Unerwünscht in Mali: Bundeswehr hat Terrorismus verschärft
Über acht Jahre sind rund 1500 deutsche Soldat*innen nun schon durch die MINUSMA im Krisengebiet Mali stationiert. Doch anders als man annehmen würde, hat sich die Situation im westafrikanischen Land keineswegs verbessert. Nicht umsonst wird der Einsatz als einer der gefährlichsten weltweit bezeichnet.
Was also macht die Bundeswehr seit 8 Jahren in Mali?
„Frieden und Ordnung in Mali sichern“, die Region stabilisieren und den Terrorismus bekämpfen, so lauten die Devisen der Bundeswehr. 1) Galileo: Bundeswehr – Das Leben deutscher Soldaten in Mali; YouTube Video vom 09.12.2018 2) STIMME.de: Warum die Bundeswehr in Mali ist; Artikel vom 25.11.2018 Doch Klassenkämpfe, Bürgerkriege, Drogen- und Menschenhandel gehören noch immer zum Alltagsleiden in Mali. Gegen diese Probleme ist die Bundeswehr bisher nicht vorgegangen. Stattdessen bildet die Europäische Trainingsmission – EUTM – malische Soldaten aus, die dadurch die Fähigkeit erlangen sollen, wieder selbst für Sicherheit und Stabilität im Land zu sorgen. Nach dem Motto „train the trainer“ sollen malische Soldaten ihr Wissen wieder auffrischen und später in ihren Einheiten weitergeben. Hierbei liegen die allgemeinmilitärische und infanteristische Ausbildung sowie die Schulung von militärischen Führern im Fokus. 3) Bundeswehr: Infanteristische Ausbildung malischer Soldaten; YouTube Video vom 18.05.2017
Jedoch hilft jede Ausbildung nichts, wenn die malische Armee zu schlecht ausgerüstet ist. „Doch“, schreibt die taz, „auch das ignoriert die Bundesregierung. Sie lässt die malischen Soldaten allein auf verlorenem Posten.“ So kommt es häufig zu notgedrungenen Rückzügen des malischen Militärs. Am Ende bleibt die Zivilbevölkerung schutzlos. Mitte Februar letzten Jahres zum Beispiel haben sich malische Soldaten aus dem Dorf Ogossagou zurückgezogen, nur wenige Stunden später ermordeten Männer einer Miliz dutzende Bewohner, zertrümmerten Häuser und fackelten Getreidespeicher ab. 4) taz: Die Bundeswehr-Ausbildung in Mali: Auf verlorenem Posten; Artikel vom 29.05.2020
Ist das der richtige Weg, um einen Friedensvertrag zu wahren, um Zivilisten zu schützen?
Eben diese Frage stellen sich die Einheimischen selbst auch immer wieder. Sie wollen die ausländischen Soldaten gar nicht bei sich haben, denn sie führen nur zu mehr Unruhen und gehen falsch an die Situation ran. Das ausländische Militär hat die Lage verschlimmert. Die Menschen haben sich durch ihre Perspektivlosigkeit immer mehr radikalisiert und der Terrorismus ist nicht mehr zu kontrollieren. Die Plakataufschriften bei einer Friedensdemonstration im Sommer vergangenen Jahres lauteten:
„Nieder mit Frankreich, nieder mit MINUSMA.” „Die Bundeswehr im Ausland bringt keinen Frieden und keine Stabilität. Sie dient nur zur Verteidigung der Kapitalinteressen und der Ausbeutung von Rohstoffen und Eroberung von Märkten in aller Welt. Damit muss Schluss sein.“ 5) sozialismus.info: Nein zum Bundeswehreinsatz in Mali!; Artikel vom 08.02.2016
Warum sind die ausländischen Militärs dann aber trotz fehlendem Erfolg in Mali?
Nicht – wie es idealistisch sein sollte – der Wille, einen Krieg zu verhindern oder zu beenden ist ein Grund für ausländische Eingriffe in Krisengebiete. Meist sind wirtschaftliche Motive, die Intentionen für die „Unterstützung“ anderer Länder.
„Zur Lösung der eigentlichen Probleme in Mali tragen deutsche, französische und andere internationale Truppen nichts bei. Für die Bundesregierung ist das nachrangig. Bei dem Militäreinsatz geht es nicht um die malische Bevölkerung, sondern um ganz andere Ziele.“, so die Linke. 6) DIE LINKE.: Kein Frieden in Mali; Artikel vom 01.06.2019
Mali ist ein ressourcenreiches Land. Es stellt nicht nur den drittgrößten afrikanischen Goldproduzenten dar, auch geschätzte 5000 Tonnen Uran befinden sich dort. Der Urananteil, den die EU bezieht, stammt zu 18 Prozent aus Niger und das ist nicht weit von Mali entfernt. 7) Urantransport: 2.1 Uranabbau in Afrika; aufgerufen am 25.02.2021 Gerade Frankreich als Atommacht möchte das natürlich nicht missen. Es fürchtet schon seit Längerem, wegen islamfreundlicher Regimegegner und durch den derzeitigen politischen Umsturz den Zugriff auf das Uran zu verlieren. 8) Heidenheimer Zeitung: Deutsche Soldaten sichern französischen Uran-Nachschub; Artikel vom 09.09.2020 Somit werden die Motive für Frankreichs Bemühungen deutlich. Und auch Deutschland zeigt kapitalistisches Eigeninteresse an Ressourcen wie Phosphaten, Zink und Öl. Aber auch an Uran, was – bedenkt man, dass Deutschland bis 2022 aus dem Atomstrom austreten möchte – fragwürdig ist. 9) sozialismus.info: Nein zum Bundeswehreinsatz in Mali!; Artikel vom 08.02.2016
Ein weiteres Motiv für ausländische Einsätze in Mali ist die Sahelzone. Sie ist sozusagen eine Fluchtroute für alle Menschen, die nach Europa fliehen. Wenn Mali als sogenannter „Beruhigungsanker“ 10) sozialismus.info: Nein zum Bundeswehreinsatz in Mali!; Artikel vom 08.02.2016 also hier wieder mehr Kontrolle zur Überwachung des Gebiets gewinnen würde, müsste sich die EU nicht mehr mit so vielen Flüchtlingen auseinandersetzen.
Jedoch hat sich die Flüchtlingskrise seit dem Beginn des Einsatzes 2013 nicht gebessert. Bis 2019 waren fast 140.000 malische Flüchtlinge gezwungen, in die Nachbarländer Burkina Faso, Mauretanien und Niger zu fliehen. 11) UNHCR: Aufgrund der eskalierenden Gewalt in Mali gibt UNHCR neue Schutzrichtlinien heraus; Artikel vom 09.08.2019 Und auch die Zahl der Binnenflüchtlinge hat sich 2018 verdreifacht. 12) DIE LINKE: Kein Frieden in Mali; Artikel vom 01.06.2019
Die ökonomischen Motive der französischen Soldaten und der Bundeswehr sind mitverantwortlich für das Ausmaß, das die Krise in Mali genommen hat.
Bei der Frage, wie man die MINUSMA verändern müsste, damit eine Verbesserung anstelle einer Stagnation der Lage erzielt werden kann, antwortet Tobias Lindner der Grünen: „Also, ich bin bis zu einem gewissen Grad auch ein bisschen ratlos. Inzwischen gewinne ich den Eindruck, dass es auf keinen Fall nur über eine militärische Komponente oder nur über militärisches Engagement gehen kann. Natürlich ist es ein Problem, dass Mali relativ wenige Sicherheitskräfte hat, aber sie müssen natürlich auch im Norden versuchen, für eine zivile Entwicklung zu sorgen. Also wirklich Entwicklungshilfe, humanitäre Hilfe betreiben. Nur wenn die Menschen merken, da gibt’s was, was sich lohnt zu verteidigen, für das es sich im wahrsten Sinne lohnt dann auch zusammenzustehen, kann man natürlich auch die Ursachen von Terrorismus abgraben.“ 13) SR Mediathek: Grüne zu Bundeswehr-Einsatz in Mali: „Zweifel und Fragezeichen wachsen“; Audio vom 29.05.2020
Fußnoten und Quellen:
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