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Was bringt Menschen dazu, ihre Heimat zu verlassen und ein besseres Leben zu suchen? | Bild: © earthlink e.V. [alle Rechte vorbehalten] -
Klimaschutz auf Fidschi: Inselstaaten könnten zum Vorbild der ganzen Welt werden
Fidschi. Da denkt man an weite Strände und kristallklares Wasser, weißen Sand und immerwährend blauen Himmel, an Palmen und Sonnenschein. Aber der Klimawandel zerstört jede Idylle. Fidschi ist eine betörend schöne Ansammlung von Inseln, die vergänglich geworden ist.
Das alte Vunidogoloa lag an der südlichen Seite von Vanua Levu. Zwei Kilometer den Berg hoch, weiter im Landesinneren, liegt das neue Vunidogoloa. Nur die Ältesten erinnern sich noch an die Zeiten temporärer Fluten, mit denen man gut leben konnte. Diese Fluten wurden schnell unberechenbar und drangen jeden Tag bis ins Dorf vor. Die Bewohner standen kniehoch im Wasser. Schon lange bevor man ihnen den Namen Klimawandel gab, waren die Veränderungen zu beobachten. Bereits 1978 hielten Schutzwälle den Wellen nicht mehr stand. Das Dorf war weltweit eines der ersten, das in Folge des Klimawandels umgesiedelt werden musste. Dort wo das alte Vunidogoloa liegt, gleicht der schmale Küstenstreifen einem Schlachtfeld. Eine Tragödie für die ehemaligen Bewohner. In Fidschi ist die eigene Geschichte und Identität tief mit dem Boden verwurzelt. In ihm ist alles drin: die Toten, die Ahnen und die Geister. Das kann man nicht mitnehmen, wenn man seine Heimat verlässt. Das gehört dann dem Meer und kommt nie wieder zu einem zurück. 1) Deutschlandfunk: Fidschi siedelt Dörfer um: Wie der Klimawandel Heimat frisst; Artikel vom 24.10.2017 2) Spiegel: Satellitenbild der Woche: Dem Untergang geweiht; Artikel vom 13.11.2017
Auf den Inselgruppen im Pazifik leben 10 Millionen Menschen. Auf Grund des Klimawandels könnte es bis 2050 1,7 Millionen von ihnen so ergehen wie den Bewohnern Vunidogoloas. Der steigende Meeresspiegel, Hurrikans, Zyklone und Fluten sind besonders für küstennahe Regionen eine Bedrohung. Hinzu kommen weitere Naturkatastrophen, starke Dürren und Hitzewellen. Die Folgen der menschengemachten Klimaveränderungen sind überall zu beobachten, aber vor allem die Länder des globalen Südens sind bereits schwerwiegend mit den Auswirkungen konfrontiert. Für das Jahr 2040 prognostiziert Greenpeace 200 Millionen Klimaflüchtlinge. 200 Millionen Menschen, die ihre Heimat verlassen müssen und nie wieder zurück kehren können. 3) UNFCCC: How Fiji is Impacted by Climate Change; Artikel vom 09.02.2017 4) Reset: Klimawandel als Fluchtursache; Zuletzt aufgerufen am 24.02.2020
Aufgeladen mit allgemeiner Besorgnis, unterstellter Hysterie und unzureichenden politischen Entscheidungen ist der Klimawandel (zurecht) ein emotionales, umstrittenes und schwieriges Thema. Es ist einfach viel zu warm hier und die Zeit läuft uns davon. Das weiß man auch auf Fidschi und findet Lösungen, die Mut machen können.
Kleine Inselentwicklungsländer (SIDS), zu denen Fidschi gehört, sind mit 0,5 Prozent an den globalen Treibhausemissionen ziemliche Nullnummern im Umweltzerstören. Die wahren Zerstörer verstecken sich hinter dem Nord-Süd Gefälle. Die drei größten pro Kopf CO2-Ausstöße haben die USA (2017: 15,7 Tonnen), Russland (2017: 12,3 Tonnen) und Japan (2017: 10,4 Tonnen). Deutschland liegt mit jährlichen 9,6 Tonnen auf Platz vier. In Fidschi motiviert die direkt spürbare Dringlichkeit den Staat und die Bewohner, jede mögliche Maßnahme gegen die Klimakatastrophe zu ergreifen. Sie haben Glück, denn die Bedingungen sind optimal. Die Insellage, typische Siedlungsstrukturen und der hohe Stellenwert des Tourismus machen besonders die Dekarbonisierung des Verkehrs gut umsetzbar. Die Küstenstraßen sind ideal, um Orte an den öffentlichen Verkehr anzuschließen, die geringe Fläche macht den Umstieg auf E-Mobilität günstig. Aktuell gibt Fidschi jährlich 10 Prozent seiner Wirtschaftsleistungen für importieren Sprit aus. Eine Umrüstung der Infrastruktur auf Strom-Tankstellen wäre mit einmaligen 1,5 Prozent vollständig finanziert. Ausländische Gäste stärken mit ihrer Verkehrsnachfrage zudem Finanz- und Innovationskraft. E-Mobilität, Sharing-Lösungen und effiziente Busliniennetzte können Fidschi, Barbados und Mauritius zu wahren Vorreitern für den „sauberen“ Verkehr machen und damit ein klares Signal an den Rest der Welt senden: Es gibt Lösungen und sie können funktionieren. Die Bundesrepublik stößt rund ein Fünftel ihrer gesamten CO2-Emissionen über den Verkehrsbereich aus, LKWs und Autos sind hauptverantwortlich. Nichts von dem, was in Fidschi möglich ist, wäre in Deutschland genauso anwendbar, aber darum geht’s auch nicht. Es würde der Klimadebatte einfach gut tun, sich an positiven Vorbildern orientieren zu können. 5) BR24: Klimawandel: Die wichtigsten CO2-Fakten visualisiert; nicht mehr verfügbar 6) MCC-Berlin: Schaut auf die kleinen Inselstaaten!; Artikel vom 17.02.2020 7) MDPI: Unique Opportunities of Island States to Transition to a Low-Carbon Mobility System; Zuletzt abgerufen am 25.02.2020 8) BR24: Klimaschutz: Wie groß ist der CO2-Anteil des Verkehrs?; nicht mehr verfügbar
Man muss nun an dieser Stelle die Frage stellen, wie gerecht es ist, wenn die Leidtragenden den Verursachern als Vorbild dienen. Und wenn man diese Frage stellt, dann kommt man zu dem Schluss, dass es ungerecht ist. Um genau diese Ungerechtigkeit kommt die Klimadebatte nicht herum. So sind die Innovationen der kleinen Inselstaaten auch eine Erinnerung, eine Mahnung daran, dass wir auf Kosten anderer leben und es früher oder später nicht mehr nur diese anderen sind, die den Preis dafür zahlen. Das scheinen wir alle schon so oft genauso gehört zu haben und trotzdem: Wie viele dieser Erinnerungen und Mahnungen brauchen wir noch bis wir unserer Verantwortung endlich gerecht werden?
Fußnoten und Quellen:
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