![n der Hauptstadt Haitis Port-Au-Prince herrschen katastrophale Zustände. Es gibt kein sauberes Wasser, die Cholera breitet sich aus, Müll stapelt sich zu Bergen und die Menschen hungern. | Bild: "Port au Prince capital city of the Republic of Haiti," © Rafał Cichawa [Royalty Free] - dreamstime.com n der Hauptstadt Haitis Port-Au-Prince herrschen katastrophale Zustände. Es gibt kein sauberes Wasser, die Cholera breitet sich aus, Müll stapelt sich zu Bergen und die Menschen hungern. | Bild: "Port au Prince capital city of the Republic of Haiti," © Rafał Cichawa [Royalty Free] - dreamstime.com](https://www.fluchtgrund.de/files/2022/11/PortXauXPrince-713x476.jpg)
n der Hauptstadt Haitis Port-Au-Prince herrschen katastrophale Zustände. Es gibt kein sauberes Wasser, die Cholera breitet sich aus, Müll stapelt sich zu Bergen und die Menschen hungern. | Bild: "Port au Prince capital city of the Republic of Haiti," © Rafał Cichawa [Royalty Free] - dreamstime.com
Chaos im Karibikstaat: Haiti immer noch unter dem negativen Einfluss ausländischer Mächte
Der Karibikstaat Haiti versinkt im Chaos. Es herrscht Treibstoffmangel, da eine Gang das Hauptterminal für Benzin in der Hauptstadt Port-au-Prince blockiert. Das hat fatale Auswirkungen. Botschaften, Schulen und Krankenhäuser mussten geschlossen werden. Die Infrastruktur bricht zusammen und in den Städten türmen sich Berge von Müll. Die Wasserversorgung ist bedroht, weshalb sauberes Wasser kaum noch zu finden ist. Normalerweise wird es von Wasserwägen oder in kleinen Säcken in die Viertel geliefert, doch es gibt keinen Treibstoff mehr für die Wasseraufbereitung. Seife zum Händewaschen und sanitäre Einrichtungen sind nicht vorhanden. Aus diesen Gründen breitet sich die durch Wasser und Lebensmittel übertragene Cholera schnell in der Bevölkerung aus. Bereits heute sind 41 Menschen an der Krankheit gestorben und 2000 haben sich infiziert. Hinzu kommt der Hunger. Mindestens fünf Millionen Menschen sind unterernährt. Aber vor allem Kinder trifft das Chaos hart. Die meisten sind seit dem Beginn des Schuljahrs am 3. Oktober nicht mehr zur Schule gegangen. Fast 100.000 Kinder unter 5 Jahren sind von schwerer akuter Mangelernährung betroffen. Dies ist dramatisch, auch weil unterernährte Kinder ein höheres Cholerarisiko haben. Eine weitere Gefahr für die Kinder stellen die in Haiti weit verbreiteten und mächtigen Banden dar. Sie müssen fürchten von ihnen verletzt, rekrutiert, entführt oder gar getötet zu werden. Auch sexueller Missbrauch steht an der Tagesordnung. So ist ein Viertel der Mädchen und ein Fünftel der Jungen in der Hauptstadt davon betroffen. Die Banden sind sehr gewalttätig. Der Staat hingegen reagiert kaum. Vor kurzem erst fochten zwei verfeindete Banden im Handwerkerdorf Noailles in Croix-des-Bouquets ihren Krieg um Territorium aus. Wahllose Schüsse fielen, Häuser und Gotteshäuser wurden niedergebrannt und eine Künstlerkolonie angegriffen. Dabei wurden 15 Menschen getötet und mindestens 200 vertrieben. Die Polizei kann der Bandenmacht kaum etwas entgegensetzen, da sie zahlenmäßig und waffentechnisch unterlegen ist. Aber auch der nötige politische Wille zur Bekämpfung der Gangs fehlt völlig. 1)The Nation: Will the Haitian Crisis Lead to Yet Another Military Intervention?; 27.10.2022 2)UN News: Haiti: ‘Triple threat’ of cholera, malnutrition and violence puts young lives at risk; 01.11.2022
Seit 2021 leidet das Land unter einem Machtvakuum. Damals wurde der haitianische Präsident Jovenel Moise ermordet. Auf ihn folgte der de facto von der Biden-Administration ausgewählte heutige Regierungschef Ariel Henry. Doch dieser hat unter anderem deswegen keine hohe Zustimmung in der Bevölkerung und seine Legitimität wird angezweifelt. In den letzten Wochen kam es immer wieder zu Protesten gegen Unsicherheit, steigende Lebenshaltungskosten, Korruption, sowie gegen die Regierung mit Rücktrittsforderungen an Henry. Der international anerkannte Regierungschef ließ in der Vergangenheit den Banden so gut wie freien Lauf. Aber auch die USA und die UNO, die mit der Regierung zusammenarbeiten, ließen die Gangs, welche sogar einige Politiker finanzieren, lange frei gewähren. Die Biden-Administration unterstützt Henry weiterhin, unter anderem deshalb, weil er der Abschiebung von Migranten zugestimmt hat. Erst vor kurzem haben die USA trotz der katastrophalen Lage 26000 verzweifelte, hungrige und desorientierte haitianische Flüchtlinge von der US-Grenze zurück nach Haiti geschickt. Hinzu kommt, dass die USA bestehende Alternativen zum korrupten Henry, nicht akzeptierten. Seit zwei Jahren gibt es eine Gruppe aus zahlreichen haitianischen Organisationen, die sich für eine Übergangslösung hin zu echten demokratischen Wahlen einsetzt. Sie unterzeichnete das sogenannte Montana-Abkommen und haben einen gewählten Präsidenten. US-Abgesandte sprachen zwar mit den Gruppenführern, handelten aber währenddessen ein Abkommen mit weniger verantwortungsbewussten Persönlichkeiten wie etwa Henry aus. Ein einzelner Politiker, der sich den Interessen der USA verpflichtet fühlt, ist einfacher zu kontrollieren.
Jetzt forderte Henry Anfang Oktober die Vereinten Nationen auf, eine „bewaffnete Spezialtruppe“ nach Haiti zu senden, um die grassierende Gewalt einzudämmen. Schon jetzt ist begrenztes militärisches Material wie gepanzerte Fahrzeuge aus den USA und Kanada eingetroffen und die USA planen eine militärische Intervention. Am 15. Oktober reichten die USA bei den Vereinten Nationen eine Resolution zur „sofortigen Entsendung einer multinationalen Eingreiftruppe“ ein. Doch in der Vergangenheit hat das Karibikland keine guten Erfahrungen mit ausländischen Interventionen gemacht. Negative Beispiele gibt es viele. Im letzten Jahrhundert erlebte Haiti fünf solcher Aktionen. Von 1915 an kam es zu einer fünfjährigen US-Marinebesetzung, die dem Land US-amerikanische Finanz- und Geschäftsinteressen aufzwang, 1991 und 2004 zu einem westlich-unterstützten Sturz des damaligen progressiven Präsidenten Jean-Bertrand Aristide. Die 13-jährige UN-Stabilisierungsmission von 2004 bis 2017 ist genauso negativ verlaufen. Einerseits brachte sie einen verheerenden Cholera-Ausbruch mit sich, der mehr als 10000 Menschenleben forderte. Die UN-Friedenstruppen schleppten die Krankheit in das Land ein. Andererseits kam es zu dokumentierten sexuellen Übergriffen, sowie den Angriff auf Elendsviertel mit schweren Waffen im Namen der Friedenssicherung und Stabilisierung. Auch die Bemühungen um eine Stärkung demokratischer Institutionen, sowie der Strafverfolgungskapazitäten scheiterten. Eine militärische Intervention zur Machterhaltung Henrys wäre fatal für das haitianische Volk. Dies liegt unter anderem an der Gewalt durch die Gangs, die teils von der Regierung und damit auch den USA unterstützt werden. Um den Haitianern den Weg zu einer echten Wahldemokratie und einem Leben in Würde und Freiheit zu ebnen, hätte in der Vergangenheit Henry, der außerdem mit einigen Verdächtigen mit der Ermordung Moises in Verbindung gebracht wurde, von der internationalen Gemeinschaft fallengelassen werden und die Montana-Gruppe unterstützt werden sollen. Aber dies ist nicht geschehen und nun leiden die Haitianer wie schon so oft in ihrer Vergangenheit unter dem fatalen Einfluss internationaler, vor allem westlicher Akteure auf ihr Land. 3)tricontinental: The Last Thing Haiti Needs Is Another Military Intervention: The Forty-Second Newsletter(2022); 20.10.2022 4)The Nation: Will the Haitian Crisis Lead to Yet Another Military Intervention?; 27.10.2022 5)Al Jazeera: UN chief calls for ‘armed action’ in Haiti amid growing crisis; 17.10.2022 6)The Intercept: BIDEN’S FORMER HAITIAN ENVOY SLAMS WHITE HOUSE PLAN FOR ARMED INTERVENTION; 19.10.2022
Fußnoten und Quellen:
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