
Im Kongo haben Rebellengruppen erneut für Unruhen gesorgt. | Bild: © Boggy - Dreamstime.com
Kongo: Rebellengruppe M23 kehrt zurück
Für viele Menschen im Ostkongo ist es eine bekannte Prozedur: Sobald die Konflikte losgehen und Schüsse zu hören sind, packen sie ihre Sachen zusammen und verlassen ihre Heimat. Sie fliehen in andere, friedlichere Regionen innerhalb des Landes oder über die Grenze ins benachbarte Uganda. Zurück können sie erst, wenn sich die Kämpfe beruhigt haben. Die Ursache des aktuellen Konflikts: Die Rebellenmiliz M23 hat, nachdem sie 2013 besiegt wurde und einen Friedensvertrag mit der Regierung unterschrieb, erneut angegriffen. Bereits die ersten Verdachtsmeldungen, die berüchtigte Rebellengruppe könnte zurück sein, lösten unter Bewohnern der angegriffenen Regionen Panik aus: 5000 von ihnen verließen ihre Heimat.1)tagesschau online: DR Kongo „Wir wollen souverän sein“ ; Artikel nicht mehr verfügbar
Kämpfe zwischen dem Militär und verschiedensten Rebellenmilizen sind im Kongo keine Neuheit. Viele von ihnen haben über die Jahre bewaffnete Konflikte gegen die militärischen Mächte ausgetragen, mal mit mehr, mal mit weniger Erfolg. Doch die Miliz M23 ist besonders gefürchtet, und das aus einem Grund: 2012 eroberte sie nicht nur Teile der Provinz Nord-Kivu, sondern auch deren Hauptstadt Goma – einer der größten militärischen Erfolge, die eine Rebellengruppe in dieser Region seit dem Ende des 3. Kongokrieges aufzuweisen hat. Die Gruppe entstand aus ehemaligen Aufständischen innerhalb der kongolesischen Armee. Der Hintergrund hierzu: Mit einem Friedensvertrag wurde 2009 die Rebellengruppe CNDP, der „Nationalkongress für die Verteidigung des Volkes“, in die Armee eingegliedert. Die ehemaligen Rebellen waren jedoch unzufrieden mit der Einhaltung des Vertrages; so bildete sich eine neue Gruppierung. Der Name M23 bezieht sich auf das Datum des entsprechenden Friedensvertrages. 2012 war die M23 die mächtigste Rebellenbewegung im Kongo. Erst 2013 konnte sie geschlagen werden und zog sich in die Nachbarländer Ruanda und Uganda zurück. Die Furcht der Bevölkerung hörte aber nicht auf: Regelmäßig verbreiteten sich Gerüchte, sie sei zurückgekehrt, die immer wieder aufs Neue Furcht bei der Bevölkerung auslösten. 2)reliefweb: Enough 101: What is the M23 Movement in Eastern Congo?; Artikel vom 28.08.2012 3)taz: Rebellen im Kongo wieder aktiv :M23-Phantom am toten Vulkan; Artikel vom 31.01.2017 4)taz: Krieg im Ostkongo :Massenflucht nach Rebellenattacke ; Artikel vom 08.11.2021 5)taz: Mysteriöse Kämpfe im Kongo :Das M23-Phantom ; Artikel vom 28.07.2020 6)deutschlandfunk: Millionenstadt in Rebellenhand; Artikel vom 24.11.2012 7)Nachrichten De: „Wir wollen souverän sein“, sagt die Demokratische Republik Kongo.; nicht mehr verfügbar
Dieses Szenario hat sich nun wieder abgespielt – ob es dieses Mal wirklich die M23 sind oder ob das wieder nur Gerüchte sind, ist unklar. Seitdem sie 2013 einen Friedensvertrag mit der Regierung geschlossen und sich daraufhin zurückgezogen hatte, war sie weitgehend ruhig geblieben. Doch nach Aussage der M23 hielt sich die Regierung nicht an diesen Friedensvertrag. Nun kam es zu Gefechten zwischen bis dahin nicht identifizierten Angreifern und dem Militär, zu Besetzungen von Regionen und Einbrüchen in die Häuser von Bewohnern. Laut Aussage der Regierung handelt es sich hierbei um die M23-Rebellen, was diese aber verneinten. Diese Angriffe fanden bereits Anfang November statt – seitdem gab es weitere, unter anderem wieder auf Goma. Vor diesem Angriff wurde auch bereits vorgewarnt, aber Schutzmaßnahmen gab es keine. Die Folgen sind entsprechend: Die Bevölkerung muss wie schon so oft um ihr Leben und ihre Heimat fürchten. Wirkliche Hilfestellung vom Militär oder auch den im Kongo aufgestellten Blauhelmtruppen erwarten sie dabei nicht. Diese enttäuschten die Bevölkerung immer wieder, konnten oft nichts gegen Angreifer ausrichten und fügten ihr oft eher Schaden zu als sie zu schützen. 8)tagesschau online: DR Kongo „Wir wollen souverän sein“ ; Artikel nicht mehr verfügbar 9)taz: Krieg im Ostkongo :Massenflucht nach Rebellenattacke; Artikel vom 08.11.2021 10)Nachrichten De: „Wir wollen souverän sein“, sagt die Demokratische Republik Kongo.; nicht mehr verfügbar
Auch das Vertrauen in die Regierung schwindet mit jedem Fehltritt und jeder unterlassenen Hilfeleistung. Die Perspektiven der Kongolesen sind nicht gut: Nicht nur werden sie mutmaßlich weiterhin den andauernden Konflikten ausgesetzt sein, sondern zu allem Überfluss warnt auch die UN-Ernährungsorganisation FAO vor einer weiteren Verschlimmerung der Lebensmittelkrise, die in dem Land schon lange besteht. Hilfe von außen kann das Land hier kaum erwarten: Die FAO hat für Projekte im Kongo nur einen Bruchteil des Geldes gesammelt, das nötig wäre. Das Interesse der restlichen Welt für das Leid im Kongo, das seit Jahren stattfindet, ist schlicht und einfach nicht präsent genug.
Die mangelnden Maßnahmen rufen Enttäuschung hervor. Samson Kukira, Vertreter der Zivilgesellschaft in der Rutshuru-Region, kommentiert: „Unser Staat nimmt das alles zu leicht. Wir wollen souverän sein, sind es aber nicht.“ Auch ein Bewohner einer angegriffenen Region, der fliehen musste, kritisiert die fehlenden Maßnahmen: „Die Behörden sollten uns endlich beschützen vor dem Feind. Wir wären froh, müssten wir unsere Dörfer nicht jeden Tag aufs Neue verlassen.“ 11)tagesschau online: DR Kongo „Wir wollen souverän sein“; Artikel nicht mehr verfügbar
Fußnoten und Quellen:
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