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Was bringt Menschen dazu, ihre Heimat zu verlassen und ein besseres Leben zu suchen? | Bild: © earthlink e.V. [alle Rechte vorbehalten] -
EU-Handelsabkommen mit Mercosur: Eine Gefahr für Mensch und Umwelt
Am 28. Juni 2019 einigten sich die EU und das südamerikanische Bündnis Mercosur nach fast 20 Jahren teils zähen Verhandlungen auf ein Freihandelsabkommen. Der damalige EU-Komissionschef Claude Juncker sprach von einem „historischen Moment“. Die größte Freihandelszone der Welt mit potenziell 776 Millionen Konsumenten ist tatsächlich aber wohl nichts anderes, als die Stärkung der Starken und die Schwächung der Schwachen. Eine aktuelle Studie von Greenpeace, dem katholischen Hilfswerk Misereor und DKA warnt vor gravierenden ökologischen und menschenrechtlichen Folgen. Ein Grundproblem, auf dem alle weltweiten internationalen Handelsabkommen gründen oder das zumindest aus ihnen resultiert.
Die zollbegünstigten Einfuhrquoten der EU aus dem Mercosur würden durch das neue Abkommen für Rind- und Hühnerfleisch um die Hälfte, für Bioethanol auf Zuckerrohrbasis sogar um das Sechsfache ansteigen. Durch die Halbierung von Exportabgaben würden auch argentinische Sojaexporte zunehmen. Die damit einhergehende Expansion von Zuckerplantagen, Sojafeldern und Weideflächen sind Haupttreiber von Waldzerstörung, Landvertreibung indigener Völker und Menschenrechtverletzungen. Im Amazonas sind die ersten Feuer bereits wieder ausgebrochen, in Kürze wird sich die Welt mit einer erneuten gigantischen Waldbrandkatastrophe konfrontiert sehen. Der brasilianische Präsident Jair Bolsonaro ist der Schrecken des Regenwalds – einen Deal mit ihm Abzuschließen, der die Umwelt und Menschenrechte nicht ausreichend schützt, ist untragbar. Deutschland übernimmt am 1.Juli die EU-Ratspräsidentschaft, eine große Chance für die Bundesrepublik den EU-Handel in eine faire Richtung zu lenken. „Wenn Frau Merkel als Ratspräsidentin für besseren Klimaschutz eintreten will, darf sie den Deal mit Bolsonaro nicht zulassen. Der Abschluss wäre nicht nur eine klimapolitische Bankrotterklärung der EU, sondern würde gleich zu Beginn der Ratspräsidentschaft einen völligen Vertrauensverlust in die Versprechen Angela Merkels bedeuten“, so Martin Kaiser, Geschäftsführer von Greenpeace Deutschland.
Die Sojaanbaufläche im Mercosur, die für Exporte in die EU belegt wird, beläuft sich auf circa 13 Millionen Hektar – ein Drittel der Fläche Deutschlands, aber nur 13 Prozent der EU-Sojaimporte gelten als entwaldungsfrei. Der Handelsvertrag enthält keine Vereinbarung über eine Ökologisierung des Sojaanbaus oder eine Reduktion des Handels mit Soja. Stattdessen finden sich Klauseln, die den Absatz des Futtermittels in der EU noch verbilligen. Der Fleischimport aus Südamerika in die EU soll sich durch das Abkommen in den nächsten fünf Jahren verdreifachen. Muss Nahrung für Mensch und Tier wirklich 12.000 Kilometer zurücklegen? Die berechtigte Kritik an diesem und allen anderen Freihandelsabkommen lautet: Naturressourcen und Arbeitskräfte werden billiger, aber am Ende gewinnt niemand außer dem großen Kapital. Für die Volkswirtschaften der südamerikanischen Staaten kann das zur Bedrohung werden. Seit mehr als fünf Jahren gibt es EU-Abkommen mit Peru und Kolumbien, dort haben die Vereinbarungen hauptsächlich zu einer weiteren Deindustrialisierung und einer Verschärfung der negativen ökologischen und sozialen Folgen geführt. Und so verhält es sich mit allen internationalen Freihandelsabkommen. Anstatt ein Sprungbrett zu sein, dienen sie den reichen Industriestaaten dazu Entwicklungs- und Schwellenländer bei der Gestaltung der internationalen Handelsbeziehungen auszugrenzen und gehen zu wenig auf die Interessen des Globalen Südens ein. Aktuell tut der Welthandel das, was er eigentlich nicht tun sollte: Schaden anrichten. Eine gerechtere Ökonomie könnte Armut bekämpfen. Im südamerikanischen Raum wird das Mercosur-Abkommen vor allem für Argentinien gefährlich werden. Das Land steht vor der größten Staatspleite der Geschichte. Ihr bisheriger Hauptabsatzmarkt ist Brasilien, der die Deal mit der Europäischen Union würde starke Konkurrenz bedeuten.
In Österreich hatte bereits im September der EU-Unterausschuss im Nationalrat gegen die Vereinbarung votiert und somit die Regierung zu einem Nein auf EU-Ebene verpflichtet. Das Abkommen wäre so blockiert, denn Entscheidungen im EU-Rat müssen einstimmig erfolgen. In Frankreich, den Niederlanden, Irland und Belgien kündigten Parlamente oder Regierungen ebenfalls Widerstand an. Das deutsche Bundeswirtschaftsministerium lobt den Deal bisher nur. Der endgültige Vertragstext wird aktuell noch ausformuliert, danach müssen ihn alle Beteiligten ratifizieren, das wird noch dauern. Es bleibt also noch Zeit das Richtige zu tun. 1) taz blogs: Das EU-Mercosur-Abkommen: Ein langer Weg; Artikel vom 29.06.2020 2) epo: Mercosur-Abkommen: Geplanter EU-Handelsdeal gefährdet Klima und Menschenrechte; Artikel vom 23.06.2020 3) Süddeutsche: Freihandelsabkommen: Eine Chance, trotz allem; Artikel vom 29.06.2019 4) Brot für die Welt: Welthandel: Ein gerechter Welthandel kann Armut beheben; Zuletzt aufgerufen am 01.07.2020
Fußnoten und Quellen:
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