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Was bringt Menschen dazu, ihre Heimat zu verlassen und ein besseres Leben zu suchen? | Bild: © earthlink e.V. [alle Rechte vorbehalten] -
EU Freihandel schafft Anreize zu Landraub in ärmsten Ländern der Welt
Deutschland soll seine im Juli beginnende EU-Ratspräsidentschaft nutzen, um die Benachteiligung der Kleinbauern gegenüber der Agrarindustrie zu beseitigen. So lautet die Forderung des europäischen Verbands kleinbäuerlicher Organisationen. Der Verband sieht in der gemeinsamen Agrarpolitik der EU einen klaren Wettbewerbsnachteil für Kleinbauern. Von der EU getroffene Freihandelsabkommen erlauben es für die Massentierhaltung Futtermittel wie Sojaschrot billig zu importieren. Dies ermöglicht der Industrie Fleisch billiger zu produzieren, als es kleine Höfe jemals könnten. 1) epo: Kleinbauern nicht länger diskriminieren; Stand 17.04.2020
Es sind aber nicht nur deutsche Kleinbauern, welche die negativen Effekte von Freihandelsabkommen zu spüren bekommen. Im Jahr 2001 hat die EU ihre Grenze für alle Waren aus den 48 am wenigsten entwickelten Ländern der Welt (LDC) geöffnet. Die Initiative “Alles außer Waffen“ ist eine handelspolitische Maßnahme, um die ärmsten Länder zu Nutznießern der Globalisierung zu machen, indem ihnen der zollfreie Import von Gütern in die EU ermöglicht wird. Sie soll die wirtschaftliche Entwicklung der Länder fördern und Armut in der Bevölkerung bekämpfen. 2) Konrad Adenauer Stiftung: „Alles – außer Waffen“; Stand 25.05.2001
Auch wenn die Intention hinter diesem Abkommen das Wohl der Bevölkerung in den LDCs ist, schafft es de facto einen Anreiz für profitorientierte Firmen, Landraub zu begehen und die Menschenrechte der lokalen Bevölkerung zu missachten. Landraub beschreibt eine Entwicklung, bei der sich internationale Investoren, wie Agrarkonzerne, die Kontrolle über riesige Landflächen sichern. Die lokal ansässigen Bauern werden dafür verdrängt – teilweise sogar unter Einsatz von Gewalt. Dies hat oft zur Folge, dass die Ackerflächen für Monokulturen verwendet werden, die auf Dauer nur durch einen massiven Einsatz von Düngemitteln und Pestiziden möglich sind. Das ist für Klima, Boden und Umwelt schädlich, führt aber auf kurze Sicht zu höheren Erträgen. Die betroffenen Bauern verlieren mit dem Farmland auch ihre Lebensgrundlage. Gleichzeitig fällt damit in den LDCs ein Teil der Nahrungsversorgung weg, denn die angebauten Lebensmittel sind nicht für den Binnenmarkt, sondern für den Export nach Europa gedacht. 3) fian: Wie die EU Land Grabbing in Kambodscha anheizt; nicht mehr verfügbar
Unternehmen sind profitorientiert. Wenn die Politik eine Gelegenheit schafft, mit der Unternehmen ihren Gewinn steigern können, wird es immer Firmen geben, die sie ergreifen, ungeachtet der Kosten für Menschen und Umwelt. „Alles außer Waffen“ ist so eine Gelegenheit, ihre Folgen kann man überall in den ärmsten Ländern der Welt beobachten. Die äthiopische Regierung hat fruchtbares Land mit der dreifachen Fläche Österreichs an ausländische Investoren verpachtet. Der Anreizfür die Regierung sind die hohen Einnahmen aus der Pacht. Als Gastgeschenk gibt es eine 7-jährige Steuerbefreiung und kostenloses Wasser für die Unternehmen dazu. So baut beispielsweise die österreichische Firma Mima Holding GmbH auf 20.000 Hektar Alfalfa als Viehfutter an, in einem Land, in dem 46 Prozent der Bevölkerung an Unterernährung leiden. Auch in Mosambik stellt die Regierung das Wohl ihrer chronisch hungerleidenden Bevölkerung hinter Einnahmen, die ausländische Investoren ins Land bringen. Biokraftstoffkonzerne haben sich um die Rechte auf 4.8 Millionen Hektar Land beworben, einem Siebtel aller in Mosambik verfügbaren Ackerfläche. 4) Solidarwerkstatt: Landgrabbing durch EU-Konzerne; Stand 23.04.2020
Kambodschas Klima erlaubt den Anbau von Zuckerrohr, ebenfalls hochlukrativ, da Zucker weltweit einer der gefragtesten Rohstoffe ist. Um neue Zuckerrohrplantagen in Koh Kong, Kampong Speu und Oddar Meanchey anzulegen, wurden Bauern vertrieben, Ackerland vernichtet, Wälder gerodet, Menschen umgesiedelt und ihr Zugang zu Wasser zerstört. Insgesamt sind etwa 10.000 Menschen negativ von den Zuckerrohrplantagen betroffen. Auch wenn die Hauptschuld der Ausbeutung und Vertreibung der Bevölkerung bei den lokalen Regierungen in den LDCs liegt, gaben Konzerne, die in den Zuckerrohranbau involviert sind, mehrfach bekannt, dass der zollfreie EU Marktzugang die Grundlage ihres Geschäftsmodells ist. 5) fian: Wie die EU Land Grabbing in Kambodscha anheizt; nicht mehr verfügbar
Erst am 17. April haben sich der europäische Verband kleinbäuerlicher Organisationen sowie 48 weitere Organisationen und Wissenschaftler in einem offenen Brief an die EU-Kommission gewandt und zur vollständigen Umsetzung der UN-Erklärung der Rechte von Bauern aufgerufen. Die Probleme, welche durch Abkommen, wie „Alles außer Waffen“ entstehen, sind also hinlänglich bekannt. Trotzdem haben die EU und ihre Mitgliedsstaaten bisher gezögert zu akzeptieren, dass ihre menschenrechtlichen Verpflichtungen auch außerhalb des EU-Gebiets gelten. Dazu gehört auch die Verpflichtung, Unternehmen wirksam im Ausland zu regulieren. Internationale Abkommen müssen die wirtschaftliche Entwicklung der ärmsten Länder fördern, ohne dabei den Menschen ihrer Lebensgrundlage zu rauben. Dafür ist es erforderlich menschenrechtliche Folgenabschätzungen durchführen und regelmäßig Vereinbarungen, Gesetze und Maßnahmen zu bewerten und anzupassen. 6) fian: Offener Brief an die Europäische Kommission, das Europäische Parlament und die Landwirtschaftsminister*innen der EU-Mitgliedstaaten; nicht mehr verfügbar 7) fian: Landgrabbing und Menschenrechte: Die Rolle von EU Akteuren im Ausland; nicht mehr verfügbar
Fußnoten und Quellen:
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