Sig Sauer exportierte illegal Waffen nach Mexiko
Mehr als 60.000 Menschen gelten in Mexiko als verschwunden. Im Kampf gegen die Mafia nehmen Soldaten aber auch immer wieder Zivilisten ins Visier – mit deutschen Waffen. Darunter auch Jose Luis Bautista Carrillo. Der 32-Jährige wurde im Zuge der Durchsuchung eines Schrottplatzes in Nuevo Laredo von Marineeinheiten verschleppt. Die Attacke auf dem Schrottplatz fand mit deutscher Beteiligung statt, denn ausgerüstet waren die Einheiten mit Gewehren des deutschen Waffenherstellers Sig Sauer. Außerdem fallen einem ARD-Journalisten bei einem Dreh in Mexiko Pistolen an den Hüften von Soldaten vor dem Präsidentenpalast auf. Auf den Waffen steht: „Made in Germany“. 1)Amnesty International: Wo eine Waffe ist, ist auch ein Weg: Artikel vom 1.4.2020 2)Tagesschau: Drogenkrieg mit deutschen Waffen: Artikel nicht mehr verfügbar
Dabei hat die Bundesregierung Sig Sauer seit dem Jahr 2000 keine Waffenausfuhr mit Endziel Mexiko mehr genehmigt, seit 2010 wurde generell keine Exportgenehmigung für Kampfgerät erteilt. Das mexikanische Verteidigungsministerium hingegen bezieht die Waffen von Sig Sauer USA, der Schwesterfirma des deutschen Unternehmens. Diese werden aber in ganz Mexiko verteilt, auch in Gebiete, die stark von Menschenrechtsverletzungen betroffen sind. Die Bundesregierung ordnet diese Regionen als besonders kritisch ein. Soldaten, Polizei und Beamte sind in Mexiko vielerorts in illegale Geschäfte verwickelt und mit den Waffen ausgestattet. Schon mindestens 36 Menschen sind nach einer Konfrontation mit Soldaten verschwunden. 3)Amnesty International: Wo eine Waffe ist, ist auch ein Weg: Artikel vom 1.4.2020 4)Tagesschau: Drogenkrieg mit deutschen Waffen: Artikel nicht mehr verfügbar
Ein lukratives Geschäft
Seit 2011 ist der Waffenexport von Sig Sauer USA nach Mexiko stark angestiegen. Weil die Konkurrenz von Heckler & Koch nicht mehr dorthin liefern durfte, habe Sig Sauer einfach den Markt übernommen, so der US-Rüstungskritiker John Lindsay Poland. Heckler & Koch hatte zwischen 2006 und 2009 illegal Waffen nach Mexiko exportier und wurde 2019 zu mehrere Millionen Euro Bußgeld verurteilt. Die amerikanische Regierung erlaubte Sig Sauer bis 2024 den Verkauf von Waffen im Wert von 266 Millionen US-Dollar nach Mexiko, das entspricht einer Stückzahl von bis zu 400.000. 5)Amnesty International: Wo eine Waffe ist, ist auch ein Weg: Artikel vom 1.4.2020 6)Tagesschau: Drogenkrieg mit deutschen Waffen: Artikel nicht mehr verfügbar 7)Zeit: Waffenhersteller für Exporte nach Mexiko verurteilt: Artikel vom 21.2.2019
Illegaler Waffenexport
Obwohl die USA den Export genehmigt haben, bleibt die Legalität des Waffengeschäfts zweifelhaft. Entscheidend sei die sogenannte „Endverbleibserklärung“. Arnold Wallraff, der ehemalige Präsident des Bundesausfuhramtes (BAFA) geht davon aus, dass die Bundesregierung eine Ausfuhrgenehmigung für den Export deutscher Waffen nach Mexiko hätte ausstellen müssen. Laut Bundeswirtschaftsministerium wurde diese aber nicht erteilt.
Erlaubt hat die Bundesregierung aber mehrere Technologietransfers an Sig Sauer USA. Die Vereinigten Staaten gestatteten Sig Sauer auch eine Lizenz, die es dem Unternehmen ermöglicht, Waffen in Mexiko zu produzieren. Darunter fallen auch Gewehre und Pistolen, die eigentlich in Deutschland gefertigt wurden. Sigmar Gabriel, als ehemaliger Bundeswirtschaftsminister hauptverantwortlich für die Rüstungsexportkontrolle, äußerte sich auf Anfrage der ARD folgendermaßen: „Wenn eine Lizenz-Fertigung genehmigt ist, dann ist die Produktion für den Standort genehmigt, in diesem Fall die USA, an dem die Produktion stattfindet, und nicht der Export. Der Export müsste dann wieder bei uns genehmigt werden.“ Der weiterführende Export nach Mexiko von Waffen, die mittels deutscher Technologie in den Vereinigten Staaten gefertigt wurden, ist deswegen illegal. 8)Tagesschau: Drogenkrieg mit deutschen Waffen: Artikel nicht mehr verfügbar
Sig Sauer war schon 2019 in einen illegalen Waffenexport verstrickt. Der deutsche Konzern lieferte 37.000 Pistolen an das ehemalige Bürgerkriegsland Kolumbien, die laut Erklärung eigentlich für die USA vorgesehen waren. Das Landgericht Kiel sprach gegen die Geschäftsführer von Sig Sauer in Deutschland und in den USA Bewährungs- und Geldstrafen aus. Noch während gegen die Unternehmen wegen illegalen Waffenexports ermittelt wurde, sollen weiter Waffen nach Kolumbien verkauft worden sein. Auch nach der Entscheidung des Landgerichts Kiel hätte Sig Sauer laut ARD-Recherchen weitere 10.000 Pistolen an das südamerikanische Land geliefert. 9)Amnesty International: Wo eine Waffe ist, ist auch ein Weg: Artikel vom 1.4.2020 10)Tagesschau: Drogenkrieg mit deutschen Waffen: Artikel nicht mehr verfügbar 11)Spiegel: Sig Sauer soll Waffen illegal nach Mexiko verkauft haben: Artikel vom 1.4.2020
Weil auch Soldaten und Polizisten in illegale Machenschaften eingebunden sind, ist der Export von deutschen Waffen höchstproblematisch. 2019 sind über 36.000 Menschen in Folge von Drogenkriminalität getötet worden. Außerdem bilden sich immer mehr Banden, die die Bevölkerung terrorisieren. Der mexikanischen Regierung entgleitet die Lage immer mehr. Dabei kann nicht garantiert werden, dass deutsche Waffen nicht in den Besitz von Drogenkartellen kommen. Auf der Flucht vor Gewalt und Drogenkriminalität haben seit 2011 etwa 10.000 Menschen Asyl in den USA beantragt. 12)Tagesschau: „Totalitarismus des organisierten Verbrechens“: Artikel nicht mehr verfügbar 13)Amnesty International: USA-Mexico border – ‘We witnessed the eerie calm before the storm’: Stand heute, 16.6.2020
Fußnoten und Quellen:
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