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Was bringt Menschen dazu, ihre Heimat zu verlassen und ein besseres Leben zu suchen? | Bild: © earthlink e.V. [alle Rechte vorbehalten] -
„Die Menschen hier können zur Hölle gehen“ – Shell zerstört Umwelt im Nigerdelta
Zapfsäule an, den Schlauch einstecken und bitte möglichst billig – in Europa ist das eine Selbstverständlichkeit. Doch auf dem Weg an die nächste Tankstelle hinterlässt das Benzin eine schmutzige Spur – in Nigeria sogar eine blutige. Der Ölkonzern Shell muss sich nun vor Gerichten in Großbritannien und den Niederlanden verantworten. Die Vorwürfe reichen von systematischer Umweltzerstörung bis hin zu Mitverantwortung für außergerichtliche Hinrichtungen. Shell streitet jegliche Verantwortung für die Taten seines Tochterkonzerns in Nigeria ab – obwohl dieser dem Konzern zu 100 Prozent gehört und dabei auch alle Gewinne eingestrichen werden. 1)Amnesty International: Vor Gericht – Shell und sein Umgang mit Menschenrechten: Artikel vom 12.2.2020 2)Amnesty International: On Trial – Shell in Nigeria: Bericht vom Januar 2020
Noch während der britischen Kolonialzeit entdeckte Shell 1956 eine profitable Ölquelle in der Nähe des Dorfes Oloibori, bis heute wird die Förderung von einer Tochterfirma des Unternehmens durchgeführt. Seit 1970 ist der Rohstoff das wichtigste Exportgut Nigerias. Bei dem Öl handelt es sich vorrangig um das sogenannte „Bonny Light Oil“, benannt nach der nigerianischen Stadt Bonny. Mit seinem geringen Sulfuranteil eignet es sich besonders gut als Grundlage für die Herstellung von Benzin. An der Ölförderung im Nigerdelta sind neben Shell auch ExxonMobil, Chevron Texaco, ENI/Agip und Total in Joint Ventures mit der nigerianischen Regierung beteiligt. Davon ist Shell der wichtigste Konzern, mit immensem Profit. 2017 wurden die Einnahmen aus nigerianischem Öl auf vier Milliarden US-Dollar geschätzt. Nigeria profitierte auch davon. Mit dem Geld konnte der Bau großer Städte wie Abuja und Lagos vorangetrieben werden. Die Region um das Nigerdelta hat davon nicht profitiert – im Gegenteil: „Für das Niger-Delta ist es das Schlimmste“, so Kentebe Ebiaridor von der Umweltschutzorganisation ERA. Auch Okey Amadi, ehemaliger Nationalrat Nigerias, teilt diese Einschätzung. Ölkonzerne wie Shell wäre der Schutz der Bevölkerung egal: „Die Menschen hier können zur Hölle gehen. Interessiert sind die Konzerne nur an ihren Geschäften“. 3)Nairametrics: Here is what you need to know about Bonny Light & Brent Crude Oil: Artikel vom 15.8.2019 4)World Oil Traders: Bonny Light Crude Oil: nicht mehr verfügbar 5)Amnesty International: On Trial – Shell in Nigeria: Bericht vom Januar 2020 6)LIPortal: Nigeria, nicht mehr verfügbar 7)DW: Ein paar Liter von Nigerias Öl-Reichtum: Artikel vom 10.12.2012 8)DW: Verbrechen in Nigeria – Shell vor Gericht: Artikel vom 12.02.2019
Für die „Hölle“, die Shell im Nigerdelta geschaffen hat, steht der Konzern jetzt vor Gericht. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International betreut dabei vier Fälle, die sich zwischen 1995 und jetzt ereignet haben. Im ersten Klageverfahren wird Shell die Mittäterschaft an außergerichtlichen Hinrichtungen vorgeworfen. Angeklagt wird der Ölkonzern von vier Frauen, die ihre Ehemänner dadurch verloren haben. Shell und die nigerianische Regierung versuchten 1995 mit der Hilfe von Militär und Sicherheitskräften Umweltproteste im Nigerdelta niederzuschlagen. Dem Unternehmen wird vorgeworfen, an der rechtswidrigen Verhaftung und Erschießung der Umweltaktivisten beteiligt gewesen zu sein. Bauern und eine Umweltschutzorganisation klagen Shell wegen Verschmutzung von Teichen und Land an. Außerdem klagen zwei nigerianische Gemeinden den Konzern aufgrund erlittener, systematischer Umweltverschmutzungen an. Zudem soll der Ölproduzent an einem Bestechungsverfahren für eine Ölförderlizenz von insgesamt mehr als einer Milliarde US-Dollar beteiligt gewesen sein. Das Geld floß über Umwege an Dan Etete, ehemaliger nigerianischer Ölminister und verurteilter Geldwäscher. Damit wurde die nigerianischen Bevölkerung um 1,3 Milliarden Dollar betrogen – Geld, dass die fünf Millionen hungernden Menschen gut gebrauchen hätten können. Weiterhin ist aufgrund schlecht betreuter Pipelines mehrere Wochen lang Öl in ein Gewässer nahe dem Ort Bodo gelaufen. Bis heute hat Shell diese Umweltverschmutzung noch nicht bereinigt. Das Wasser rund um die Förderstelle ist vergiftet, ebenso kann momentan keine Landwirtschaft betrieben werden. 9)Amnesty International: Vor Gericht – Shell und sein Umgang mit Menschenrechten: Artikel vom 12.2.2020 10)Amnesty International: Urteil gegen Shell „ein wichtiger Schritt zur Gerechtigkeit“: Artikel vom 1.5.2019 11)DW: Öl-Firmen vor Gericht – Schmutzige Geschäfte in Nigeria?: Artikel vom 5.3.2018
Die am Nigerdelta lebende Bevölkerung der Ogoni muss unter den unsauberen und profitgeleiteten Interessen eines globalen Multikonzerns leiden. Das Trinkwasser der Region ist seit Jahrzehnten verseucht, Landwirtschaft und Fischfang sind ebenso unmöglich. Momentan ist Europa der größte regionale Importeur von nigerianischem Öl und sollte seine Umweltstandards beim Energieimport dringend hinterfragen. Während es hierzulande darum geht, möglichst billig zu tanken oder zu produzieren, verlieren in Nigeria Menschen ihr Land und leiden unter den giftigen Abfallstoffen der Ölproduktion. 12)DW: Verbrechen in Nigeria – Shell vor Gericht: Artikel vom 12.02.2019 13)Deutschlandfunk: Der Fluch im Nigerdelta: Artikel vom 27.7.2017 14)Telepolis: Nigerias Erdöl: Artikel vom 24.3.2019
Fußnoten und Quellen:
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