![Die Schattenpandemie trifft vor allem die Frauen | Bild: "KSR_6493 copy" © UN Women/M R Hasan [CC BY-NC-ND 2.0] - flickr Schattenpandemie erhöht Fluchtursachen Die Schattenpandemie trifft vor allem die Frauen | Bild: "KSR_6493 copy" © UN Women/M R Hasan [CC BY-NC-ND 2.0] - flickr](https://www.fluchtgrund.de/files/2021/05/48857188428_6f55a9b0fd_c-713x476.jpg)
Die Schattenpandemie trifft vor allem die Frauen | Bild: "KSR_6493 copy" © UN Women/M R Hasan [CC BY-NC-ND 2.0] - flickr
Schattenpandemie erhöht Fluchtursachen
Die Corona-Pandemie erzeugt weltweit viel Leid. Vieles davon ist offensichtlich, doch so manche Folge bleibt im Schatten verborgen. So stieg die Gewalt gegen Frauen und Mädchen in Madagaskar, Mosambik, Sambia, Simbabwe und Südafrika durch die COVID-19-Pandemie. Allein innerhalb der ersten elf Tage des Lockdowns in Simbabwe wurden 764 Fälle von geschlechtsspezifischer Gewalt registriert. Im Juni letzten Jahres waren es rund 2.000 mehr. Weltweit sind knapp die Hälfte der Flüchtenden weiblich. Oftmals fliehen sie vor Gewalt, auch vor Häuslicher. Formen sexualisierter Gewalt sowie Diskriminierung wegen des Geschlechts gelten seit 2002 als geschlechtsspezifische Verfolgung. 2008 hat der UN-Sicherheitsrat die UN-Resolution 1820 verabschiedet, welche vor solch einer Gewalt schützen soll. Trotzdem fehlt es grundsätzlich an politischem Willen wirksame Maßnahmen zu ergreifen. Beispielsweise bei zivilen Auslandsmissionen der EU. Es gibt genügend Skandale zu sexualisierter Ausbeutung durch Angehörige der UN- und Nato-Truppen, die zeigen, wie dringlich es ist, das zuständige Personal zum Thema zu sensibilisieren. 1) Heimatkunde: Warum Frauen fliehen; Ursachen, Bedingungen und politische Perspektiven; Artikel vom 08.03.2018
„Es ist erschütternd, dass während der Corona-Pandemie für viele Frauen und Mädchen im südlichen Afrika das eigene Zuhause der gefährlichste Ort ist. Dies ist einfach nicht zu entschuldigen. Die Staats- und Regierungschefs der Entwicklungsgemeinschaft des südlichen Afrikas (SADC) müssen den Schutz von Frauen vor geschlechtsspezifischer und häuslicher Gewalt sowie deren Prävention als integralen Bestandteil der nationalen Strategien bei Pandemien und anderen Notfällen verankern“, fordert Deprose Muchena, Regionaldirektor für das östliche und südliche Afrika bei Amnesty International. 2) Amnesty International : Corona-Krise im südlichen Afrika; Der gefährlichste Ort für Frauen und Mädchen ist das eigene Zuhause; Artikel vom 09.02.2021
Um zu begründen, wo Häusliche Gewalt ihren Ursprung hat, ist bereits der Ablauf von Meldungen dieser zu betrachten. Oftmals herrscht gerade im südlichen Afrika ein mangelndes Vertrauen in das Strafrechtssystem, welches nicht zuletzt von den Reaktionen der Behörden kommt, wenn die Opfer von häuslicher Gewalt Anzeige erstatten. Sie reagieren nämlich gar nicht. Unter dem Vorwand, dass dies „Familienangelegenheiten“ seien und keine Straftaten. Nicht nur in diesem Umfeld aber herrscht ein patriarchalischer Zustand. Oft müssen die bereits traumatisierten Frauen fürchten, von der gesamten Gesellschaft ausgegrenzt zu werden, wenn sie durch Beschwerden aus den „traditionellen Geschlechterrollen“ ausbrechen. Diese toxischen Stereotype sind das Grundproblem für die Intensität an Gewalt gegen Frauen, da sie suggerieren, dass Frauen sich Männern grundsätzlich unterzuordnen haben. „Die sozialen Normen und Standards sind so schwach, dass Frauen einfach getötet, vergewaltigt, verprügelt und entsorgt werden. Das Land befasst sich nicht gut genug damit und übt nicht genug Druck aus, um auf die Gleichstellung der Geschlechter in diesem Land hinzuwirken“, sagt Lesley Ann Foster der DW. „Es gibt nicht genug Respekt für die Würde der Frauen, für ihr Leben, für Sicherheit und Schutz.“ 3) DW: Gewalt gegen Afrikas Frauen: Die andere Pandemie; Artikel vom 03.10.2020
Daher braucht es oft lange, viel zu oft zu lange, bis Frauen den Schritt gehen, die Täter anzuzeigen.
Häusliche Gewalt gab es natürlich auch schon vor Corona. Und die Probleme, einen Missbrauch oder ähnliches zu melden bleiben auch jetzt noch bestehen. Was die Pandemie allerdings zur „Schattenpandemie“ macht, sind die geringen, bis gänzlich fehlenden Möglichkeiten für Frauen, an Hilfe zu kommen. Aufgrund des Lockdowns ist es ihnen quasi nicht möglich das Haus zu verlassen, um Schutz für sich und ggf. ihre Kinder zu suchen. In Afrika steigert sich diese Problematik noch einmal besonders durch den Impfnationalismus des globalen Nordens. Weniger als ein Prozent der afrikanischen Bevölkerung sind bisher erst geimpft, in Europa hingegen sind es bereits 17,5 Prozent. Kenia gilt als Risikogebiet, daher ist in Nairobi bereits seit mehreren Wochen ein ganzer Stadtteil abgesperrt. Würde mehr Impfstoff zur Verfügung stehen, könnte den Infektionen schneller entgegengewirkt und somit auch die Ausgangssperren und Schul- sowie Unischließungen schneller wieder aufgehoben werden. Jetzt aber sind sie wie in einem Käfig schutzlos in ihrem eigenen Zuhause gefangen -dem Ort, an dem die Betroffenen am wenigsten sicher sind. Somit zeigt sich ein weiterer Grund für die besonders kritische Lage während der Pandemie. 4) International Rescue Committee: 3 von 4 geflüchteten Frauen in Afrika berichten von Anstieg; Artikel vom 15.10.2020 5) ZDF: Bei Reisenden aus Tansania: Neue Corona-Variante in Afrika entdeckt; Artikel nicht mehr verfügbar 6) Gemeinsam für Afrika: Covid-19: Update zum Impfstatus in Afrika; Artikel von 2021
Auffällig ist ebenfalls, wie wenig auf der ganzen Welt über diese Thematik gesprochen wird. Das beginnt schon in der Schule. Wenn im Unterricht über Sexismus und seine Prävention aufgeklärt werden würde, könnte betroffenen Kindern gezeigt werden, dass man für ihre Probleme ein offenes Ohr hat und ihnen helfen kann. Ihnen würde sich dadurch sogar die Gelegenheit eröffnen, von ihrer Situation zu erzählen. Gleichzeitig könnten sich die Fälle an häuslicher Gewalt in der Zukunft mit diesem Bewusstsein zum Thema verringern, denn dem Bild der Geschlechterrollen wäre entgegengewirkt. Dies würde gerade in Afrika eine große Verbesserung bedeuten. Denn die geschlechtsspezifische Ordnung drängt viele Frauen zur Flucht in ein Land, in dem sie mehr Rechte, wie die Möglichkeiten zur Verteidigung in Form von Anzeigen gegen Häusliche Gewalt, haben. „Dafür braucht man politischen Willen. Denn es geht um die Schäden geschlechtsspezifischer Gewalt und die Kultur der Vergewaltigung“, so auch die kamerunische Journalistin Kitty Chrys-Tayl. 7) DW: Gewalt gegen Afrikas Frauen: Die andere Pandemie; Artikel vom 03.10.2020
Es gäbe also verschiedene Ansätze dieser Schattenpandemie entgegenzuwirken. Das Wichtigste Mittel wäre, offen über geschlechtsspezifische Gewalt zu sprechen. Durch das Benennen des weltweit existierenden Problems der Häuslichen Gewalt kann auch zur Verbesserung in Afrika beigetragen werden. Da auf diese Weise Frauen und Kindern eine Stimme gegeben und den Politikern die Notwendigkeit zum Handeln deutlich gemacht wird. Denn jede*r hat das Recht auf physisches und psychisches Wohlergehen. Überall. 8) Gemeinsam für Afrika: Covid-19: Update zum Impfstatus in Afrika; Artikel von 2021
Fußnoten und Quellen:
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