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Was bringt Menschen dazu, ihre Heimat zu verlassen und ein besseres Leben zu suchen? | Bild: © earthlink e.V. [alle Rechte vorbehalten] -
Kommt das Ende der letzten Kolonialwährung der Welt?
Schon vier Mal wurde es angekündigt, und viermal ist nichts passiert. Doch nun soll er endlich kommen: Der „Eco“. Eine Gemeinschaftswährung für Westafrika. Wenn er 2020 tatsächlich eingeführt wird, bedeutet das für acht der 14 Länder nicht nur einen Währungswechsel, sondern auch, 60 Jahre nach ihrer Unabhängigkeit, das Ende des CFA-Franc. 1) BBC: West Africa’s eco: What difference would a single currency make?; Artikel vom 06.07.2019
Wie der Name „Franc“ schon vermuten lässt, handelt es sich dabei um ein Relikt aus den Zeiten des französischen Kolonialreiches. 14 afrikanische Staaten, die meisten davon ehemalige französische Kolonien, bilden die CFA-Franc-Zone. Diese Zone ist noch einmal unterteilt: In acht Ländern zahlt man mit dem westafrikanischen CFA-Franc, in sechs mit dem zentralafrikanischen (s. Karte unten). Das System ist hochumstritten. Für viele Menschen ist der CFA-Franc die letzte Kolonialwährung der Welt. 2) DW: Währungsunion: Der CFA-Franc: Eine Währung, die polarisiert; Artikel vom 24.05.2019
Hauptkritikpunkt ist die Tatsache, dass die 14 Staaten bis heute von der ehemaligen Kolonialmacht abhängig sind. Der Kurs des CFA-Franc ist nämlich an den Euro gekoppelt. Die afrikanischen Regierungen haben also keinen Einfluss auf den Wechselkurs ihrer eigenen Währung. Befürworter weisen darauf hin, dass dadurch keine ungebremste Inflation stattfinden kann. Für sie bedeutet der CFA-Franc Stabilität. Doch eine künstlich stark gehaltene Währung fördert Importe und macht Exporte schwierig. Die Folge: In den betroffenen Ländern kommt keine richtige Industrialisierung zu Stande. Darüber hinaus müssen die Regierungen über die Hälfte ihrer Devisen an die französische Zentralbank zahlen. Auf das Geld haben sie dann keinen Zugriff mehr. Frankreich verfügt außerdem ein Vetorecht bei jeglichen Entscheidungen der CFA- Zentralbanken. 3) DW: Währungsunion: Der CFA-Franc: Eine Währung, die polarisiert; Artikel vom 24.05.2019 4) Süddeutsche Zeitung: Währungen: Franc und frei; Artikel vom 01.08.2019
Profiteure des Systems sind vor allem die Eliten in West- und Zentralafrika. Und natürlich die ehemalige Kolonialmacht selbst. Doch dafür bleibt eine wirtschaftliche Entwicklung aus und ein Großteil der Bewohner kann sich aufgrund der hohen Zinssätze keine Kredite leisten. 5) DW: Währungsunion: Der CFA-Franc: Eine Währung, die polarisiert; Artikel vom 24.05.2019
Seit die meisten französischen Kolonien 1960 ihre Unabhängigkeit erlangten, gibt es Bestrebungen, den CFA-Franc abzuschaffen. Doch das ist nicht so einfach. Guinea, Mali, Madagaskar und Mauretanien traten bald aus der Währung aus, daraufhin rutschte ihre Wirtschaft in den Keller. Mali kehrte wenige Jahre später wieder ins CFA-System zurück. Mittlerweile denkt niemand mehr an einen einfachen Austritt. Dafür streben viele Staaten eine andere Möglichkeit an: Eine gemeinsame afrikanische Währung als Ersatz für den aus Europa gesteuerten Franc. Seit Jahrzehnten ist diese Option im Gespräch. Doch die Verhandlungen zwischen den Regierungen scheiterten immer wieder. Mal lag es an unterschiedlichen Vorstellungen von der Zusammenarbeit, mal an wirtschaftlichen Differenzen, mal waren es Streitigkeiten untereinander. Viele Politiker haben auch garnichts gegen den CFA-Franc. Sie selbst profitieren nämlich von dem System. Ursprünglich war die Einführung der neuen Gemeinschaftswährung mit dem Namen „Eco“ für 2003 geplant. Doch der Termin musste immer wieder verschoben werden. 6) DW: Finanzpolitik: Westafrika: Zähes Ringen um die Einheitswährung; Artikel vom 30.06.2019 7) BBC: West Africa’s eco: What difference would a single currency make?; Artikel vom 06.07.2019

Die Staaten des zentralafrikanischen CFA-Franc (rot) und die des westafrikanischen CFA-Franc (orange). Den Eco werden die Mitglieder des West-CFA und die sechs westafrikanischen Staaten mit zuvor eigener Währung (blau) verwenden. | Bild: © own work
Nun scheint die neue Währung aber auf einmal in greifbarer Nähe. Am 21. Dezember 2019 verkündeten Alassane Ouattara, der Präsident der Elfenbeinküste, und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron einen konkreten Plan über das Ersetzen des CFA-Franc. Einen Tag danach unterzeichneten die Finanzminister der betroffenen Staaten ein Abkommen über die Einführung des Eco. Und vor wenigen Tagen stimmte das französische Kabinett dem eigenen Rückzug aus dem CFA-Franc zu. 2020 soll es endlich soweit sein. Nicht nur die acht Länder des West-CFA-Francs, Senegal, Guinea-Bissau, Mali, Elfenbeinküste, Burkina-Faso, Niger, Togo und Benin, sollen die neue Währung bekommen, sondern auch die sechs anderen Länder Westafrikas. Nämlich Gambia, Guinea, Liberia, Sierra-Leone, Ghana und Nigeria, das bevölkerungsreichste Land Afrikas. Die meisten davon sind ehemalige englische Kolonien. 8) The North Africa Post: France adopts bill ratifying the end of CFA franc; Artikel vom 21.05.2020 9) The Africa Report: ECO Chamber: West African CFA franc reform: what’s changing in 2020; Artikel vom 14.02.2020 10) The Africa Report: Death of CFA franc: France: One step Closer to ending the CFA franc; Artikel vom 25.05.2020
Als das Ende des Kolonial-Francs wird der Plan von Vielen gepriesen. Andere nennen das Ganze hingegen eine „Reform ohne Reform“. Nicht zu Unrecht, denn das Kernprinzip des CFA-Franc bleibt: Auch der Eco wird an den Euro gekoppelt sein. Die Staaten Westafrikas werden also weiterhin keinen Einfluss auf den Wechselkurs ihrer Währung haben. Das ist aber weniger die Schuld Frankreichs, als die von afrikanischen Verfechtern der alten Währung. Vor allem der ivorische Präsident Ouattara hatte sich früher für den CFA-Franc starkgemacht. Immerhin muss in Zukunft kein Land mehr die Hälfte seiner Devisen in Paris einlagern. Damit fällt die Regelung weg, die für die meiste Kritik am CFA-System gesorgt hatte. Außerdem zieht sich Frankreich aus den Kontrollgremien zurück, die es bisher kontrolliert. 11) Deutschlandfunk: Währungsumstellung: Acht Mal „Eco“ in Afrika; Artikel vom 17.01.2020 12) DW: Währungsunion: Der CFA-Franc: Eine Währung, die polarisiert; Artikel vom 24.05.2019
Die Regierungen der Länder Westafrikas versprechen sich von der Einführung des Eco wirtschaftliches Wachstum und Stabilität. Doch mit der Abschaffung des CFA-Franc wird nicht automatisch alles gut. Denn die Ursachen für die bisherigen Probleme liegen leider nicht in der Währung allein. Korruption, Elitenwirtschaft und Bad-Governance, sowie die wirtschaftliche Ausbeutung durch das Ausland, sind genauso Gründe für die Armut und die fehlende Entwicklung in Westafrika. All das wird der Eco wohl kaum lösen. Manche Experten sind sogar der Meinung, dass er das falsche Mittel ist: Erst sollte man diese strukturellen Hindernisse beseitigen, bevor man eine neue Währung einführt. 13) Deutschlandfunk: Währungsumstellung: Acht Mal „Eco“ in Afrika; Artikel vom 17.01.2020 14) DW: Währungsunion: Der CFA-Franc: Eine Währung, die polarisiert; Artikel vom 24.05.2019
Bis der Eco kommt, dauert es sowieso noch. Bisher haben die Regierenden vor allem Verträge unterschrieben und Verhandlungen geführt. Doch die Vergangenheit hat gezeigt: Willensbekundungen allein erschaffen noch keine neue Währung. Vieles muss noch geklärt und organisiert werden, bevor der Eco kommen kann. Einigungen müssen getroffen werden und Parlamente müssen zustimmen. Und jetzt kommt auch noch das Coronavirus dazu. Die angestrebte Einführung im Juni wird wahrscheinlich nichts. Ob die Gemeinschaftswährung dieses Jahr noch kommt, ist nicht abzusehen. Nigeria hat bereits eine Verschiebung beantragt, weil zahlreiche Länder die Konvergenzkriterien für die Gemeinschaftswährung noch nicht erfüllen. 15) The Africa Report: ECO Chamber: West African CFA franc reform: what’s changing in 2020; Artikel vom 14.02.2020 16) The Africa Report: Death of CFA franc: France: One step Closer to ending the CFA franc; Artikel vom 25.05.2020
Wenn der Eco eines Tages tatsächlich kommt, bedeutet das übrigens nicht das Ende des CFA-Franc. Lediglich die westafrikanische Währung würde ersetzt werden. In Kamerun, Tschad, Gabun, Äquatorial-Guinea, der Zentralafrikanischen Republik und der Republik Kongo gilt ja immer noch der zentralafrikanische CFA-Franc. Und dort gibt es kaum Bestrebungen, die „Kolonialwährung“ abzuschaffen.
Fußnoten und Quellen:
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