![Hohe Temperaturen zerstören Ernten, machen Arbeiten unmöglich und führen zu Gesundheitsschäden. | Bild: "Thermometer" © Vladischern [Royalty Free] - dreamstime.com Thermometer Hohe Temperaturen zerstören Ernten, machen Arbeiten unmöglich und führen zu Gesundheitsschäden. | Bild: "Thermometer" © Vladischern [Royalty Free] - dreamstime.com](https://www.fluchtgrund.de/files/2022/11/Thermometer-713x475.jpg)
Hohe Temperaturen zerstören Ernten, machen Arbeiten unmöglich und führen zu Gesundheitsschäden. | Bild: "Thermometer" © Vladischern [Royalty Free] - dreamstime.com
Durch Klimawandel verschärfte Extremwetterereignisse bedrohen Menschenleben, führen zu Hunger, Migration und großen wirtschaftlichen Schäden
Die Philippinen wurden vom Tropensturm Nalgae, einem der verheerendsten Stürme dieses Jahr, hart getroffen. Tagelange starke Regenfälle führten zu Überschwemmungen, Erdrutschen und Schlammlawinen. Der Sturm betraf mehr als 1 Millionen Menschen und forderte fast 100 Menschenleben. Weitere 69 wurden verletzt und 63 vermisst. Die Vermisstenzahlen liegen vermutlich noch höher, da sich darunter nicht die von einer riesigen Schlammlawine Betroffenen im Dorf Kusiong befinden. 900.000 Dorfbewohner mussten zu ihren Verwandten oder in Evakuierungszentren fliehen. Mehr als 4100 Häuser und 40.108 Hektar Anbauflächen, hauptsächlich für Reis, wurden beschädigt und das zu einer Zeit, in der die Philippinen aufgrund der weltweiten Versorgungsengpässe vor einer Nahrungsmittelkrise stehen. 1)Guardian: Tropical storm Nalgae: 98 dead in one of most destructive storms to hit Philippines this year; 31.10.2022
Nalgae ist aber nur ein weiteres der vielen Extremwetterereignisse der letzten Jahre. Die Beispiele reichen von Überschwemmungen in Pakistan, den drei wärmsten Monaten in Europa im Sommer 2022 seit Beginn der Wetteraufzeichnungen, extremer Trockenheit in China, bis hin zu der schlimmsten Dürre am Horn von Afrika seit 40 Jahren. Der Klimawandel spielt bei solchen Extremwetterereignissen eine entscheidende Rolle. Er macht sie intensiver und wahrscheinlicher. Bei der extremen Bodentrockenheit dieses Jahr in Europa und China beispielsweise kamen Forscher zu dem Ergebnis, dass ohne den Klimawandel so ein Ereignis nur alle 400 Jahre, aber mit ihm einmal in 20 Jahren zu erwarten wäre. Die hohen Temperaturen bis zu 40 Grad dieses Jahr in Großbritannien wären ohne Klimawandel extrem unwahrscheinlich gewesen. Auch die Wahrscheinlichkeit von extremen Monsunregenfällen wird durch den Klimawandel erhöht. 2)World Economic Forum: Climate Change makes extreme temperatures increasingly likely, study finds; 27.10.2022
Schon heute erreichen Extremwetterereignisse ein großes Ausmaß. Die Organisation Carbon Disclosure Project wertete die Klimadaten von 1000 Städten aus aller Welt aus. Heraus kam, dass 4 von 5 Städten vermehrt unter extremer Hitze und Überflutungen leiden. Fast die Hälfte aller Städte hat Hitzewellen und ein Drittel Überflutungen und heftige Niederschläge zu beklagen. In einem Drittel der Städte sind 70 Prozent der Bevölkerung von Extremwetterereignissen bedroht. In einem Viertel wird damit gerechnet, dass durch die Auswirkungen des Klimawandels auf Extremwetterereignisse schon 2025 Anpassungsmaßnahmen nötig werden. 3)Tagesspiegel: Studie zum Klimawandel Vier von fünf Städten weltweit leiden unter Extremwetterereignissen; 13.10.2022
Extremwetterereignisse haben katastrophale Folgen und treffen wie so oft die ärmsten Länder am stärksten. Hitzewellen spielen dabei eine große Rolle. So waren im Jahr 2021 100 Millionen mehr Menschen von Ernährungsunsicherheit infolge von Hitzewellen betroffen als in den Jahrzehnten zuvor. In Indien führte die Hitzewelle im Sommer 2022 zu 10 bis 35 Prozent geringeren Erntemengen, was in steigenden Lebensmittelpreisen und weit verbreiteter Ernährungsunsicherheit mündete. Hitzewellen führen aber auch zu wirtschaftlichen Schäden. So rechnete die Wissenschaftszeitschrift Lancet aus, dass im Jahr 2021 470 Milliarden Arbeitsstunden aufgrund von zu hoher Hitze verloren gingen. Dies führte zu Einkommenseinbußen in Höhe von 669 Milliarden US-Dollar. Deswegen wirken sich Hitzewellen und allgemein hohe Temperaturen auch auf das Wirtschaftswachstum der Länder aus. Eine Studie fand heraus, dass zwischen 1992 und 2013 die Weltwirtschaft als Ergebnis von Hitzewellen Schäden in Billionenhöhe erlitt. Doch diese sind nicht gleich verteilt. Die Regionen mit den niedrigsten 10 Prozent des Einkommens erlitten im gewählten Zeitraum durchschnittliche Verluste von 6,7 Prozent des BIPs pro Jahr und pro Person, die Regionen mit den höchsten 10 Prozent des Einkommens Verluste von nur 1,5 Prozent. Tropische Länder wie Brasilien, Venezuela oder Mali leiden unter einem Rückgang des Bruttoinlandprodukts pro Person um 5 Prozent, während nördlich gelegene Länder wie Finnland oder Kanada nur einen Einbruch des BIPS um 1 Prozent zu verzeichnen haben. Doch die wirtschaftlichen Schäden könnten vermutlich noch höher liegen, da Hitze durch hohe Feuchtigkeit, wie sie in vielen Ländern des Globalen Südens auftritt, weiter verstärkt werden kann.
Dass die wirtschaftlichen Auswirkungen so unterschiedlich sind, liegt an den unterschiedlichen durchschnittlichen Temperaturen in den verschiedenen Ländern und der Verteilung der Erderwärmung. Die Temperatur beeinflusst, wie groß der wirtschaftliche Erfolg eines Landes ist, weil beispielsweise Arbeiter bei niedrigeren Temperaturen produktiver sind und länger arbeiten können. Die optimale Temperatur liegt bei 14 Grad Celsius. Deswegen haben Länder mit höheren Durchschnittstemperaturen bei einer Erwärmung mit negativen wirtschaftlichen Folgen zu kämpfen, während Länder mit niedriger Durchschnittstemperatur von einer Erwärmung profitieren. So hat eine um eine Standardabweichung höhere Temperatur in Brasilien negative Auswirkungen und in Norwegen positive Auswirkungen auf das Wirtschaftswachstum. In Brasilien, das eine Durchschnittstemperatur von 23,8 Grad Celsius hat, verringert eine höhere Temperatur das Wirtschaftswachstum um 0,63 Prozent, während es in Norwegen mit einer Durchschnittstemperatur von 4 Grad Celsius um 0,62 Prozent steigt. Dies verschärft bestehende Ungleichheiten zwischen den armen und reichen Ländern. Hinzu kommt, dass die Länder, die am meisten unter den Auswirkungen des Klimawandels leiden, am wenigsten zu ihm beigetragen haben. Die ärmsten Länder sind für nur 11 Prozent der CO2-Emissionen verantwortlich, die reichsten Länder für 89 Prozent. 4)Carbon Brief: ´Poor tropical regions` suffer greatest economic damage from worsening heatwaves; 28.10.2022
Aus diesen Gründen ist es dringend nötig, die Klimakrise nicht noch weiter anzuheizen und den Ausstoß von Treibhausgasen zu beenden. Doch das gelingt den verantwortlichen Staaten nicht. Einem Bericht des Umweltprogramms der Vereinten Nationen zufolge steuert die Welt unter den heutigen politischen Rahmenbedingungen auf eine Erwärmung von 2,6 Grad Celsius zu. Eine nötige Absenkung der Treibhausgasemissionen ist nicht in Sicht, sie steigen sogar weiter. Am kommenden Klimagipfel im November in Ägypten wird die Welt und vor allem die reichen Länder hoffentlich Maßnahmen zur Umkehr dieser Entwicklung und zur Hilfe der ärmsten Länder beschließen. Die durch Extremwetterereignisse ausgelöste Migration, Ernährungsunsicherheit und der Verlust von Menschenleben, sowie die Schwächung auf wirtschaftlicher Ebene, darf nicht weiter befeuert werden. 5)Carbon Brief: UNEP: Meeting global climate goals requires ´rapid transformation of societies‘; 27.10.2022
Fußnoten und Quellen:
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