Globale Verantwortung in Zeiten einer Pandemie: Burkina Faso steht vor einer humanitären Katastrophe
Selbstisolation und Hände waschen. Diese zwei Maßnahmen bestimmen im Moment das Leben vieler Millionen Menschen auf der Welt, um die Ausbreitung des Sars-Covid-19 unter Kontrolle zu bekommen und schlimmeres zu verhindern. Eigentlich sehr einfache Bestimmungen, die uns nicht viel abverlangen. Weniger privilegierte Länder, wie Burkina Faso, stellt das aber vor eine Herkulesaufgabe. Wie soll Selbstisolation funktionieren, wenn sich eine sieben-köpfige Familie ein Ein-Zimmer-Haus teilt? Wie soll man sich so oft wie möglich die Hände waschen, wenn Wasser ein Luxusgut ist und nur selten für den normalen alltäglichen Bedarf reicht?
Burkina Faso ist das bisher am stärksten betroffene Land Afrikas südlich der Sahara. Bisher haben sich 222 Menschen infiziert, 12 sind an dem Virus gestorben. Der afrikanische Staat ist seit Jahren gebeutelt von brutaler Gewalt und steckt in einem Teufelskreis des Terrors. Weitestgehend unbemerkt von der Weltöffentlichkeit sind rund 800.000 Menschen aus ihrer Heimat geflohen, viele weitere sind auf der Flucht in ihrem eigenen Land. Seit Ende 2018 verschlechtert sich die Sicherheitslage in Burkina Faso dramatisch. Hintergrund der Instabilität sind ein Machtvakuum sowie schlechte Regierungsführung und bewaffnete Gruppen. Diese politischen Missstände, in Kombination mit einer nur eingeschränkt produktiven Landwirtschaft und den Folgen des Klimawandels, haben Armut und Hungersnot zur Folge. 2019 benötigten circa 1,5 Millionen Menschen humanitäre Hilfe in Form von Schutz, Nahrung und Unterstützung beim Bestreiten ihres Lebensunterhalts. 1)The New Humanitarian: Coronavirus in crisis-hit Burkina Faso: Healthcare centres close as cases rise – Artikel vom 30.03.2020 2)Care: Suffering in Silence – nicht mehr verfügbar
Hintergrund der humanitären Krise ist auch die Ausbreitung bewaffneter dschihadistischer Gruppen. Der islamistische Terror hat seinen Ursprung in Mali und dehnt sich sukzessive auf den Nachbarstaat Burkina Faso und die ganze Region aus. Die Extremisten nutzen die prekäre wirtschaftliche Lage des westafrikanischen Landes für ihre Zwecke. Viele Menschen haben keinen Zugang zu Bildung oder Gesundheitsversorgung. 135 Gesundheitszentren mussten in den letzten 12 Monaten aufgrund bewaffneter Auseinandersetzungen zwischen lokalen Milizen und Dschihadisten schließen. Die Extremisten versprechen der betroffenen Bevölkerung Hilfe und Einkommen, mit Hilfe dieser Versprechungen werden viele junge Männer rekrutiert. 3)Tagesschau: Im Teufelskreis des Terros – Artikel nicht mehr verfügbar
Die Schließung vieler Gesundheitszentren und Krankenhäuser ist Angesichts der Corona-Pandemie eine Katastrophe. In Regionen, die besonders konfliktgebeutelt sind, haben mehr als 1,6 Millionen Menschen fast keinen oder gar keinen Zugang zu medizinischer Versorgung. Experten sind sich einig: Sollte sich der Virus weiter ausbreiten und die Gebiete erreichen, in denen sich vor allem Binnenvertriebene befinden, könnten das desaströse Auswirkungen auf das ganze Land haben. Die Geflüchteten leben in prekären Lebensverhältnissen. Die meisten von ihnen sind obdachlos, haben keinen Zugang zu Essen oder Wasser, geschweige denn medizinischer Versorgung. Sie sind deshalb besonders verwundbar und schutzlos gegenüber den Gefahren der Pandemie. Von den 21 Millionen Einwohnern Burkina Fasos, sind eine Millionen Menschen von Ernährungsunsicherheit betroffen. Fast zwei Millionen haben keinen Zugang zu Wasser und sanitären Einrichtungen. Die humanitäre Krise wird durch Covid-19 bisher ungeahnte Ausmaße mit folgenschweren Konsequenzen erreichen. 4)The New Humanitarian: Coronavirus in crisis-hit Burkina Faso: Healthcare centres close as cases rise – Artikel vom 30.03.2020 5)The Intercept: In West African Coronavirus Hotspot, war has left 700.000 homeless and exposed – Artikel vom 26.03.2020
Auch hierzulande hat und wird der Virus viele Menschenleben und Existenzen fordern. Durch die politische Stabilität und dem Reichtum unseres Landes steht es jedoch außer Frage, dass Deutschland diese Krise, wenn auch mit wirtschaftlichen Schäden, überstehen wird. Eine Existenzangst als Land hat Deutschland nicht zu befürchten. Ein ganz anderes Bild zeigt sich für Burkina Faso: Die Regierung ist gegenwärtig nicht fähig, aus eigener Kraft heraus die Menschen vor der Pandemie zu schützen. Die Corona-Krise offenbart damit die Versäumnisse weit über die globale Gesundheitspolitik hinaus und zeigt, dass die Ressourcen dem Virus entgegenzuwirken ungleich verteilt sind. Auch wenn Covid-19 ganz Europa gerade fest im Griff hat, darf die Eindämmung des Virus im eigenen Land nicht dazu führen, dass andere aktuelle Katastrophen und Krisenherde in anderen Ländern vollends in Vergessenheit geraten. 6)Welthungerhilfe: Gemeinsam gegen Corona: Solidarisch und präventiv – Artikel vom 27.03.2020
Fußnoten und Quellen:
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