![Karibikstaaten werden oft als Steueroasen genutzt. Doch die dort hinterzogenen Beträge sind gering im Vergleich zu der Steuerhinterziehung in westlichen Ländern vom Vereinigten Königreich, den Niederlanden, Luxemburg bis hin zu den USA. | Bild: "Offshore Banking and Tax Havens Concept" © Rafael Ben Ari [Royalty Free] - dreamstime.com Tax Haven Karibikstaaten werden oft als Steueroasen genutzt. Doch die dort hinterzogenen Beträge sind gering im Vergleich zu der Steuerhinterziehung in westlichen Ländern vom Vereinigten Königreich, den Niederlanden, Luxemburg bis hin zu den USA. | Bild: "Offshore Banking and Tax Havens Concept" © Rafael Ben Ari [Royalty Free] - dreamstime.com](https://www.fluchtgrund.de/files/2022/11/TaxXhaven-scaled-713x462.jpg)
Karibikstaaten werden oft als Steueroasen genutzt. Doch die dort hinterzogenen Beträge sind gering im Vergleich zu der Steuerhinterziehung in westlichen Ländern vom Vereinigten Königreich, den Niederlanden, Luxemburg bis hin zu den USA. | Bild: "Offshore Banking and Tax Havens Concept" © Rafael Ben Ari [Royalty Free] - dreamstime.com
Unfaire und ineffiziente europäische Korruptionsbekämpfung schadet Karibikstaaten
Auf der diesjährigen Weltklimakonferenz Cop27 hat die Premierministerin Mia Motley des Karibikstaats Barbados erneut den Westen als Hauptschuldigen für die Klimakrise benannt und vor der Gefahr des Untergangs ganzer Karibik- und Pazifikinseln gewarnt, falls die wohlhabenden Nationen nicht zur Verantwortung gezogen werden. Doch nicht nur die durch den Klimawandel verstärkten Extremwetterereignisse von Überschwemmungen bis hin zu Stürmen bedrohen diese Staaten. Viele der Länder leiden noch immer unter den Auswirkungen der Corona Pandemie. Hinzu kommt eine große Bankenabwanderung, die harte ökonomische Folgen mit sich bringt.
Besonders in der Karibik stellt die Bankenabwanderung ein großes Problem dar, welches über die Jahre schlimmer wurde. Ein Drittel der Kreditinstitute hat bereits die Karibik verlassen. Erst am 14. September forderte Mia Motley vor dem Ausschuss für Finanzangelegenheiten des US-Repräsentantenhauses die US-Banken auf, ihre Entscheidung, die Korrespondenzbankbeziehungen in der Karibik zu beenden, rückgängig zu machen. Sowohl dies als auch die große Bankenabwanderung sind für die Karibikstaaten mit hohen Import- und Exportquoten fatal. Sie sind für ihren internationalen Handel auf Korrespondenzbankbeziehungen angewiesen. Dies sind bilaterale und oft grenzüberschreitende Vereinbarungen zwischen Banken. Sie sind sehr wichtig für das globale Finanzsystem, da sie Überweisungen, Kreditkartentransaktionen und Abrechnungen, Handelsfinanzierung, sowie Devisentransaktionen ermöglichen. Ohne sie wäre der internationale Handel undenkbar. 1)Stabroek News: Current US financial policy could result in Caribbean nations being at risk of becoming financial pariahs; 26.09.2022 2)Guardian: Banks are leaving the Caribbean. It´s unfair and will backfire on the west; 11.11.2022
Deswegen wird es einerseits für die lokalen karibischen Unternehmen, andererseits aber auch für ausländische Unternehmen und Einzelpersonen schwieriger, Handel zu betreiben. Besonders hart werden kleine und mittelgroße Unternehmen getroffen. Aber auch die Unterstützung von Familien durch Überweisungen aus dem Ausland wird erschwert. Hinzu kommt der Tourismus, der beeinträchtigt wird. Einzelne Fluggesellschaften und Kreuzfahrtschiffe steuern die Karibikregion sogar gar nicht mehr an. Zuallerletzt bleiben ausländische Direktinvestitionen aus oder werden reduziert. All dies führt zu stagnierendem Wirtschaftswachstum, Währungsabwertungen und steigenden Schulden in Ländern, die noch immer von den Auswirkungen der Corona-Pandemie betroffen sind und schon jetzt stark unter den Folgen der Klimakrise leiden. 3)Guardian: Banks are leaving the Caribbean. It´s unfair and will backfire on the west; 11.11.2022
Die wahrscheinliche Ursache für die große Bankenabwanderung ist die Aufnahme dieser kleinen Inselentwicklungsländer in die schwarze Liste der Financial Action Task Force(FATF) und neuerdings auch der EU-Kommission. Die FATF erstellt eine schwarze Liste für die Bekämpfung der Geldwäsche (AML), der Terrorismusfinanzierung (CFT) und der Verbreitung von Massenvernichtungswaffen. Auf der umfassenden Liste führt sie 39 Hochrisikostaaten. Der EU reicht diese Liste aber noch nicht aus. Nach den Paradise Papers richtete die EU-Kommission eine schwarze Liste ein, für Länder, die nach europäischer Meinung internationale Steuerstandards nicht einhalten. Zu den 17 Ländern auf der Liste gehörten Amerikanisch-Samoa, Barbados, Grenada, Guam, Südkorea, Macau, die Marshallinseln, Namibia, Palau, St. Lucia, Samoa, Trinidad und Tobago und die Vereinigten Arabischen Emirate, aber kein einziges europäisches Land. Eine zweite Liste der EU-Kommission, worunter „Drittländer mit schwachen Regelungen zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung“ fallen sollen, wurde im Februar 2019 aktualisiert. Die Länder Guam, Puerto Rico, die US-Jungferninseln, die Bahamas, Nordkorea, Ghana, Iran, Irak, Libyen, Nigeria, Pakistan, Panama, Samoa, Sri Lanka, Syrien und der Jemen kamen hinzu. Aber auch auf dieser Liste steht kein einziges europäisches Land und zusätzlich werden lediglich 12 dieser Länder von der FATF aufgelistet. Diese Praxis zeigt eindrücklich, wie die EU mit zweierlei Maß misst. Anderen oft ökonomisch schwachen Ländern mutet sie Regulierungen zu, die für ihre Mitgliedsstaaten nicht gelten. Doch diese Regulierungen bleiben nicht ohne Folgen. Sie führen zum Phänomen des sogenannten Derisking. Dabei wandern Banken ab und machen keine Geschäfte mehr in den Ländern der Listen, da für sie schlicht und einfach das Risiko gegenüber dem Ertrag überwiegt. Für viele Banken sind etwa die karibischen Volkswirtschaften zu klein und die Einhaltung der Vorschriften einfach zu teuer. So muss man in Trinidad Tobago bei Eröffnung eines Bankkontos langwierige und strenge Verfahren durchlaufen oder beim Kauf einer Sim-Karte einen Lichtbildausweis und Adressnachweis vorzeigen.4)Guardian: Europe put tax havens in the Caribbean – and now punishes them for it; 22.08.20225)Guardian: Banks are leaving the Caribbean. It´s unfair and will backfire on the west; 11.11.2022
Aber diese Maßnahmen können gar nicht erfolgreich sein, da in den Ländern auf der schwarzen Liste nur ein Bruchteil der Steuerhinterziehung beziehungsweise Geldwäsche tatsächlich stattfindet. Das Netzwerk für Steuergerechtigkeit ermittelte 2020, dass den Ländern jährlich 427 Milliarden Dollar an Einnahmen durch Steuermissbrauch durch multinationale Unternehmen und Einzelpersonen verloren gehen. Die hauptverantwortlichen Länder sind aber nicht wie oft erwartet karibische Inseln oder andere Entwicklungsländer, sondern das britische Überseegebiet Cayman Islands, das Vereinigte Königreich, die Niederlande, Luxemburg und die USA. London beispielsweise entwickelte sich zu einem Zufluchtsort für schmutziges Geld. Ausländische Eliten waschen ihre korrupten Einkünfte in Fußballklubs, Villen, Aktien, Anteilen oder Yachten. Aber auch Dänemark, Deutschland und die Schweiz sind nicht ohne Verantwortung. Dies zeigt sich in jüngsten Bankenskandalen. Anstatt also arme Entwicklungsländer wie etwa die Karibikstaaten mit überzogenen Regulierungen ökonomisch zu schwächen, sollte Europa seine eigenen, viel größeren Steuer- und Geldwäscheparadise endlich effektiv bekämpfen. 6)Guardian: Europe put tax havens in the Caribbean – and now punishes them for it; 22.08.2022
Fußnoten und Quellen:
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