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Was bringt Menschen dazu, ihre Heimat zu verlassen und ein besseres Leben zu suchen? | Bild: © earthlink e.V. [alle Rechte vorbehalten] -
Vertreibung in Ostjerusalem: Israelische Sicherheitskräfte zerstören Häuser von Palästinensern
Der Nahost-Konflikt um Israel und Palästina ist einer der explosivsten Konflikte auf der Welt. Der kleinste Auslöser kann zu Massenprotesten und gewaltsamen Ausschreitungen führen. Vergangenen Montag wurde neues Öl ins Feuer gegossen. Israel hat mit Hilfe von etwa 700 Polizisten und 200 Soldaten 10 Gebäude mit insgesamt 70 Wohnungen in Ostjerusalem abgerissen. Die Häuser seien größtenteils noch im Bau, laut UN hat dies dennoch die Vertreibung von 17 Palästinensern, davon 9 Flüchtlinge und 11 Kinder zur Folge. 350 Palästinenser sind direkt durch die Zerstörung ihrer zukünftigen Wohnungen betroffen. 1) Spiegel Online: Deutschland kritisiert Zerstörung palästinensischer Häuser; Artikel vom 23.07.2019 2) United Nations: UN Officials call on Israeli Authorities to halt Plans for Demolitions in Sur Bahir; Artikel vom 17.07.2019 3) AlJazeera: Israel’s Home Demolitions a „War Crime“: Palestinian Envoy; Artikel vom 23.07.2019 4) BBC: Israel razes Palestinian Homes „built too near Barrier“; Artikel vom 22.07.2019
Die betroffenen Gebäude liegen in Sur Baher, einem palästinensischen Stadtteil Jerusalems. Die Situation in diesem Bezirk ist kompliziert. Anfang der 2000er Jahre begann Israel im ganzen Land mit dem Bau von Zäunen und Mauern, um nach eigenen Angaben palästinensische Anschläge besser abwehren zu können. Dabei sind viele von diesen Sperranlagen teilweise weit innerhalb der Grenzen des besetzten Westjordanlandes und Ostjerusalems – so auch in Teilen Sur Bahers. Obwohl das Westjordanland von Israel besetzt wird, gibt es dennoch eine (von Israel anerkannte) autonome palästinensische Administration, die Verwaltungsaufgaben übernimmt. Diese Administration hat den Bau der Häuser im ostjerusalemer Stadtteil genehmigt, da dieser Bereich unter ihre administrative Zuständigkeit fällt. Israels oberster Gerichtshof hingegen entschied, dass erst die Erlaubnis des militärischen Befehlshabers hätte eingeholt werden müssen. Die Gebäude befänden sich weniger als 250 Meter entfernt vom Grenzzaun und stellen daher eine Gefahr für die Sicherheit Israels dar. Attentäter könnten die Häuser für Anschläge auf Israel nutzen. Zudem könnten Waffen und Munition dort gelagert werden. Die Palästinenser werfen Israel hingegen vor, dass es eigentlich nicht um die Sicherheitslage geht, sondern darum, die arabische Bevölkerung in Ostjerusalem zu verringern. Dies sei der wahre Grund, warum Palästinenser nur sehr selten Baugenehmigungen erhalten, oder ihre Häuser abgerissen werden. 5) Spiegel Online: Deutschland kritisiert Zerstörung palästinensischer Häuser; Artikel vom 23.07.2019 6) CNN: Israeli Forces demolish Palestinian Homes in east Jerusalem; Artikel vom 23.07.2019 7) AlJazeera: Israel’s Home Demolitions a „War Crime“: Palestinian Envoy; Artikel vom 23.07.2019 8) Deutschlandfunk: Abriss von Palästinenser-Häusern in Sur Baher; nicht mehr verfügbar 9) ARD: Palästinenser verlieren ihr Zuhause; Artikel vom 23.07.2019 10) BBC: Israel razes Palestinian Homes „built too near Barrier“; Artikel vom 22.07.2019 11) AlJazeera: Wadi Hummus: Another Israeli Celebration of Ethnic Cleansing; Artikel vom 23.07.2019
Infolge des Sechs-Tage-Krieges von 1967 besetzte Israel das Westjordanland und ganz Jerusalem. Der Status als besetztes Gebiet gewährt der dort lebenden Bevölkerung eigentlich gewisse Schutzrechte gegenüber der Besatzungsmacht. So stellt die widerrechtliche Umsiedelung von Zivilisten aus besetzten Gebieten einen Verstoß gegen die vierte Genfer Konvention dar und ist nach dem Römischen Statut des Internationalen Strafgerichtshofes ein Kriegsverbrechen. Saleh Higazi, Vertreter von Amnesty International für den Mittleren Osten und Nordafrika sagt hierrüber: „ Diese Zerstörungen sind schamlose Verletzungen von Völkerrecht und Teil der systematischen Strategie israelischer Behörden, Palästinenser in besetzten Gebieten gewaltsam umzusiedeln; solche Aktionen sind Kriegsverbrechen“. Riyad Mansour, Sondergesandter Palästinas bei den Vereinten Nationen spricht sogar von „Ethnischer Säuberung“. So direkt wollten europäische Staaten Israel nicht angreifen Deutschland, Großbritannien, Frankreich und Spanien betonen aber in einer gemeinsamen Erklärung zu den Vorfällen, dass die Häuser sich auf Grund befanden, der nach den Osloer Friedensverträgen unter der Kontrolle der palästinensischen Autonomiebehörde stand, der Abriss von Gebäuden in besetzten Gebieten gegen das humanitäre Völkerrecht verstößt, und dass der Abriss einen gefährlichen Präzedenzfall darstellt, der die Zweistaatenlösung unmittelbar gefährdet. Anders sehen israelische und US-amerikanische Reaktionen aus. Der Friedensgesandte der Vereinigten Staaten Jason Greenblatt sagte, dass die Palästinenser wenig damit erreichen, ihre „ermüdende Rhetorik“ zu wiederholen und sich ständig auf Völkerrecht oder UN-Sicherheitsratsresolutionen zu beziehen. Israels UN-Botschafter Danny Danon sagte: „Wir glauben an Recht und Ordnung. Wenn du ein Haus ohne Erlaubnis baust, wird dein Haus nicht stehen bleiben“ – angesichts der völkerrechtlich illegalen israelischen Siedlungspolitik in palästinensischen Gebieten erscheint diese Äußerung mehr als zynisch. 12) Amnesty International: Israel continues Policy os systemic forced Displacement with Wave of Home Demolitions in Sur Baher; Artikel vom 22.07.2019 13) Spiegel Online: Deutschland kritisiert Zerstörung palästinensischer Häuser; Artikel vom 23.07.2019 14) AlJazeera: Israel’s Home Demolitions a „War Crime“: Palestinian Envoy; Artikel vom 23.07.2019
Viele Palästinenser im Westjordanland und Ostjerusalem haben Vertreibung schon erlebt. Zeitgleich ist sie eine immerwährende Bedrohung. Dabei hat sie, insbesondere für die verwundbarsten Mitglieder der Gesellschaft wie etwa Kinder, traumatische und langanhaltende Konsequenzen. Laut dem Amt der Vereinten Nationen für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten hat Israel in den vergangenen 10 Jahren mehr als 1.100 Bauten im besetzten Ostjerusalem zerstört und dabei mehr als 2.000 Menschen vertrieben. Allein dieses Jahr wurden schon 126 Bauten abgerissen. Dabei wurden 203 Menschen heimatlos und die Leben von 1.036 Menschen direkt beeinflusst. Der Friedensplan von Oslo, der ein Meilenstein im Nahost-Konflikt war und die Autonomie Palästinas im Gegenzug zu der Anerkennung des Existenzrechts Israels vertraglich absichern sollte, scheint gescheitert zu sein. 15) United Nations: UN Officials call on Israeli Authorities to halt Plans for Demolitions in Sur Bahir; Artikel vom 17.07.2019 16) Amnesty International: Israel continues Policy os systemic forced Displacement with Wave of Home Demolitions in Sur Baher; Artikel vom 22.07.2019 17) ARD: Palästinenser verlieren ihr Zuhause; Artikel vom 23.07.2019 18) AlJazeera: Wadi Hummus: Another Israeli Celebration of Ethnic Cleansing; Artikel vom 23.07.2019
Fußnoten und Quellen:
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