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Was bringt Menschen dazu, ihre Heimat zu verlassen und ein besseres Leben zu suchen? | Bild: © earthlink e.V. [alle Rechte vorbehalten] -
US-Einwanderungspolitik: Neuer Kurs oder die Rückkehr zur Abschottung?
“The Wall” war einst das Lieblingsprojekt des Ex-Präsidenten Donald Trump. Seit der Ablösung der Regierungsspitze durch Joseph Biden kündigte dieser eine offenere Migrationspolitik an. Der Bau der Mauer wurde zwar gestoppt, doch die Lage für Geflüchtete an der Südgrenze zu Mexiko ist noch immer katastrophal.
Kürzlich traf sich die US-Vizepräsidentin Kamala Harris mit dem Staatspräsidenten Alejandro Giammattei bei einer gemeinsamen Pressekonferenz in Guatemala. Von US-Präsident Biden mit der Aufgabe betraut, das Migrationsproblem in Zentral- und Lateinamerika zu lösen, kündigte sie einen härteren Kurs gegen Korruption und Menschenschmuggel an. Helfen sollen dabei zusätzliche Hilfsgelder von 310 Millionen Dollar an die Länder, aus welchen die meisten Menschen in Richtung USA fliehen: Guatemala, Honduras und El Salvador. Auch ein direkter Appell an die Bevölkerung in Guatemala blieb nicht aus: Denjenigen, die überlegten, die gefährliche Reise zur US-Grenze auf sich zu nehmen, sagte sie: »Kommt nicht hierher.« Wer an die Grenze komme, werde zurückgewiesen, erklärte Harris und wurde dafür prompt aus den eigenen Reihen kritisiert. Die demokratische Kongressabgeordnete Alexandria Ocasio-Cortez äußerte sich dazu auf Twitter: Sie sei »enttäuscht, das zu sehen«: »Erstens ist es 100 Prozent legal, an der US-Grenze um Asyl zu bitten. Zweitens haben die USA über Jahrzehnte Regimewechsel und Instabilität in Lateinamerika vorangetrieben. Wir können nicht dabei helfen, jemandem das Haus anzuzünden – und die Person dann dafür verurteilen, dass sie flieht.« 1)SPIEGEL: Kamala Harris warnt Migranten vor Reise in die USA: „Kommt nicht hierher“; Artikel vom 08.06.2021 2)SPIEGEL: Alexandria Ocasio-Cortez attackiert kamala Harris für Warnung an Migranten; Artikel vom 09.06.2021 3)The Intercept: Joe Biden’s Plans for Latin America Fall Short; Artikel vom 18.04.2020 4)Hintergrund: Die USA und Lateinamerika; Artikel vom 12.01.2015
Die Situation an der Grenze zu Mexiko spitzt sich zu
Die Zahlen lateinamerikanischer Flüchtlinge steigen und die Lage an der Südgrenze zu Mexiko bleibt auch weiterhin kritisch. Allein im Februar griffen Mitarbeiter der Grenzschutzbehörde CBP nach eigenen Angaben 100.441 Menschen beim versuchten Übertritt auf – das sind 28 Prozent mehr als im Vormonat und fast dreimal so viele wie im Februar vergangenen Jahres. 72.113 Migranten seien wieder zurückgeschickt worden.
Viele ergeben sich der US-amerikanischen Grenzpolizei freiwillig. Ein Großteil der Menschen wird nach Aufgreifen durch den Grenzschutz unmittelbar in Busse gesteckt und zu einem Flugzeug gebracht, das sie in ihr Herkunftsland zurückbringen soll. Zielort der Deportationen sind dabei meist die nächstgelegenen Städte in Mexiko – unabhängig davon, woher sie geflohen sind, werden sie dort ohne jegliche Hilfeleistungen abgesetzt. Die Folge: sie finden sich in der unbekannten Umgebung nicht zurecht oder sind Banden und Kartellen, die sich im Norden des Landes aufhalten, schutzlos ausgeliefert. Oftmals landen sie auch in mexikanischen Auffanglagern nahe der Grenze. In den sogenannten estaciónes migratorias leben sie zusammengepfercht auf engstem Raum und müssen ausharren, bis sie erfahren, wie es für sie weitergeht. Immer wieder wird dort von Aufständen berichtet, der physische und psychische Leidensdruck ist für die inhaftierten Migrant*innen meist unerträglich. 5)The Intercept: Joe Biden’s Plans for Latin America Fall Short; Artikel vom 18.04.2020 6)amerika21: Migranten in Mexiko: Erst eingesperrt, dann ausgesetzt; Artikel vom 31.07.2020 7)SPIEGEL: Joe Biden lässt Zustände an Grenze nach Mexiko prüfen; Artikel vom 13.03.2021
Es bedarf einer Abkehr von der Einwanderungspolitik seiner Vorgänger
Die Ankündigung der neuen US-Regierung, auf eine offenere Einwanderungspolitik hinzuarbeiten, sowie die Situation an der US-mexikanischen Grenze lösen zu wollen, schlug zunächst große Wellen. Sie weckte die Hoffnung vieler, die wiederholt ausgewiesen oder an der Grenze von ihren Familien getrennt wurden. Erste Schritte in Richtung dieser Bestrebungen wurden bereits mit dem Stopp des Mauerbaus und neuen Regelungen gemacht, die verhindern sollen, dass unbegleitete Minderjährige wieder in ihre Herkunftsländer zurückgeschickt und von ihren Eltern getrennt werden. Weitere Versprechungen bezüglich einer humaneren Migrationspolitk stehen jedoch noch leer im Raum. Im Großen und Ganzen betrachtet hält die Biden-Administration wie ihre Vorgänger weiterhin an der Abschottung zu Lateinamerika fest. Der ehemalige US-Präsident Trump setzte sich aktiv für ein restriktives Grenzregime ein und anders verhielt es sich auch nicht mit Obama. 8)SPIEGEL: Kamala Harris warnt Migranten vor Reise in die USA: „Kommt nicht hierher“; Artikel vom 08.06.2021 9)The Intercept: Joe Biden’s Plans for Latin America Fall Short; Artikel vom 18.04.2020 10)Deutsche Welle: Wie die USA Einwanderung verhindern wollen; Artikel vom 09.06.2021
Während dessen Regierungszeit mit Vizepräsident Joe Biden wurden in den Jahren 2014 und 2015 so viele Migrant*innen deportiert, wie unter kaum einer anderen Regierung. Die Aussichten von Millionen auf einen sicheren Aufenthaltsstatus waren nie so gering wie in diesen Jahren. Die USA gründeten unter der Leitung von Biden gemeinsam mit dem lateinamerikanischen Dreiländereck Honduras, Guatemala und El Salvador die sogenannte Alliance for Prosperity, um gegen Fluchtursachen vorzugehen und die Migrationswellen aus den Nachbarländern einzudämmen. Ein Projekt, das mit seinem Namen zunächst eine fortschrittliche Entwicklungspolitik verspricht, am Ende jedoch nur auf die Externalisierung der Grenzen baut – mitfinanziert von den USA. Flüchtlinge sollen schon vor ihrer Grenze, in Guatemala und spätestens in Nordmexiko aufgefangen werden. Im Gegenzug für den verstärkten Grenzschutz werden Gelder für Kontrollen und Sozialprogramme sowie US-Militär zur Ausbildung von Grenzpersonal geschickt. Immer wieder tauchten in den vergangenen Jahren Berichte über Militärs und Polizei in Südmexiko auf, die hart gegen mittelamerikanische Migrant*innen an der Grenze vorgingen und in zahlreiche Menschenrechtsverletzungen verwickelt waren. 11)The Intercept: Joe Biden’s Plans for Latin America Fall Short; Artikel vom 18.04.2020 12)NPLA: El Salvador, Guatemala, Honduras, Mexiko, Mittelamerika, USA: Bekämpfung von Migrationsursachen durch die „Allianz für Wohlstand?“, Artikel vom 22.12.2015 13)Der Tagesspiegel: Das Erbe Barack Obamas – Vonder Hoffnung der Latinos zum „Ober-Abschieber“; nicht mehr verfügbar
Durch seine Vizepräsidentschaft und große Unterstützung Obamas färbt auch die restriktive Einwanderungspolitik des ehemaligen Präsidenten auf Joe Biden ab. Wie in den Vorjahren bereits angekündigt, plant dieser, die alten Muster wiederaufzunehmen – oder mit anderen Worten: “The only thing I know is I ain’t changing my brand.” Bleibt nur zu hoffen, dass er sich mit den schwankenden Herausforderungen an der Grenze auch neuen Perspektiven und einem Neuanfang in der Migrationspolitik stellt.
Fußnoten und Quellen:
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