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Was bringt Menschen dazu, ihre Heimat zu verlassen und ein besseres Leben zu suchen? | Bild: © earthlink e.V. [alle Rechte vorbehalten] -
Sanktionen und eine Militärintervention: Die USA lassen Venezuela auch während der Corona-Krise nicht in Ruhe
Seit Ende 2017 verhängen die USA immer weiter neue Sanktionen gegen Venezuela. Wer davon ausgegangen ist, angesichts der Corona-Krise könnte die Trump-Regierung von ihrem repressiven Kurs abweichen, hat sich schwer getäuscht. Erst Anfang des Monats wurden neue Maßnahmen beschlossen. Trump will Amerika „vor der tödlichen Geißel der illegalen Drogen schützen“. Warum das ausgerechnet während einer globalen Pandemie passieren muss, versteht keiner so genau.
Das tägliche Briefing des US-Präsidenten ist für viele Amerikaner zu einem festen Bestandteil im Quarantänealltag geworden. Bis zu acht Millionen Menschen schalten ein, wenn Donald Trump die neusten Zahlen und Entwicklungen präsentiert und fragwürdige medizinische Vorschläge macht. Anfang des Monats drehte es sich in einer dieser Ansprachen jedoch nur wenig um die Corona-Krise. Trump kündigte stattdessen eine der größten US-Militäroperationen der letzten Jahre an: Ein Anti-Drogen Einsatz in der Region um das karibische Meer. Die militärische Präsenz solle dort verdoppelt werden, inklusive Kriegsschiffe und Aufklärungsflüge. Der Sender CNN hatte schon nach wenigen Minuten genug. Die Presse-Konferenz wurde unterbrochen.
„Amerika zu beschützen“ ist der altbekannte Deckmantel der USA, wenn es um internationale Interventionen und Manöver gegen fremde Regierungen geht. Ob Drogen oder Terrorismus, die Vereinigten Staaten scheuen nicht davor zurück, für ihre vermeintliche Sicherheit Krieg auf fremdem Boden zu führen. In Venezuela geht es dabei vor allem um einen Regimewechsel und wirtschaftliche Interessen. Das südamerikanische Land verfügt über die größten Erdölreserven der Welt. Machthaber Nicolás Maduro ist der Regierung ein Dorn im Auge. Schon lange wird sich darum bemüht ihn los zu werden. Darunter leidet vor allem die Zivilgesellschaft.
Zuletzt hatte nur jeder dritte Venezolaner Zugang zu ausreichend Nahrung. Medikamente gibt es nicht. Der Strom fällt andauernd aus. In Teilen des Landes ist die Trinkwasserversorgung zusammen gebrochen. Seit über einem Jahr fährt das Land zweigleisig. Zwei Präsidenten. Zwei Parlamentspräsidenten. Machthaber Nicolás Maduro mit russischer Unterstützung auf der einen Seite. Und Interimspräsident Juan Guaido mit den USA im Rücken auf der anderen Seite. Die Lage ist so misslich, dass 4,6 Millionen Menschen Venezuela bereits verlassen haben. Vor der Corona-Krise kamen täglich über 5.000 hinzu. Gesundheits- und Bildungssystem sind am Boden. Korruption und Missmanagement tragen daran viel Verantwortung. Und die USA haben mit Sanktionen und Spalterei immer fleißig mitgeholfen, die Situation nicht zu verbessern. Was die Corona-Pandemie für Venezuela konkret bedeutet, wird sich zeigen. Maduro schwor seine Bürger auf die „schwerste Notlage in der Geschichte des Landes“ ein. Und das, obwohl die Lage zuvor auch schon äußerst prekär war.
Es besteht kein Zweifel darin, dass Venezuela eine wichtige Rolle im illegalen Drogenhandel spielt. Auch die Menge an Kokain, die von dort aus in die USA gelangt, ist signifikant, nur ein Bruchteil jedoch, wenn man die Menge an Kokain betrachtet, die auf anderen Wegen nach Amerika geschmuggelt wird. Das war auch schon vor zehn Jahren Fakt. Ausgerechnet jetzt den Drogenschmugglern das Handwerk legen zu wollen, macht wenig Sinn. Soll ein außenpolitischer Erfolg davon ablenken, dass Donald Trump innenpolitisch ein Fehler nach dem anderen unterläuft? Venezuela wird durch die Corona-Krise schließlich verwundbarer denn je. Gegen Nicolás Maduro und 14 weitere amtierende und ehemalige venezolanische Politiker läuft eine Anklage der US-Justiz. Der Vorwurf lautet „Narco-Terrorismus, Korruption, Drogenschmuggel und andere kriminelle Vergehen“. Dazu ein Kopfgeld von 55 Millionen US-Dollar. Russland sieht in all dem Provokationen gegen Venezuela. Fest steht, dass es um den Drogenschmuggel alleine wohl wirklich nicht geht.
Aktuell viel bedrohlicher sind jedoch die bereits laufenden US-Sanktionen gegen Venezuela. Sowohl US-Ökonomen, als auch UN-Generalsekretär António Guterres forderten die USA dazu auf, die einseitigen Zwangsmaßnahmen angesichts der Corona-Krise unverzüglich aufzuheben, da die Sanktionspolitik sowohl unverhältnismäßig als auch ein eklatanter Verstoß gegen das Völkerrecht ist. Die Wirtschaftssanktionen verhindern, dass sich Venezuela (ebenfalls Kuba und der Iran) mit medizinischem Equipment und Schutzausrüstung eindecken können. Gerade erst erreichte eine Lieferung von 40 Tonnen an medizinischen Gütern die bolivarische Republik. Angesichts der benötigten Hilfe ist das jedoch viel zu wenig. Auch ein Antrag Venezuelas beim IWF über 5 Milliarden US-Dollar wurde abgelehnt. Die Begründung: Die internationale Gemeinschaft erkennt die Maduro Regierung nicht an. Dem IWF-Pressesprecher sei die humanitäre Krise in Venezuela zwar durchaus bewusst, die USA und die westlichen Staaten, die im Internationalen Währungsfonds die Mehrheit haben, stehen aber nun mal auf Seiten des selbsternannten Interimspräsidenten Juan Guaido. Die venezolanische Regierung hat indes einen neuen Antrag auf eine Milliarde US-Dollar Unterstützung eingereicht. Das Geld solle zum Kauf von Lebensmitteln und Medikamenten verwendet werden und dabei helfen Covid-19 Patienten entsprechend behandeln zu können.
Abschließend muss festgehalten werden, dass die US-Sanktionen gegen Venezuela oder Länder wie Kuba und den Iran, in erster Linie darauf abzielen, Druck auf die jeweilige Regierung auszuüben, indem weit verbreitetes Leid verursacht wird. Opfer ist dabei immer die Bevölkerung. Präsident Donald Trump hätte wahrlich genug zwischen den eigenen Landesgrenzen zu tun. Eine großangesetzte Militäroperation zu planen, während den Amerikanern 240.000 Coronatote prognostiziert werden, ist fragwürdig, aber nicht überraschend. Staaten jedoch mutwillig dabei zu behindern, die Pandemie zu bekämpfen, ist absolut unrecht. Wenn die Sanktionen auch vor dem Virus übertrieben hart waren, dann sind sie jetzt untragbar unverantwortlich. Während sich im Weißen Haus nicht darum gekümmert wird, versuchen immer mehr venezolanische Flüchtlinge in ihre Heimat zurück zu kehren. Angesichts der aktuellen Situation verlieren sie nun auch an ihrem Zufluchtsort Arbeit und Unterkunft. Da die Grenzübergänge nach Venezuela geschlossen sind, bleibt vielen von ihnen nichts anderes übrig, als auf die gefährlichen Grenzpfade zurück zu greifen, die von Schmugglerbanden und Drogenhändlern kontrolliert werden. Die kolumbianische Migrationsbehörde und die venezolanischen Verwaltung verhandeln aktuell über die Möglichkeit, einen humanitären Korridor zu öffnen. Bis es jedoch so weit ist, wird sich die Lage für viele Venezolaner weiterhin gravierend verschlechtern. 1) amerika21: UN-Generalsekretär Guterres fordert erneut Ende der Wirtschaftssanktionen; Artikel vom 27.04.2020 2) amerika21: US-Ökonomen: US-Sanktionen verschärfen weltweite Corona-Pandemie; Artikel vom 22.03.2020 3) Deutsche Welle: Corona-Krise: Venezuelas Flüchtlinge kehren um; Artikel vom 08.04.2020 4) Deutsche Welle: Trumps Umsturzpläne für Venezuela; Artikel vom 02.04.2020
Fußnoten und Quellen:
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