![Viele Faktoren stehen der effektiven Verrringerung des Welthungers im Weg. | Bild: © Gajus [Royalty Free] - Dreamstime.com Hungriges Kind Viele Faktoren stehen der effektiven Verrringerung des Welthungers im Weg. | Bild: © Gajus [Royalty Free] - Dreamstime.com](https://www.fluchtgrund.de/files/2016/03/Hunger_Kind_1500-476x713.jpg)
Viele Faktoren stehen der effektiven Verrringerung des Welthungers im Weg. | Bild: © Gajus [Royalty Free] - Dreamstime.com
Welthunger-Index 2021: Ziele wurden stark verfehlt
Vergangenen Donnerstag ist der Welthunger-Index 2021 erschienen. Auf den ersten Blick wirken die Ergebnisse vergleichsweise positiv: Insgesamt ist im Vergleich mit 2012 der Welthunger nicht gestiegen, sondern sogar gesunken. Doch die Ergebnisse weichen stark von den gesetzten Zielen ab: Das seit Jahrzehnten anvisierte Ziel „Zero World Hunger 2030“ kann mit der bisherigen Fortschrittsgeschwindigkeit nicht erreicht werden.
In den meisten Ländern zeigt der WHI insgesamt zumindest geringe Fortschritte im Kampf gegen Hunger. Doch man sollte sich hier nicht zu früh freuen: Natürlich ist geringer Fortschritt besser als kein Fortschritt, aber die Ziele des WHI wurden bei weitem nicht erreicht. Um den Welthunger wie geplant bis 2030 weitgehend oder sogar komplett zu beenden, reichen die Fortschritte noch lange nicht. Der WHI gibt den Schweregrad des Hungers im jeweiligen Land an – je höher der Index, desto gravierender der Hunger. Das Ziel ist also, flächendeckend den Index so weit wie möglich zu senken – doch in vielen Ländern ist die Senkung des WHI nur gering, in 10 Ländern ist er sogar gestiegen. In 47 Ländern ist die Hungersituation ernst bis gravierend, und ebenso viele werden bis 2030 nicht einmal ein niedriges Level an Hunger erreichen. Besonders bedrohte Regionen sind dabei Subsahara-Afrika und Südasien. Die Statistik umfasst außerdem nicht alle Länder, da aus einigen Staaten nicht genug Daten erfasst werden konnten, um sie in den WHI aufzunehmen. 1)WHI: WHI-WERTE DER LÄNDER; Stand 20.10.2021 2)WHI: Hunger und Konflikte: Ernährungssysteme ändern, Frieden fördern; Stand 20.10.2021
Die Ursachen für den mangelhaften Fortschritt lassen sich auf einige Hauptgründe zurückführen. Beispielsweise hat die Covid-19-Pandemie durchaus ihren Teil zum Welthunger beigetragen: Bis 2030 werden durch diese voraussichtlich 30 Millionen mehr hungern müssen, als ohne Pandemie der Fall gewesen wäre. Auch der Klimawandel gefährdet weltweit die Nahrungsmittelversorgung. Vor allem Regionen, in denen die Landwirtschaft ohnehin instabil und die Ernte unsicher ist, sind davon betroffen. In genau diesen Regionen treten durch den Klimawandel vermehrt Wetterextreme auf und gefährden die Ernte noch stärker. Und auch Dürren treten immer häufiger auf. Vor allem für trockene Landstriche wie Subsahara-Afrika ist das fatal – die Ernte und Viehhaltung ist hier von den wenigen jährlichen Niederschlägen abhängig. Doch immer wieder zeigen sich Konflikte und Krieg als Hauptursachen für Hunger. Durch sie entsteht immer wieder ein Teufelskreis: Die Ernährungssysteme in Krisengebieten sind oft instabil und ständig bedroht. Kriegsgebiete werden so oft zu Hungergebieten, in denen leichter neue Konflikte entstehen und bestehende Konflikte eskalieren. Hunger kann dabei auch als Kriegswaffe eingesetzt werden – eine klare Menschenrechtsverletzung. Frieden ohne stabile Ernährungsversorgung zu schaffen, ist also schwierig – und Hunger in Konfliktgebieten zu beenden, ist es auch. Mit diesem Kreislauf hängt ein weiterer Faktor zusammen, der Hunger verursacht: Flucht. Hunger ist hier auf zwei Arten entscheidend. Er treibt Menschen in die Flucht, und er ist eine häufige Folge von Flucht. 3) WHI – Rupa Mukerji: Klimawandel und Hunger; Artikel aus Oktober 2019 4)WHI – Caroline Delgado und Dan Smith: Hunger und Ernährungssysteme in Konfliktgebieten; Artikel aus Oktober 2021 5)WHI: Trends: Global, Regional, National; Stand 20.10.2021 6) tagesschau: Welthunger-Index 2021: Dürre, Terror, Flucht – und der Hunger; Artikel vom 14.10.2021
Auch der globale Westen ist für viele dieser Faktoren mitverantwortlich. So zum Beispiel der Klimawandel: Die von den Wetterextremen und dem daraus folgenden Hunger am stärksten betroffenen Ländern sind oft nicht die, die am stärksten zum Klimawandel beitragen. Die Hauptverantwortung tragen die Industriestaaten – sie haben die höchsten Treibhausgasemissionen sowie den höchsten Ressourcenverbrauch. Dieser Ressourcenverbrauch treibt auch die Weltarmut voran – die wiederum Hunger verursacht. Aber auch für viele Konflikte, die für den Welthunger entscheidend sind, ist der Westen mitverantwortlich. Insbesondere die UN- und NATO-Staaten haben eine Verantwortung zum Beenden von Krisen wie den zahlreichen Konflikten im Nahen bzw. Mittleren Osten beizutragen, da sie auch bei ihrer Entstehung beteiligt waren. In besonderer Pflicht sind die Geberländer für humanitäre Entwicklungshilfe, welche gemäß der Vereinten Nationen 0,7 Prozent ihres Bruttonationaleinkommens für Entwicklungszusammenarbeit aufwenden müssen. Sie müssen ihre Verantwortung Menschenrechte wahrnehmen und in stabile, nachhaltige Ernährungssysteme und die Lösung von Konflikten investieren.
Eine Gelegenheit, die der WHI sieht, um das Thema der Welternährung aktiv anzugehen: Die ursprünglich für 2020 anvisierte UN-Klimakonferenz 2021. Vom 1.-12. November 2021 werden sich die UN-Staaten hier mit dem Thema Nachhaltigkeit auseinandersetzen – und hierbei hoffentlich auch nachhaltige und effektive Ernährungsziele anvisieren. 7)WHI: Handlungsempfehlungen; Stand 20.10.2021 8)ICC Germany: COP26 – UN-Klimakonferenz 2021; Stand 20.10.2021 9)Welthungerhilfe: Hunger: Verbreitung, Ursachen & Folgen; Stand 15.10.2021
Fußnoten und Quellen:
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