschaftsminister Habeck und Landwirtschaftsminister Özdemir reisten am 12. – 14. März nach Brasilien. Ziel der Reise war es, die Wirtschaftsbeziehung zwischen Deutschland und Brasilien zu verstärken und das umstrittene EU-Mercosur Handelsabkommen zum Abschluss zu bringen. Der Name Mercosur ist die abgekürzte Bezeichnung für den Mercado Común del Sur, was „Gemeinsamer Markt des Südens“ bedeutet. Zu den Gründungsmitgliedern gehören die Länder Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay. Chile, Bolivien, Peru, Kolumbien, Ecuador, Guyana und Suriname haben den Status assoziierter Staaten ohne Stimmrecht. Die Bundesregierung möchte die Verhandlungen so schnell wie möglich zu Ende bringen, da Deutschland sich damit wichtige Exportmärkte sichern will. Zentrale Inhalte des Mercosur-Abkommens sind: Für 91 Prozent aller zwischen der EU und Mercosur gehandelten Waren werden die Zölle abgeschafft. Des Weiteren werden bessere Marktzugänge für EU-Dienstleister in den Bereichen Informationstechnologie, Telekommunikation und Verkehr geschaffen. Die Europäische Union legt dabei großen Wert auf die Umwelt. Die Entwaldung des Amazonas soll beendet werden und alle Einfuhren in die Union müssen auch den strengen EU-Regeln entsprechen. 1)epo: Habeck und Özdemir reisen nach Brasilien , 10.03.2023 2)Bmwk: Assoziierungsabkommen zwischen der EU und den MERCOSUR-Staaten , März 2023 3)tagesschau: Was ist Mercosur? , 28.01.2023
Doch dient das Pochen auf Nachhaltigkeit nur als Lockvogel? Das Abkommen sieht auf den ersten Blick nicht so schlecht aus, aber es beinhaltet einige Tücken. Seit über 20 Jahren wurde über dieses Handelsabkommen verhandelt, aber zu einer Ratifizierung kam es bislang noch nicht. Woran scheitert die Durchführung? Die MERCOSUR-Staaten sollen Agrarerzeugnisse an die EU liefern, rund 100.000 Tonnen Rindfleisch sollen nach Europa exportieren werden. Für die Nahrungsmittel unserer Nutztiere, beispielsweise Soja, werden gewaltige landwirtschaftliche Flächen benötigt, da kommt es zu Interessenkonflikten zwischen Ausweitung der Nutzflächen und Umweltschutz. Der Regenwald und die heimischen Bewohner müssten für diese Ackerländer weichen, was wiederum den Klimawandel befördern würde. Auch gibt es hohe Belastungen bei Importen von Früchten, Tabak und Energiepflanzen, wie Soja und Zuckerrohr. In Lateinamerika werden oftmals Pflanzenschutzmittel verwendet, die in der EU untersagt sind, aber auch verbotene Gentechnik. Viele befürchten nun, dass das angestrebte Handelsabkommen zu noch mehr Intransparenz auf europäischen Märkten führen wird. Schon in der Vergangenheit wurde bei Fleischimporten aus Lateinamerika über EU-Verbraucherstandards hinweggesehen. 4)Bayerisches Landwirtschaftliches Wochenblatt: Mercosur: Kritik von Gewerkschaft und Handelsverband , 09.03.2023 5)Bmwk: Assoziierungsabkommen zwischen der EU und den MERCOSUR-Staaten , März 2023 6)Bayerisches Landwirtschaftliches Wochenblatt: Brüssel wagt neuen Vorstoß , 13.03.2023
Zudem gefährdet das Handelsabkommen kleinstrukturierte Rinderbetriebe vor Ort, die den großen Bedarf an Fleisch nicht decken und nicht mit großen, industriellen Anbietern mithalten können. Aber auch die europäischen Landwirte machen lateinamerikanischen Bauernbetrieben unfaire Konkurrenz, indem sie nun zollfrei nach Lateinamerika exportieren können. Viele müssten ihren Betrieb dann aufgeben, da so lokale Märkte zerstört würden. Der daraus folgende Verlust der Lebensgrundlage könnte zahlreiche Menschen dazu bewegen, ihre Heimat zu verlassen und ihr Glück anderweitig zu versuchen. In Brasilien und Argentinien sind diesbezüglich bereits erste Rückschritte zu verzeichnen. 7)Bayerisches Landwirtschaftliches Wochenblatt: Organisationen fordern Stopp der Verhandlungen , 24.05.2021 8)Bayerisches Landwirtschaftliches Wochenblatt: Brüssel wagt neuen Vorstoß , 13.03.2023 9)tagesschau: Habeck und Özdemir umarmen Südamerika , 15.03.2023 10)Bayerisches Landwirtschaftliches Wochenblatt: Mercosur: Kritik von Gewerkschaft und Handelsverband , 09.03.2023 11)tagesschau: Die größte Freihandelszone der Welt , 29.06.2019 12)brot-fuer-die-welt: Kleinbauernbewegungen in Lateinamerika unter Druck , 18.07.2019
Doch einer der wesentlichen Kritikpunkte des Abkommens ist die damit verbundene Förderung des Klimawandels. So sollen Zölle auf Autos mit Verbrennungsmotor und auf Rohstoffe für die Autoproduktion abgebaut werden. Die EU könnte in der neuen zollfreien Handelszone alte Verbrenner-Autos nach Südamerika exportieren. Ist das wirklich der richtige Weg, zukünftig emissionsfrei zu werden? Wohl kaum. Es scheint, als ob es der EU bzw. Deutschland lediglich um die eigenen Interessen geht: Wirtschaftswachstum und Deckung des eigenen Rohstoffbedarfs. Zu wenig Rücksicht wird dabei auf Mensch und Natur genommen – mit verheerenden Folgen für die lokale Bevölkerung und das Weltklima. Einen gerechten sozialen Ausgleich gibt es bei dem Mercosur-Abkommen nicht. Die EU fordert viele Dinge von den Mercosur-Staaten, bietet aber im Gegenzug verhältnismäßig wenig Gegenleistung. Durch den Abbau von Zöllen auf einige Warenaustausche mit der EU hoffen beteiligte Staaten auf größere Umsätze und Gewinne. Zudem, könnte sich die lateinamerikanische Landwirtschaft, Industrie, Handel, Transport und Dienstleistungen können modernisieren, mit dem europäischen Know-how. Doch ist es das wirklich wert? Wiegt dies den Schaden auf, der durch die weitere Zerstörung des Amazonas-Regenwaldes global angerichtet wird? Den beteiligten Akteuren geht es vor allem um Wirtschaftswachstum, sowohl aus der Sicht der EU als auch aus der Warte der Mercosur-Staaten. Doch es gibt aus europäischer Perspektive einen weiteren Grund, warum dieses Abkommen mit dem südamerikanischen Kontinent derzeit besondere Dringlichkeit erfährt: Europa möchte dem wachsenden (wirtschaftlichen) Einfluss Chinas sowohl in Afrika als auch in Lateinamerika entgegenwirken. Denn China verknüpft seine Wirtschaftsabkommen nicht an derartig viele Forderungen und gewinnt dadurch weltweit als potentieller Handelspartner Attraktivität. 13)tagesschau: Die größte Freihandelszone der Welt , 29.06.2019 14)tagesschau: Was ist Mercosur? , 28.01.2019 15)epo: Habeck und Özdemir reisen nach Brasilien , 10.03.2023
Fußnoten und Quellen:
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