Bleirecycling – Wie unser Elektroschrott Mensch und Umwelt in Afrika vergiftet
Blei – damit verbinden die meisten Deutschen wohl Silvester, auch wenn das traditionelle Bleigießen aufgrund gesundheitlicher Bedenken mittlerweile verboten ist. In ganz anderem Ausmaß spielen sich Gesundheitsgefährdungen durch Blei in Afrika ab. Etwa 800.000 Tonnen Blei werden jährlich in verschiedenen afrikanischen Ländern recycelt, der Großteil des wiederverwerteten Metalls wird nach Europa oder Asien exportiert. Blei ist in Autobatterien und Elektroschrott enthalten. Diese Materialien werden in Schmelzhütten wiederverwertet, mit hohen gesundheitlichen Risiken für die Arbeiter und anliegende Siedlungen. Die Schmelzhütten verfügen oft über unzureichende Sicherheitsstandards, weswegen die Arbeiter ohne Schutzmasken den giftigen Abgasen des Recycling-Prozesses ausgesetzt sind. 1)taz: Bleirecycling in Kenia – „Das Blei ist überall!“: Artikel vom 13.11.2019 2)Öko-Institut e.V.: The Deadly Business: Findings from the Lead Recycling Africa Project: Broschüre vom Mai 2016
Ein Fall in Kenia zeigt die enormen gesundheitlichen Beeinträchtigungen, die mit dem Recyceln von alten Autobatterien verbunden sind. Eine Schmelzhütte in der kenianischen Hafenstadt Mombasa befand sich in direkter Nähe zu Owino Uhuru, einer großen informellen Siedlung. Mehrere Fabrikarbeiter wurden krank und starben. Auf Druck einer lokalen Organisation und Aktivistin wurde die Schmelzhütte geschlossen, allerdings leiden immer noch mehrere Bewohner der Siedlung unter einer chronischen Bleivergiftung . Wer hohen Mengen an Blei ausgesetzt ist, erfährt Ekzeme oder Organausfälle. Sicher ist, dass niemand mit einer Bleivergiftung lange lebt. Doch nicht nur der Mensch ist betroffen, auch die Umwelt. Die Böden und das Wasser in Owino Uhuru sind verseucht, damit verlieren viele Menschen ihre Erwerbs- und Lebensgrundlage. 3)Öko-Institut e.V.: The Deadly Business: Findings from the Lead Recycling Africa Project: Broschüre vom Mai 2016 4)Spiegel: Kenianerin kämpft gegen Blei-Recycling – „Du wirst sterben und es wird niemanden interessieren“: Artikel vom 02.02.2020
Einen großen Anteil an dem unsauberen Recycling von Blei tragen europäische Länder – darunter auch Deutschland. Etwa 25 bis 30 Prozent europäischen Elektroschrotts werden illegal exportiert. Allein Deutschland exportiert 300.000 Tonnen . Das unter menschengefährdenden Bedingungen recycelte Blei wird wiederum importiert – für die erneute Herstellung von Autobatterien. Die Autoindustrie zählt zu den Hauptabnehmern von Blei – mit steigendem Bedarf. Die deutschen Autokonzerne BMW, Daimler und VW mussten 2018 schwerwiegende Verstöße gegen Umwelt- und Menschenrechtsstandards zugeben. Die Autokonzerne bezogen den Rohstoff Blei von einer indischen Firma, die Blei in Ipetero, einem nigerianischen Dorf, recycelt. Die anfallenden Giftstoffe wurden in das Dorf entladen – der Großteil der Bewohner ist nun vergiftet. 5)Spiegel: Kenianerin kämpft gegen Blei-Recycling – „Du wirst sterben und es wird niemanden interessieren“: Artikel vom 02.02.2020 6)Spiegel: Recycling in Nigeria – Blei aus Autobatterien vergiftet Dorfbewohner: Artikel vom 15.12.2018 7)taz: Recycling von Blei aus Deutschland – 1,8 Millionen Tonnen Elektroschrott: Artikel vom 13.11.2019
Die Produktion von Autos und Elektrogeräten in den europäischen Industriestaaten beansprucht einen großen Teil des wiederverwerteten Bleis. Die hohe Nachfrage nach Autos und Elektrogeräten produziert massenhaft Elektroschrott, der illegal exportiert wird. Das zusammen bildet einen höchstgiftigen Kreislauf. Verantwortung dafür trägt jeder – durch sein Konsumverhalten.
Die Vergiftung von Mensch und Umwelt stellt langfristig auch einen Fluchtgrund dar. Giftige Abfälle des Bleirecyclings rauben den Menschen die Perspektive auf ein langes und gesundes Leben. Mit verseuchtem Grundwasser und vergifteten Böden ist weder Land- noch Subsistenzwirtschaft möglich. Das verschärft bereits prekäre Lebenssituationen zusätzlich und kann Menschen dazu bringen, ihre Heimat zu verlassen.
Fußnoten und Quellen:
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