![Was bringt Menschen dazu, ihre Heimat zu verlassen und ein besseres Leben zu suchen? | Bild: © earthlink e.V. [alle Rechte vorbehalten] - Was bringt Menschen dazu, ihre Heimat zu verlassen und ein besseres Leben zu suchen? Was bringt Menschen dazu, ihre Heimat zu verlassen und ein besseres Leben zu suchen? | Bild: © earthlink e.V. [alle Rechte vorbehalten] -](https://www.fluchtgrund.de/files/2021/07/was_bringt_menschen_dazu-713x628.png)
Was bringt Menschen dazu, ihre Heimat zu verlassen und ein besseres Leben zu suchen? | Bild: © earthlink e.V. [alle Rechte vorbehalten] -
Der Artenschutz in Afrika steht in kolonialer Tradition
Nationalparks stehen für weites Grün, Zebras, Giraffen, Löwen und den Artenschutz. Was dabei aber wenig geschützt wird, sind die Rechte der dort eigentlich ansässigen Bevölkerung. Von Wildhütern werden sie vertrieben, geschlagen und sogar vergewaltigt und getötet. 1)taz: Wann bilden Einzelfälle ein System?: Artikel vom 31.3.2020
Artenschutz und Umweltschutz verbergen, wie sehr es bei Nationalparks mittlerweile um Profit, Macht und Kolonialismus geht. Die Gründung von Schutzgebieten reicht zurück bis in die Kolonialzeit. So soll der deutsche Kaiser Wilhelm II. seiner Frau ein Naturschutzgebiet im heutigen Tansania geschenkt haben. Das Gebiet trägt bis heute den Suaheli-Namen „Shamba la bibi“, also „Feld der Dame“. Bewiesen ist diese Geschichte nicht, dennoch wurde Ende des 19. Jahrhunderts ein kleines Naturschutzgebiet gegründet. Die dort lebende Bevölkerung wurde kurzerhand „entvölkert“. Die Gebiete wurden ähnlich wie die Kolonien mit dem Lineal entworfen – schnitten also willkürlich durch die Lebensräume der Menschen. 2)taz: Das koloniale Erbe der Nationalparks: Artikel vom 24.3.2020
Die Errichtung von Naturschutzgebieten basierte auf der Idealvorstellung einer „unberührten Wildnis“, die schon während der Kolonialzeit nicht der Realität entsprach. Schließlich lebten – so wie heute – Menschen in den designierten Gebieten, die vertrieben werden mussten. Die neuen Nationalparks waren eine wichtige Finanzierungsquelle für die Kolonialherren. Sie dienten als Jagdgründe für den Elfenbeinhandel. Der Großwildjäger Frederick Selous soll während den 1870er Jahren 550 Elefanten getötet haben. In seinem Buch erklärte er aber die indigene Bevölkerung als die Schuldigen für die starke Abnahme der Tierbestände. 3)taz: Das koloniale Erbe der Nationalparks: Artikel vom 24.3.2020
Mit der Londoner Konvention um 1900 sollten die Wildtiere Afrikas geschützt werden. Die Richtlinien dieses Vertrags wurden ohne die kolonisierte Bevölkerung getroffen. Während die Großwildjagd weiterhin erlaubt war, war die Jagd zur Ernährung strengstens verboten. Weiße Naturforscher wurden und werden glorifiziert, der lokalen Bevölkerung kommt als „wild lebenden Stämme“ lediglich eine Statisten-Rolle zu. In anderen Erzählungen, etwa in dem Netflix-Film „Virunga“ werden sie als Gefahr für die Natur porträtiert. Dabei sorgte die afrikanische Bevölkerung mit ihren Traditionen und der Sensibilität für die Natur hauptsächlich für die Existenz von Naturschutzgebieten. Deren Lebensstil wurde und wird nun aber kriminalisiert. 4)taz: Das koloniale Erbe der Nationalparks: Artikel vom 24.3.2020 5)Spiegel: Wie weit darf grüner Kolonialismus gehen?: Artikel vom 1.11.2017
Das koloniale Modell des Naturschutzes zieht sich aber bis heute durch. Die freie, vorherige und informierte Zustimmung (FPIC) indigener Einwohner für die Gründung neuer Nationalparks wird von großen Naturschutzorganisationen selten eingeholt. So soll der WWF Beschwerden der Bevölkerung in einem Finanzierungsantrag an die EU gestrichen haben. Auch ehemalige Großwildjäger dienen als Porträtfiguren für den WWF. Dazu zählen Juan Carlos, der ehemalige spanische König, Prinz Bernhard der Niederlande oder auch Prinz Philip, der Herzog von Edinburgh. Der WWF wurde 1961 gegründet – in der Zeit der großen antikolonialistischen Befreiungsbewegung. Mit der Gründung und Aufrechterhaltung von Naturschutzgebieten unter dem Banner der Organisation könne weiter Kontrolle über ehemals kolonisierte Gebiete ausgeübt werden, so Simone Schlindwein von der taz. 6)taz: Das koloniale Erbe der Nationalparks: Artikel vom 24.3.2020 7)taz: Wann bilden Einzelfälle ein System?: Artikel vom 31.3.2020
Zudem ist die Finanzierung der Nationalparks problematisch. Die Bundesregierung finanziert vor allem im Kongo Reservate mit Millionenbeträgen durch die KfW-Bank. Die genauen Finanzierungsziele sind aber extrem intransparent. Unter anderem werde ein Fonds mit Entwicklungshilfegeldern finanziert, der mit dem Geld auf internationalen Finanzmärkten spekuliere. 8)taz: Deutsche Gelder außer Kontrolle: Artikel vom: 17.3.2020
Schließlich ist der Erhalt und der Aufbau von Naturschutzgebieten kein rein wohltätiges Unterfangen, es geht um Profit. Das war während der Kolonialzeit durch den Elfenbeinhandel schon so, jetzt sind afrikanische Staaten ebenso an den Renditen interessiert. Wie Erdölförderung sind Nationalparks auch nur eine weitere potentielle Geldquelle. Dabei werden die Interessen der lokalen Bevölkerung vernachlässigt und die Gebiete für Formen menschlicher Ausbeutung geöffnet. Survival International spricht von Trophäenjagden, Massentourismus, Abholzung und Bergbau. 9)Survival International: Naturschutz dekolonisieren – Indigene Völker sind die besten Naturschützer: Stand heute, 4.6.2020
Die Profitorientierung von Naturschutzgebieten und die Kriminalisierung der dort lebenden Bevölkerung erinnern dunkel an die Kolonialzeit. Den kongolesischen Virunga-Park können auch Privatleute unterstützen: 275 Euro für einen Rundflug auf der Suche nach Wilderern, 458 für einen militärischen Elefantenschutzeinsatz. Heldenhafter Naturschutz von zu Hause? 10)taz: Deutsche Gelder außer Kontrolle: Artikel vom 17.3.2020
Fußnoten und Quellen:
Keine Kommentare