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Was bringt Menschen dazu, ihre Heimat zu verlassen und ein besseres Leben zu suchen? | Bild: © earthlink e.V. [alle Rechte vorbehalten] -
USA tragen Mitverantwortung an der Lage in Somalia
Während Somalia in der Weltöffentlichkeit eher weniger Aufmerksamkeit erregt, ist das Land unter Juristen sehr bekannt. Wenn es im Völkerrecht darum geht, was einen Staat auszeichnet, dann ist Somalia immer das Musterbeispiel für ein Gebilde, das eben kein Staat ist. Häufig fällt dann der Begriff „failed state“. Doch was macht Somalia zu einem gescheiterten Staat?
Die Lage in Somalia ist chaotisch
Seit Jahren schon hat Somalia einen gesicherten Platz in den Top 3 der gescheiterten Staaten und zu oft hat das Land am ostafrikanischen Horn den ersten Platz belegt. Diesen Status hat Somalia seit dem Zusammenbruch des Zentralstaates 1991 inne. Seitdem kämpfen unterschiedlichste Gruppen um die politische und wirtschaftliche Macht. So verübt beispielsweise die Terrororganisation al-Shabaab seit Jahren Anschläge im Land. Diese Miliz wurde durch AMISOM (Militärmission der Afrikanischen Union) vertrieben, nachdem al-Shabaab durch die Verhinderung von Hilfeleistungen im Jahr 2011 eine Hungersnot auslöste, die 260.000 Menschen das Leben kostete. Zu Anschlägen kommt es jedoch heute noch.
Hungersnöte werden gegenwärtig durch klimatisch bedingte Dürreperioden und Heuschreckenplage verursacht. Hinzu kommen die Regionen des Landes die untereinander verstritten sind. Besonders die Spannungen zwischen Somaliland, Galmudug und Puntland sind kräftezerrend. An dieser Stelle zeigt sich erneut das Unverständnis der Kolonialmächte über regionale Gegebenheiten bei der Grenzziehung. Im Fall von Somalia wurden ehemalige britische und italienische Kolonien zum heutigen Territorium zusammengefügt. Hinzu kommt, dass sich Somaliland seit dem Zusammenbruch 1991 als eigenen, von Somalia unabhängigen Staat, betrachtet. Das ehemals italienische Kolonialgebiet, dass nicht mehr zu Somalia gehören will, macht die Selbstfindung des Staates Somalia als Nation endgültig unmöglich. 1)World Population Review: Failed States 2021; zuletzt aufgerufen am 05.05.2021 2)Bundeszentrale für politische Bildung: Somalia; Artikel veröffentlicht am 30.11.2021
Der amerikanische War on Terror destabilisiert Somalia
Die Tatsache, dass die Lage am Horn von Afrika so chaotisch ist, hat jedoch bei Weitem nicht nur mit Selbstverschulden zu tun. Auch die USA haben in Somalia mitgemischt. Um die Interessen der Vereinigten Staaten dort zu verstehen, muss man wie so häufig am 11. September 2001 beginnen. Wie auch schon beim „War on Drugs“ haben sich die USA seitdem dem „War on Terror verschrieben“. Demnach handle es sich bei Ländern wie Irak oder Iran, um Staaten, die der westlichen Hemisphäre schaden wollen. Im Laufe der Präsidentschaft beschwörte US-Präsident George W. Bush Jr. immer wieder die angebliche „Achse des Bösen“ und legitimierte so illegale Kriege im Nahen Osten. Unter dem Vorwand der Terrorismusbekämpfung töteten amerikanische Streitkräfte tausende von Zivilisten, zerstörten die gesamte Infrastruktur und sichertn ihre eigenen Interessen an den im Nahen Osten vorkommenden Ressourcen ab. Auch in Afghanistan wurden ganze Landstriche dem Erdboden gleich gemacht, um Terrororganisationen wie Al Quaida zu bekämpfen. Die militärischen Interventionen im Irak oder Afghanistan sind hierbei weitestgehend bekannt. Doch auch in Somalia haben die USA einen riesigen militärischen Aufwand betrieben, um Angehörige von Al Quaida ausfindig zu machen. Hierfür wurden Warlords als Söldner eingesetzt, die die Verfolgung der wenigen Terroristen aufnahmen, während die USA beispielsweise die Küsten bewachten. So kamen Berichte auf, wonach einige Warlords den US-amerikanischen Soldaten nicht nur sprichwörtlich, sondern tatsächlich den Kopf einiger gesuchter Personen brachten. Auch von brutalen Foltermethoden ist die Rede. Körperliche und psychische Gewalt waren von 2001 bis 2016 an der Tagesordnung. Gefangene wurden teilweise gefoltert, indem man Elektroschocks über die Hoden durchführte. Zudem wurden die Warlords finanziell und militärisch unterstützt. Dies geschah teilweise sogar unter dem Deckmantel von Charities. Ebenfalls wurden Belohnungen in Millionenhöhe für Informationen zu Terroristen von al-Shabaab ausgesetzt. So hat die USA in Somalia zu einer breiten Warlord-Szene überhaupt beigetragen. Diese Warlords haben aber sicherlich nicht nur im Interesse der USA gehandelt, sondern auch eigene Interessen, mit den ihnen zur Verfügung gestellten Ressourcen, verfolgt. Waren es anfangs nur einige Terroristen im Land, so haben die USA mit dem Einsatz von Warlords zu einem weitreichenden Konflikt zwischen Terrormilizen und Warlords geführt, der auf dem Rücken der Zivilbevölkerung ausgetragen wurde. Von willkürliche Verhaftungen, Vergewaltigungen und Zwangsrekrutierung von Kindern ist die Rede. Effizienter lassen sich Fluchtursachen kaum schaffen. 3)Jeremy Scahill: Dirty Wars; 2013 4)The Bureau of Investigative Journalism: Somalia: Reported US covert actions 2001-2016; nicht mehr verfügbar 5)UNO Flüchtlingshilfe: Flüchtlingssituation in Somalia; zuletzt aufgerufen am 07.05.2021
Ein normales Leben in Somalia ist nicht mehr möglich
Insgesamt haben die USA also enorm zu den Unruhen in Somalia beigetragen und den Terrororganisationen vor Ort in die Karten gespielt. Außerdem tragen sie nicht nur mit ihren Methoden in Somalia, sondern generell auch in den anderen betroffenen Staaten stets zur Radikalisierung zivilgesellschaftlicher Gruppen bei. Somit haben die USA mit ihrem „War on Terror“, der ohne Rücksicht auf Verluste durchgeführt wurde, erst das Erstarken von Terrororganisation wie Al Quaida oder dem IS bedingt. Der „War on Terror“ ist ein kontraproduktives Instrument, dass lediglich Gefahr läuft, einen zerstörerischen Kreislauf aus Krieg und Terror zu verursachen, der sowohl in der westlichen Hemisphäre als auch im Nahen Osten und in Afrika Menschenleben fordern wird.
Zusammenfassend war der Einsatz in Somalia unnötig. Zudem lässt sich der Nutzen, den die USA aus der Mission ziehen wollte nicht erkennen. Am Ende liegt das Hauptaugenmerk nämlich auf den hohen Kosten. In Somalia hat man einen funktionsunfähigen Staat hinterlassen. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich der Staat mit neu aufkommenden Problemen wie dem Klimawandel bald wieder aufrappeln kann, ist nicht sonderlich hoch. Deswegen ergreifen Teile der Bevölkerung verständlicherweise die Flucht. Die Zahlen bestätigen das auch. So waren alleine im Jahr 2019 über 900.000 Menschen außerhalb ihres Landes auf der Flucht, was Somalia auf Platz sechs der Herkunftsländer für flüchtenden Menschen bringt. Hinzu kommen über 2 Millionen Binnenvertriebene und das in einem Land mit gerade mal 15 Millionen Einwohner. Die wichtigsten Zielländer sind hierbei Griechenland, Kenia und Frankreich und auf dem zweiten Platz hinter Uganda auch Deutschland. 6)UNO Flüchtlingshilfe: Flüchtlingssituation in Somalia; zuletzt aufgerufen am 07.05.2021 7)Laenderdaten.info: Asylanträge und Flüchtlinge aus Somalia; zuletzt aufgerufen am 07.05.2021
Fußnoten und Quellen:
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