Unser Verpackungsverbrauch steigt – mit fatalen Folgen für Entwicklungsländer
Der aktuelle Bericht des Umweltbundesamtes (UBA) zeigt, dass der Verpackungsverbrauch in Deutschland seit 2010 um 20,6 Prozent gestiegen ist. 2018 wurden 18,9 Millionen Tonnen Verpackungsabfall produziert. Dies entspricht etwa 227,5 Kilogramm pro Kopf. Dabei fallen 47 Prozent auf Privathaushalte. Der Hauptgrund für den stetigen Anstieg des Verbrauchs ist neben dem Wirtschaftswachstum auch das Konsumverhalten der Bürger. So geht der Trend zu kleineren Portionen, Onlinebestellungen, Essen bzw. Trinken zum Mitnehmen, wie auch Dosier-Hilfen, wiederverschließbaren und generell aufwendigeren Verpackungen. Für dieses Jahr erwartet man weiterhin steigende Verbrauchszahlen, da aufgrund der Covid-19 Pandemie mehr Verpackungsmaterialien für Bestellungen verwendet werden.1)Umweltbundesamt: Verpackungsverbrauch weiter gestiegen; Artikel vom 27.10.2020
Dies zieht viele weitreichende Probleme mit sich: Obwohl die Deutschen, die sich gerne Weltmeister im Recyceln nennen, tatsächlich viel Müll sortieren, wird doch ein Großteil verbrannt oder landet in der Natur.
Offiziell werden 69 Prozent des gesamten Verpackungsmülles recycelt, dazu gehört auch Glas, Aluminium und Papier, deren Recycling-Quoten mit über 80 Prozent sehr gut sind. Beim Kunststoffabfall sieht es deutlich schlechter aus: Laut UBA werden nur 47,1 Prozent recycelt. 2)Umweltbundesamt: Verpackungsverbrauch weiter gestiegen; Artikel vom 27.10.2020
Diese Zahl bezieht sich aber lediglich auf die gesammelte Menge von Kunststoffabfällen bei Recyclingunternehmen und nicht auf den recycelten Kunststoff. Tatsächlich werden nämlich nur rund 15,6 Prozent des Plastikmülls in Deutschland zu Rezyklat, also dem neu aufbereiteten Kunststoff verarbeitet. Das liegt daran, dass Verpackungen oft nicht recyclebar sind, da sie aus verschiedenen Materialien bestehen. 3)Bund: Plastikatlas; Juli 2019
Der „Plastikatlas“, den die Heinrich-Böll-Stiftung und der BUND 2019 veröffentlichten, legt dar, was mit den Kunststoffabfällen in Deutschland geschieht: Über 60 Prozent davon wird energetisch verwertet, heißt der Abfall wird in Anlagen der Chemie- oder der Zementindustrie als Ersatzbrennstoff benutzt. Diese Plastikverbrennung nennt man „waste-to-energy“.4)Bund: Plastikatlas; Juli 2019
Teile des restlichen Plastikabfalls, etwa 800 Tausend Tonnen, exportiert Deutschland, ebenso wie die meisten Industrienationen, in andere Länder, wie zum Beispiel Malaysia. Das süd-ost-asiatische Land ist Spitzenreiter, was den Import von Kunststoffmüll angeht. Der Müll landet dort dann über Umwege meist in der Umwelt oder auf Verbrennungsanlagen. Obwohl der vorschriftsgemäße Verarbeitungsprozess in den Importländern keineswegs garantiert werden kann, gilt der Müll dann in Deutschland offiziell als recycelt. Das bedeutet, dass Teile des Mülls, den wir trennen und zu Recycling-Unternehmen geben, in anderen Ländern letztendlich der Umwelt schaden. 5)the nu-company: Was geschieht mit unserem Plastikmüll?; nicht mehr verfügbar 6)Bund: Plastikatlas; Juli 2019
Plastik hat sowohl in seiner Produktion als auch in seiner Entsorgung einen großen Einfluss auf den Klimawandel:
Schon durch die Gewinnung von fossilen Rohstoffen und die Weiterverarbeitung zum Kunststoffprodukt, fallen hohe Treibstoffgasemissionen an. Hinzu kommt die hohe Freisetzung von CO2, wenn Plastikabfall verbrannt wird. Ebenfalls sondert das nicht biologisch abbaubare Mikroplastik das aggressive Treibhausgas Methan ab. 7)Plastikalternative: Wie Plastik zum Klimawandel beiträgt; Artikel vom Oktober 2019
Außerdem wird durch die Verschmutzung der Ozeane die „biologische Pumpe“ angegriffen. Das heißt, die Eigenschaft des Meeres, Kohlenstoffdioxid zu binden, wird reduziert und damit der Klimawandel vorangetrieben. 8)Greenpeace: Klimakiller Kunststoff; Artikel vom 15.05.2019
Entwicklungsländer haben besonders häufig mit den Folgen zu kämpfen, da ihre geographische Lage und ihre unsicheren wirtschaftlichen und politischen Systeme es ihnen erschwert, sich gegen den Klimawandel zu stemmen und Vorsichtsmaßnahmen zu treffen. Die Auswirkungen der globalen Erwärmung, wie extreme Wetterbedingungen und Naturkatastrophen treffen sie besonders hart. Durch den Anstieg des Meeresspiegels wird der Lebensraum von Mensch und Tier bedroht. Dürren und Überflutungen führen zu Ernteausfällen und Trinkwasserknappheit und somit zu Armut und Hungersnöten.
Der von uns produzierte Plastikmüll wirkt sich aber auch direkt auf die Lebensgrundlage und die Gesundheit der Einwohner der Länder aus:
Unter den wachsenden Müllkippen und der damit verschmutzten Natur leiden die Bewohner der Entwicklungs- und Schwellenländer enorm. Gewässer und Böden werden verseucht, Ernten fallen aus und das Leben vieler Meerestiere wird bedroht. So verlieren sowohl Bauern als auch Fischer ihre Lebensgrundlage. Darüber hinaus gefährden die Menschen, die an Mülldeponien leben und arbeiten, ihre Gesundheit durch die hoch toxischen Gase, die bei der Verbrennung entstehen. Die Giftstoffe können verschiedene Krankheiten wie zum Beispiel Stoffwechselerkrankungen und Krebs hervorrufen. Dies gilt auch für Mikroplastik, das über Fische in unsere Nahrungsmittelkette und so in unseren Körper gelangt.
Es muss einen Wandel in der Verpackungsindustrie, unserem Konsumverhalten, der Recycling-Politik und unserem Bewusstsein stattfinden: Auf Verpackungen sollte möglichst ganz verzichtet werden. Sind sie dennoch notwendig, müssen aus hochwertigen Materialien bestehen, die einfach und kostengünstig zu recyclen sind, sodass sie mehrfach verwendbar sind. Wiederverwendbare Lebensmittelbehälter sowie Kaffeebecher müssen zur Gewohnheit werden. Einmalplastik muss weitgehend vom Markt genommen werden. Der gesamte Verpackungsmüll, der in Deutschland anfällt, muss hier auch verarbeitet werden. 9)Deutsche Welle: Wieso deutscher Müll eben doch im Meer landet; Artikel vom 24.01.2019
Ein erster Schritt wurde getätigt: Seit 2019 gilt ein neues Verpackungsgesetz, das unter anderem eine höhere Recyclingquote von 58,5 Prozent vorschreibt. 2022 soll sie auf 63 Prozent steigen. 10)Tagesschau: Immer mehr Verpackungsmüll; Artikel nicht mehr verfügbar
Fußnoten und Quellen:
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