![Erdogan beschuldigt PKK und YPG für das Attentat in Istanbul verantwortlich zu sein | Bild: "Türkischer Präsident Recep Tayyip Erdogan" © Palinchak [Royalty Free] - dreamstime.de Erdogan Erdogan beschuldigt PKK und YPG für das Attentat in Istanbul verantwortlich zu sein | Bild: "Türkischer Präsident Recep Tayyip Erdogan" © Palinchak [Royalty Free] - dreamstime.de](https://www.fluchtgrund.de/files/2022/11/ErdoganXArtikelXTXXrkeiXKurdistan-713x528.jpg)
Erdogan beschuldigt PKK und YPG für das Attentat in Istanbul verantwortlich zu sein | Bild: "Türkischer Präsident Recep Tayyip Erdogan" © Palinchak [Royalty Free] - dreamstime.de
Konflikt zwischen Türkei und Kurden erreicht neuen Höhepunkt
Am Sonntag, den 13.11.2022, ereignete sich ein Attentat in einer belebten Einkaufsstraße Istanbuls. Dabei kamen sechs Menschen ums leben und 80 Menschen wurden verletzt. Dieses Ereignis führte zu einer angespannten Lage in der Türkei, vor allem gegenüber den Kurden und im Hinblick auf die Terrorismusbekämpfung. Nachdem eine syrisch-kurdische Verdächtige festgenommen wurde, machte die türkische Regierung die PKK und YPG für das Attentat verantwortlich. Sie unterstellte den Gruppierungen, die Verdächtige jahrelang für dieses Vorhaben ausgebildet zu haben. Neben der Frau wurden noch weitere 46 Verdächtige festgenommen. 1)Tagesschau: 17 Verdächtige in Haft; Artikel vom 18.11.22 2)Tagesschau: Sind die Hintermänner entlavrt?; Artikel vom 14.11.22 3)ZDF:Anschlag in Istanbul : PKK weist Verantwortung von sich; Artikel vom 14.11.22
Die Arbeiter-Partei (PKK) sowie die Volksverteidigungseinheit (YPG) wiesen diese Anschuldigung seitens des türkischen Präsidenten Erdogan zurück. Sie betonten, es nicht auf zivile Opfer abzusehen und nicht an dem Attentat beteiligt gewesen zu sein. Die PKK ist eine Arbeiter-Partei, welche in Europa sowie den USA als Terrorgruppe angesehen wird und verboten ist. Auch in Deutschland gilt die PKK als die größte nicht islamische Terrororganisation und ist seit 1993 verboten. Ausschlaggebend dafür waren Anschläge auf türkische Einrichtungen sowie Privathäuser und eine Geiselnahme im türkischen Generalkosulat in München. Die PKK kämpft für mehr Autonomie der Kurden und geht dabei gewaltsam vor. Ihr Ziel ist ein demokratisches, autonomes Kurdistan. Die Organisation wurde in den 70ern in der Türkei gegründet. Hauptsächlich aufgrund der Unterdrückung der Kurden. Die Kurden leben in der Türkei, Nordsyrien, Nordirak und im Iran. Über einen lange ersehnten eigenen Staat verfügen sie jedoch nicht. In der Türkei, wo der Anteil der Kurden am höchsten ist, durfte die Volksgruppe jahrelang ihre Sprache nicht sprechen oder schreiben und auch das Aufhängen ihrer Fahne wurde mit einer Gefängnisstrafe belegt. Die YPG hingegen ist eine Volksverteidigungseinheit und kämpft gegen die Terrorgruppe IS. 4) Die Bundesregierung: verbot der „arbeiterpartei kurdistans“ in deutschland; 1.12.1993 5)Tagesspiegel: PKK; Stand 24.11.22 6) Bundesamt für Verfasssungsschutz: Arbeiterpartei Kurdistans; Stand 24.11.22
Die PKK und YPG warfen der türkischen Regierung vor, Lügen zu verbreiten, um Angriffe auf Kurdenregionen zu rechtfertigen. Zudem unterstellen Kritiker Erdogans, welcher sich gerade in einem Wahlkampf befindet, mit seiner Sicherheitspolitik gegenüber den Kurden Wählerstimmen gewinnen zu wollen. Eine Woche nach dem Attentat hat das türkische Militär schließlich kurdische Gebiete in Nordsyrien und im Nordirak bombardiert. Die lang geplanten Luftangriffe seien als Gegenschlag für das Attentat in Istanbul zu verstehen gewesen. Es kamen dabei 31 Menschen ums Leben, wovon zehn Personen Zivilisten waren. Zudem geriet Angaben zufolge auch eine Klinik unter Beschuss. Nachdem nun auch die kurdischen Gruppierungen zum Gegenanschlag angesetzt haben, erwägt Erdogan Bodentruppen im Kampf gegen die Kurdenmilizen einzusetzen – was eine neue Eskalation wäre. Und das obwohl die Anteilnahme der PKK und YPG an dem Attentat in Istanbul nicht sicher geklärt werden konnte, denn viele Fragen sind hinsichtlich dessen noch offen. 7)Sueddeutsche Zeitung:Warum Erdoğan den Konflikt mit kurdischen Milizen wieder eskaliert; Artikel vom 21.11.22 8)Tagesschau: Details, die Fragen aufwerfen; Artikel vom 24.11.22 9)Tagesspiegel: Update Luftangriffe auf Kurdistan: Türkei und Iran bombardieren Autonomieregionen in Syrien und Irak; Artikel vom 29.11.22
Deutschland fordert die Türkei zur Zurückhaltung auf und die gesamte Weltgemeinschaft blickt besorgt auf die zu eskalieren drohenden Kämpfe zwischen kurdischen Gruppierungen und dem türkischen Militär. Auch Russland und die USA haben die Türkei zu einer Deeskalation der Situation aufgefordert. Die Beziehung zwischen den Nato Verbündeten USA und der Türkei scheint angespannt zu sein. Die Beileidsbekundung nach dem Attentat aus dem Weißen Haus nahm die türkische Regierung nicht an und machte zudem auch die USA für den Anschlag verantwortlich. Denn die USA und die YPG waren Verbündete im Kampf gegen den IS. Für die Türkei ist die YPG jedoch ledigllich eine Ableger-Partei der PKK, was diese jedoch bestreitet. 2019 zog die USA den Großteil ihrer Soldaten aus Syrien ab, um der Militäroffensive der Türkei gegen die Kurden nicht im Weg zu stehen. Istanbul hat die YPG als Terror-Vereinigung eingestuft. Dem haben sich aber die westlichen Alliierten nicht angeschlossen. Die Türkei wirft daher den USA vor, Terrororganisationen zu unterstützen. 10)Tagesspiegel: US-Truppen sollen aus Nordsyrien abziehen; Artikel vom 14.10.19
In den kurdischen Regionen, vor allem in Syrien, haben sich viele verschiedene internationale Akteure eingemischt und tun dies auch heute noch. Der Bürgerkrieg in Syrien entwickelte sich durch die Einmischung Russlands und den USA rasch zu einem Stellvertreter Krieg. Während Russland und der Iran auf Seiten der syrischen Regierung stehen, unterstützten die USA die Opposition und sind einer der wichtigsten Verbündeten von Israel, das Kämpfe gegen das syrische Militär führt. Und auch die Türkei und Saudi Arabien unterstützen Rebellengruppen beim Kampf gegen die syrische Regierung. Neben dem Bürgerkrieg/Stellvertreterkrieg und dem Israel-Syrien Konflikt gibt es noch den Kampf gegen die Terrororganisation IS, bei dem sich die Mächte Russland, USA und Türkei verbünden. Die Türkei wiederum bekämpft aber die Kurdenmilizen, die auch gegen den IS vorgehen. Auch Frankreich, dem nach dem ersten Weltkrieg Syrien zugeteilt wurde, mischt sich in die Geschehnise in Syrien ein. Syrien und viele der kurdischen Regionen sind also von sehr komplizierten und langanhaltenden Konflikte geplagt, die nun wieder zu eskalieren drohen. Seit dem Beginn des Bürgerkrieges in Syrien 2011 haben 5,6 Millionen Menschen ihre Heimat verlassen und Zuflucht in den Nachbarländern wie der Türkei gesucht. Auch viele Kurden sind auf der Flucht vor den Angriffen in den syrisch-kurdischen Gebieten. Mehr als 14.000 Menschen sind aus diesen Gebieten in die kurdische Autonomie Region im Irak geflohen. Viele der Flüchtlingslager sind überfüllt und nur notdürftig versorgt. Besonders der nahende Winter bereitet große Sorge. Die neusten Angriffe könnten zu einem weiteren Flüchtlingsansturm führen und viele Kurden aus ihrer Heimat vertreiben. 11)Davidlohmueller: Syrische Kurden fliehen in den Irak | Flüchtlingslager Bardarash; Stand 25.11.22 12)Mediendienst integration: Syrische Flüchtlinge; Stand 25.11.22 13)Tagesschau: Wer kämpft gegen wen ?, Artikel vom 23.2.17 14)Der Freitag: Türkei, Israel, Russland: Luftangriffe markieren neue Ära im Syrien-Krieg; Stand 25.11.22 15)Bundeszentrale für politische Bildung: Der Syrien-Konflikt: Internationale Akteure, Interessen, Konfliktlinien; 14.2.13 16)Sueddeutsche Zeitung: Welche Staaten in Syrien kämpfen; 11.4.18
Die Problematik zwischen der Türkei und den Kurden dauert schon Jahrzehnte an und ist weit aus komplexer, als man denken mag. Zu was die jüngsten Kämpfe führen werden und ob ein Ende des Jahrzehnte langen Konfliktes in Sicht ist, bleibt abzuwarten.
Fußnoten und Quellen:
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