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Was bringt Menschen dazu, ihre Heimat zu verlassen und ein besseres Leben zu suchen? | Bild: © earthlink e.V. [alle Rechte vorbehalten] -
EU-Flüchtlingspolitik ist selbst Fluchtursache
„Das Jahr 2015 darf sich nicht wiederholen“ – dieser Satz geistert in letzter Zeit häufig durch die Medien. Politiker werden nicht müde, darauf hinzuweisen, dass sie eine Flüchtlingswelle wie vor fünf Jahren um jeden Preis verhindern wollen. Die Flüchtlingskrise von damals hat gezeigt, was für ein sensibles Thema Flucht in der Gesellschaft ist. Je mehr Flüchtlinge ins Land kommen, so scheint es wohl für die Regierenden, desto mehr Wähler verliert man. Verständlich, dass man folglich alles daran setzt, dass möglichst wenige Migranten ins Land kommen.
Fluchtursachen bekämpfen
Immer wieder wird dabei das Mantra wiederholt, man müsse die Fluchtursachen angehen. Das klingt logisch, denn niemand verlässt seine Heimat und nimmt eine lebensgefährliche Reise auf sich, ohne dafür einen triftigen Grund zu haben. Deshalb will die Europäische Union dafür sorgen, dass diese Menschen keinen Grund zur Flucht mehr haben. Dafür wird vor allem in Afrika viel Geld investiert. Mit der Entwicklungshilfe sollen Projekte finanziert werden, die den Menschen Arbeit und eine Bleibeperspektive verschaffen. 1) Pro Asyl: EU-Asylpolitik; Stand 04/2020 2) bpb: Irgendwo in Afrika: Konsequenzen der Auslagerung der EU-Grenzen; Artikel vom 11.01.2019
Dabei hat man allerdings oft nur mäßigen Erfolg. Denn die Projekte sind in der Regel nicht zu Ende gedacht. Ein Beispiel: In Mali errichtete Spanien eine Cashew-Fabrik. Man baute eine Produktionshalle und schaffte entsprechende Maschinen an. Es fanden sich auch gleich genügend Arbeiter und die Spanier schulten sie ein paar Wochen lang an den Geräten. Doch dann verschwanden die Europäer. Die Einheimischen können nun zwar Cashews knacken, aber es fehlen ihnen Fahrzeuge für den Transport. Weder gibt es eine vernünftige Organisationsstruktur, noch größere Abnehmer. Das Projekt steht vor dem Scheitern. 3) Youtube: WDR Doku: Grenzen dicht! Europas Schutzwall in Afrika; Dokumentation vom 14.08.2018
Die Cashew-Fabrik ist wahrscheinlich bald in den Sand gesetztes Geld, aber immerhin lässt sich ein guter Wille dahinter erkennen. Schlimmer wird es, wenn die europäischen Staaten Geld in afrikanische Regierungen investieren. Das Problem: Man setzt vor allem auf autoritäre Regime. Und wer Länder wie den Südsudan, den Tschad oder Eritrea unterstützt, finanziert genau die Menschen, wegen denen Hunderttausende fliehen müssen. Das kann man sehr gut in Eritrea sehen. 4) Das Erste: Monitor: Grenzen dicht in Afrika: wie die EU Flüchtlinge vom Mittelmeer fernhalten will; Video vom 24.08.2017 5) bpb: Irgendwo in Afrika: Konsequenzen der Auslagerung der EU-Grenzen; Artikel vom 11.01.2019
Europa finanziert das „Nordkorea Afrikas“

Jeder Eritreer und jede Eritreerin muss einen unbefristeten Militärdienst leisten | Bild: © Temesgen Woldezion [CC BY-SA 2.5] – Wikimedia Commons
Und was tut Deutschland? Es will um jeden Preis verhindern, dass noch mehr Menschen aus Eritrea kommen und arbeitet deshalb mit dem Diktator zusammen. Aber nicht um die Menschenrechtslage zu verbessern, sondern nur um die Flüchtlingszahlen nach unten zu drücken. Und dafür ist ihnen scheinbar jedes Mittel recht. Gemeinsam mit der EU überweist man dem eritreischen Regime Millionen. Mit dem Geld sollen Jobs entstehen, aber auch staatliche Institutionen gestärkt und Schmuggler bekämpft werden. 8) Das Erste: Monitor: Grenzen dicht: Europas Pakt mit Despoten; Video vom 23.07.2015 9) ZDF: Frontal 21: Flucht aus Eritrea: Die Doppelmoral der EU; Video vom 04.06.2019 – nicht mehr verfügbar
Den Menschen hilft das natürlich wenig. So gut wie niemand flieht aus Eritrea weil er keinen Job hat. Der Grund ist das unmenschliche Regime. Und das kann seine Herrschaft nun mit Finanzhilfe aus Europa festigen. Die EU ist der Auffassung, dass ihre Politik den Menschen Schutz bringt. Außerdem würde man die Diktatoren mit ihrer Verantwortung konfrontieren. Doch am Beispiel Eritrea zeigt sich: Am System ändert sich nichts. Viele Geflüchtete sprechen sogar davon, dass sich die Situation im Land in den letzten Jahren verschlechtert hat. Die EU-Gelder erreichen also das genaue Gegenteil dessen, wofür sie eigentlich gedacht sind. Statt Fluchtursachen zu bekämpfen, werden Fluchtursachen gefördert. Aber wenn ein Despot sein Volk im Land behält, scheint es Brüssel egal zu sein, dass die Diktatur dadurch noch repressiver wird. 10) Das Erste: Monitor: Grenzen dicht: Europas Pakt mit Despoten; Video vom 23.07.2015 11) ZDF: Frontal 21: Flucht aus Eritrea: Die Doppelmoral der EU; Video vom 04.06.2019 – nicht mehr verfügbar
Flüchtlinge Fernhalten um jeden Preis

Der Grenzzaun von Melilla | Bild: © Ongayo [CC BY-SA 2.0] – Wikimedia Commons
„Aus den Augen aus dem Sinn“ heißt die Devise. Die Probleme der Flüchtlinge werden damit natürlich nicht gelöst, aber das ist ja auch nicht das Ziel. Der Politik scheint jedoch oft nicht bewusst zu sein, welche Folgen ihr Vorgehen hat: Auch Menschen, die gar nicht auf der Flucht sind, leiden auf einmal unter der Flüchtlingspolitik der EU. Das sieht man beispielsweise in Niger.
Niger: Die EU zerstört einen ganzen Wirtschaftszweig
Wer aus dem Senegal, Mali, Burkina Faso oder Ghana nach Libyen will, kommt um Niger fast nicht herum. Das Land ist das Nadelöhr der Flüchtlingsströme aus Westafrika nach Europa. Die EU weiß das und versucht deshalb, den Flüchtlingsstrom zu stoppen. Vor wenigen Jahren schloss man ein Abkommen mit Niger. Das zweitärmste Land der Welt sollte massive finanzielle Unterstützung erhalten, wenn es im Gegenzug die Flüchtlingsroute schließt. 14) Youtube: WDR Doku: Grenzen dicht! Europas Schutzwall in Afrika; Dokumentation vom 14.08.2018 15) Süddeutsche Zeitung: Nirgendwo in Afrika; Artikel vom 07.02.2020 16) bpb: Irgendwo in Afrika: Konsequenzen der Auslagerung der EU-Grenzen; Artikel vom 11.01.2019
Das Ganze ist ein riesiger Erfolg – zumindest für die EU und den nigrischen Staat. Europa liefert Militärgerät und das nigrische Militär rüstet damit die Grenzen hoch. So wurde der Flüchtlingsstrom tatsächlich größtenteils gestoppt. Die nigrische Regierung meint, einen guten Deal gemacht zu haben, doch die Bevölkerung leidet extrem unter dem Ausbleiben der Flüchtlinge. Denn Viele hatten einst von den Geflüchteten profitiert. Vor dem Abkommen war der Transport von Migranten legal gewesen – und ein lohnender Wirtschaftszweig. Die Wüstenstadt Agadez hatte größtenteils von den Flüchtlingen gelebt. Die Menschen mussten ja untergebracht, versorgt und durch die Wüste gefahren werden. Doch nun bleiben die Flüchtlinge aus und der Transport von Migranten wurde für illegal erklärt. Tausende Nigrer stehen vor dem Nichts. Die Hilfsgelder, die die EU für die Entwicklung des Landes vorgesehen hat, kommen bei ihnen nicht an. Bewohner, die einst mit den Flüchtlingen ihren Lebensunterhalt verdient hatten, laufen nun Gefahr, selbst Flüchtlinge zu werden. Auch der Islamismus breitet seine Fänge in Niger aus, denn die arbeitslosen Nigrer sind leichte Opfer für Rekrutierung durch Terrormilizen. 17) Youtube: WDR Doku: Grenzen dicht! Europas Schutzwall in Afrika; Dokumentation vom 14.08.2018 18) Süddeutsche Zeitung: Nirgendwo in Afrika; Artikel vom 07.02.2020Europa gibt in Afrika jährlich Milliarden aus, um die Flüchtlingszahlen hierzulande möglichst niedrig zu halten. Dabei scheint es, als würde man nicht die Fluchtursachen bekämpfen wollen, sondern die Flüchtlinge. Unsummen fließen in Grenzzäune, Diktaturen und schmutzige Deals. Geld, das Korruption Gewalt und Leid fördert. Geld, das den Flüchtenden ihr ohnehin schon erbärmliches Leben noch schwerer macht. Und nicht selten zerstört die EU-Politik die Existenz gewöhnlicher Menschen.
Man stelle sich vor, all diese Milliarden würden in die Menschen investiert werden. In Bildung, Infrastruktur, fairen Handel und Demokratie. Das wäre es, was Europa als Vertreterin der Menschenrechte tun sollte. Nur so können junge Männer und Familien dazu bewegt werden, freiwillig in ihrer Heimat zu bleiben. Nur so können nachhaltig Fluchtursachen bekämpft werden.
Fußnoten und Quellen:
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