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Was bringt Menschen dazu, ihre Heimat zu verlassen und ein besseres Leben zu suchen? | Bild: © earthlink e.V. [alle Rechte vorbehalten] -
Sudan kommt nicht zur Ruhe – friedliche Protestbewegung gewaltsam niedergeschlagen
Die Lage im Sudan spitzt sich brisant zu. Nachdem zwischenzeitlich die Hoffnung stark stieg, dass die monatelangen zivilen Proteste den Weg hin zu einer friedlichen demokratischen Regierung ebnen, verzeichnen jüngste Ereignisse nun das Gegenteil. Die paramilitärischen Rapid Support Forces (RSF) schlugen am 3. Juni einen friedlichen Sitzstreik brutal nieder – das niedergebrannte Zeltlager besteht nur noch aus Fetzen, vergewaltigte Frauen und Männer wurden in den Nil geworfen, mindestens 130 Menschen kamen ums Leben, über 500 DemonstrantInnen wurden verletzt. Der Milizführer der RSF, Mohammed Hamdan Dagalo, „Hemeti“ genannt, übernahm daraufhin die politische Führung des Landes. Er war lange der militärische Schutzbeauftragte des 30 Jahre währenden Diktators Omar al-Bashir – bis diesem im Zuge der Wirtschaftskrise das Geld ausging. Die Finanzfrage sowie die immer größer werdenden Proteste waren sicherlich die Hauptgründe für die Entmachtung al-Bashirs am 11.April 2019 durch Armee und Sicherheitsdienste. Auch Hemeti war daran beteiligt und gab sich zunächst geradezu demokratisch und wohlwollend. Von europäischen Diplomaten wird er gelobt – im Großteil der Bevölkerung ist er verhasst; schließlich hat er bereits den brutalen Völkermord in Darfur mit etwa 300 000 Toten zu verzeichnen. 1) Zeit Online: Sudan – Der Schrecken kehrt zurück; Artikel vom 5.6.2019 2) Zeit Online: Omar al-Bashir – Das Ende eines Diktators; Artikel vom 17.6.2019 3) Süddeutsche Zeitung: Aufsstand der Opposition – Trägt die EU eine Mitverantwortung an der Lage im Sudan?; Artikel vom 11.6.2019 4) Zeit Online: Afrikanische Union suspendiert Sudan; Artikel vom 6.6.2019 5) Süddeutsche Zeitung: Sudan – General ohne Gnade; Artikel vom 7.6.2019 6) Welt: „Niemand hat mehr Blut an den Händen als Hemeti“; Artikel vom 13.6.2019
Indem Hemeti militärisch die riesige Zeltstadt niederschlug, wurde mit den DemonstrantInnen auch die Hoffnung auf eine friedliche Revolution vernichtet und vertrieben. Oppositionsführer wurden festgenommen und rohe Gewalt beendete vorerst jegliche Freiheitsbewegungen, Friedensfortschritte und Träume von einem neuen vielfältigen Sudan. Dabei wurde am Tag zuvor noch eine vielversprechende Einigung zwischen dem regulären Militär und der Opposition erreicht. Die dreijährige Übergangsregierung sollte gemeinsam und gleichermaßen aus den beiden Lagern besetzt und geführt werden. Doch die alten Strukturen der Gewalt und bisher regierenden Eliten ließen es nicht zu, außen vor gelassen zu werden. Hemeti will schon in 7 Monaten Neuwahlen ansetzen, um keine Zeit zu lassen, dass sich demokratische Parteien aufbauen und Pressefreiheit etablieren kann, wie dies der Dreijahresplan vorgesehen hätte. 7) Zeit Online: Sudan – Der Schrecken kehrt zurück; Artikel vom 5.6.2019 8) Tagesschau: Nach Vermittlungstreffen – Oppositionsführer im Sudan festgenommen; Mitteilung nicht mehr verfügbar
Angesichts der schrecklichen Ereignisse erzielte der UNO-Sicherheitsrat am 12. Juni im zweiten Anlauf eine Erklärung mit Aufruf zum Gewaltverzicht. Auch 8 EU-Staaten verurteilen die Gewalt im Sudan. Doch ist das genug? „Das Ausland muss uns helfen. Isoliert die Generäle. Stellt die wirtschaftliche Zusammenarbeit ein.“ Die Bitte dieses Offiziers verdeutlicht die Notwendigkeit internationalen Drucks, damit die Demokratiebemühungen nicht umsonst waren – wie der Sudan-Experte der Friedrich-Ebert-Stiftung, Philipp Jahn, bestätigt. Einige Tage nach der Eskalation äußert sich Außenminister Heiko Maas „besorgt“. Ähnlich belanglos klingt die Stellungnahme eines Sprechers der Bundesregierung, der alle Parteien gleichermaßen an den Verhandlungstisch zitiert – als ob die friedliche Protestbewegung auch ein Stück Schuld an der Gewaltexplosion hätte. Auch die Hoffnung der DemonstrantInnen auf Hilfe durch internationalen Protest wurde enttäuscht. 9) Tagesschau: UN-Sicherheitsrat – EU-Länder verurteilen Gewalt im Sudan; Mitteilung nicht mehr verfügbar 10) Spiegel Online: Nach Massaker in Khartum – Uno-Sicherheitsrat verurteilt Gewalt im Sudan; Artikel vom 12.6.2019 11) Süddeutsche Zeitung: Aufstand der Opposition – Trägt die EU eine Mitverantwortung an der Lage im Sudan?; Artikel vom 11.6.2019 12) Deutschlandfunk: Sudan-Experte Philipp Jahn – „Internationale Gemeinschaft muss Druck machen“; nicht mehr verfügbar 13) Zeit Online: Sudan – Der Schrecken kehrt zurück; Artikel vom 5.6.2019
Anscheinend ist der EU – zu welchem Preis auch immer – lediglich eine stabile Regierung wichtig, welche die Migrationsströme bereits weit vor der europäischen Grenze abhalten soll. In den letzten Jahren zahlte die EU dafür mehrere hundert Millionen Euro an den Sudan, um das Grenzpersonal zu stärken. Für diese Aufgabe wird hauptsächlich das paramilitärische RSF beauftragt, obwohl jene sogar dafür bekannt sind, Flüchtlinge über die Grenze zu schmuggeln – vermutlich je nachdem, wer mehr zahlt. Für Hemeti ein leichtes Geschäft: „Die EU verliert im Kampf gegen Migration Millionen, deshalb muss sie uns unterstützen“. Zusammen mit den Einkünften aus einer Goldmine im Jemen und der Zulieferung von sudanesischen Soldaten an Saudi-Arabien, die im Jemen eingesetzt werden, beläuft sich sein Vermögen auf etwa 350 Millionen Dollar – ein Großteil davon aus europäischen Steuergeldern. Doch als Kooperationspartner in der Flüchtlingsabwehr ist kaum zu erwarten, dass sich die EU gegen ihn stellt. Dabei wäre es extrem wichtig, dass er und seine Komplizen endlich vor Gericht gestellt werden – ein schwieriges Vorhaben, ohne Hilfe von außen und Kappung der Geldströme. 14) Süddeutsche Zeitung: Aufstand der Opposition – Trägt die EU eine Mitverantwortung an der Lage im Sudan?; Artikel vom 11.6.2019 15) Süddeutsche Zeitung: Sudan – General ohne Gnade; Artikel vom 7.6.2019
„Jeder Tag, der ins Land zieht, macht das Militärregime stärker“ warnt der amerikanische Sudan-Experte Eric Reeves. Jetzt entscheidet sich, ob Demokratie und Frieden in das kriegsgebeutelte Land einziehen können oder ein brachialer Tyrann die Zukunft des Sudans bestimmt – maßgeblich durch die Haltung im Ausland. Die Diktatur von al-Bashir erzeugte bereits 3,7 Millionen Flüchtlinge. Die EU hat nun die Wahl, weiterhin Flüchtlingsströme durch Gelder an Hemeti „einzudämmen“ oder dem Terrorregime als Fluchtgrund endlich ihre Unterstützung zu entziehen. 16) Welt: „Niemand hat mehr Blut an den Händen als Hemeti“; Artikel vom 13.6.2019 17) Zeit Online: Afrikanische Union suspendiert Sudan; Artikel vom 6.6.2019 18) Süddeutsche Zeitung: Sudan – General ohne Gnade; Artikel vom 7.6.2019 19) Spiegel Online: EU-Zusammenarbeit mit Sudan -Fragwürdiger Pakt; Artikel vom 5.8.2018
Fußnoten und Quellen:
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