![Was bringt Menschen dazu, ihre Heimat zu verlassen und ein besseres Leben zu suchen? | Bild: © earthlink e.V. [alle Rechte vorbehalten] - Was bringt Menschen dazu, ihre Heimat zu verlassen und ein besseres Leben zu suchen? Was bringt Menschen dazu, ihre Heimat zu verlassen und ein besseres Leben zu suchen? | Bild: © earthlink e.V. [alle Rechte vorbehalten] -](https://www.fluchtgrund.de/files/2021/07/was_bringt_menschen_dazu-713x628.png)
Was bringt Menschen dazu, ihre Heimat zu verlassen und ein besseres Leben zu suchen? | Bild: © earthlink e.V. [alle Rechte vorbehalten] -
CARE-Bericht „Suffering in Silence“: Afrika leidet und die Welt schaut nicht mal zu
Seit 2017 veröffentlicht die Hilfsorganisation CARE ihren jährlichen „Suffering in Silence“ – Bericht, also eine Liste der zehn humanitären Krisen, denen im vergangenen Jahr am wenigsten internationale Medienbeachtung zuteilwurde. Für das Jahr 2019 lässt sich ein besorgniserregender Trend beobachten: Neun der zehn aufgeführten Krisen finden auf dem afrikanischen Kontinent statt. 2018 sind es noch acht von zehn gewesen. Der Klimawandel ist dabei immer Mitauslöser und verschärft die Problematiken. Passend dazu lässt sich schon seit Langem ein Zusammenhang zwischen der vom Menschen verursachten globalen Erwärmung und der Länge beziehungsweise Komplexität der humanitären Notlagen beobachten. Umso schockierender ist es, dass die Hauptverantwortlichen der klimatischen Veränderungen – also der globale Norden – den Leidtragenden – dem globalen Süden – so wenig Aufmerksamkeit schenken.
Suffering in Silence – Top 10 der vergessenen Krisen:
- Madagaskar – 2,6 Millionen Menschen leiden durch die klimatischen Veränderungen an Hunger. Etwa 80 Prozent der Bevölkerung sind in der Landwirtschaft tätig und damit besonders anfällig. Jedes zweite Kind unter fünf Jahren ist unterentwickelt.
- Zentralafrikanische Republik – Ein brutaler Konflikt im Herzen Afrikas: Etwa 2,6 Millionen Menschen brauchen dringend humanitäre Hilfe. Mehr als 600.000 Menschen sind Binnenflüchtlinge und über 592.000 suchen Schutz in Nachbarländern.
- Sambia – Wiederholt fallen Ernten aus. Die Temperaturen in der Region steigen etwa doppelt so schnell wie im Vergleich zum Rest der Welt. Etwa 2,3 Millionen Menschen brauchen dringend Nahrungsmittelhilfe. Ungefähr 40 Prozent der Kinder unter fünf Jahren sind mangelernährt.
- Burundi – 1,7 Millionen Menschen haben nicht genug Mittel, um ihre Familien zu ernähren. Knapp 326.000 Menschen suchen Schutz in Nachbarländern und 106.000 sind Binnenvertriebene.
- Eritrea – Schwere Dürre: Die Hälfte aller Kinder unter fünf Jahren leidet an Unterernährung. Hunderttausende junge Menschen verlassen jedes Jahr das Land.
- Nordkorea – Ein Land in Isolation: 10,9 Millionen Menschen benötigen humanitäre Hilfe. Geschätzte 43 Prozent der Bevölkerung sind unterernährt. 40 Prozent der Bevölkerung haben keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser.
- Kenia – Überschwemmungen und Dürren: Mehr als 1,1 Millionen Menschen hungern. Starkregen im Herbst zwang zehntausende Menschen, ihre Häuser zu verlassen. 500.000 Kleinkinder leiden unter Mangelernährung.
- Burkina Faso – Bewaffnete Konflikte und Gewalt: 5,2 Millionen Menschen sind betroffen. 2019 wurden durchschnittlich 30.000 Menschen pro Monat vertrieben, das sind 486.000 Menschen im gesamten Jahr. 51 Prozent der Frauen werden vor ihrem 18. Lebensjahr verheiratet.
- Äthiopien – Naturkatastrophen, Mangelernährung und Vertreibung: 7,9 Millionen Menschen haben zu wenig zu essen. 2019 haben rund 200.000 Menschen ihr Zuhause verloren.
- Tschadsee-Region – Zehn Jahre Gewalt, Armut, Hunger und Vertreibung: 10 Millionen Menschen brauchen Hilfe. Fast 3,4 Millionen Menschen fehlt der regelmäßige Zugang zu Nahrung. Alleine im Tschad gibt es 657.000 Vertriebene.
Insgesamt sind von den Krisen des Reports 51 Millionen Menschen betroffen. Es wird also vielen Leidtragenden wenig Beachtung geschenkt. Woran liegt das? Zuerst einmal gilt: Je länger eine Krise dauert, umso leichter wird sie früher oder später vergessen. Schuld daran tragen nicht nur die Medien alleine. Die Berichterstattung und das öffentliche Interesse stehen in direkter Verbindung mit der Bedeutung der betroffenen Länder für die internationale Politik. Die gelisteten Staaten sind oft diejenigen, die die geringste Finanzierung erhalten. Das muss sich ändern, denn Aufgabe der humanitären Hilfe ist es eigentlich, genau dort hinzuschauen, wo es keine Medienschlagzeilen oder einfache Antworten gibt. Die Zusammenarbeit von Regierungen, Politik, Hilfsorganisationen, Öffentlichkeit und Privatsektor ist das einzige Mittel gegen das Vergessen. Nicht nur die Opfer der aufgeführten Krisen sind von dieser Kooperation abhängig. Während unsere Lebensbedingungen heute besser als je zuvor sind, benötigen weltweit 160 Millionen Menschen dringend humanitäre Unterstützung. Sie und ihre Schicksale stehen in krassem Kontrast zu unserem Wohlstand. Laut Berechnungen der UN werden 2020 insgesamt rund 26 Milliarden Euro benötigt, um ausreichend Hilfsleistungen gewährleisten zu können. Während es im globalen Norden für die meisten nur darum geht, ihre Lebensqualität möglichst billig, möglichst schnell zu steigern, kämpfen 160 Millionen andere Menschen ums bloße Überleben.
Unsere Gegenwart hat das Potenzial, Nachrichten mit rasanter Geschwindigkeit und enormer Reichweite zu verbreiten. Das beweist das wachsende öffentliche Bewusstsein für die Klimakrise oder auch die große internationale Hilfsbereitschaft während der Buschfeuer in Australien. Diese Errungenschaften der Globalisierung und Digitalisierung machen Mut. Fest steht aber auch: Jede der zehn humanitären Krisen ist eine individuelle, reale Krise, die individuelle und weitreichende Maßnahmen erfordert. Vor allem aber, ist jede einzelne, eine humanitäre Krise zu viel. Deutschland ist sich seiner tragenden Rolle in diesem Kontext bewusst. “ Als einer der größten Geber für humanitäre Hilfe weltweit ist sich Deutschland der Verantwortung bewusst, auch chronische und klimabedingte Krisen mit Nachdruck auf die Agenda zu bringen.“, sagt Peter Felten, Leiter des Referats für Multilaterale Gestaltung der Humanitären Hilfe im Auswärtigen Amt. Dort wurde der CARE-Bericht vergangenen Dienstag vorgestellt. 1) CARE: Care-Bericht „Suffering in Silence“: Krisen in Afrika erhielten 2019 die wenigste Mediale Aufmerksamkeit; Artikel nicht mehr verfügbar 2) CARE: Suffering in Silence: Zehn humanitäre Krisen, die 2019 keine Schlagzeilen machten; Bericht nicht mehr verfügbar 3) CARE: Vergessene Krisen: Suffering in Silence; Zuletzt abgerufen am 29.01.2020 4) epo: „Suffering in Silence“: Krisen in Afrika erhielten 2019 die wenigste mediale Aufmerksamkeit; Artikel nicht mehr verfügbar
Fußnoten und Quellen:
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