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Was bringt Menschen dazu, ihre Heimat zu verlassen und ein besseres Leben zu suchen? | Bild: © earthlink e.V. [alle Rechte vorbehalten] -
Zu wenig Getreide: Produktionsdefizite verursacht von Industrienationen treffen vor allem Menschen aus Entwicklungsländern
Im Agrarjahr 2018/19 konnte die weltweite Ernte den Getreidebedarf nicht decken. Das ergab sowohl ein Gutachten der UN-Welternährungsorganisation als auch eines des Internationalen Getreiderats. Während 2,68 Milliarden Tonnen Getreide – Weizen, Gerste Roggen, Mais und Reis – verbraucht wurden, wurden lediglich 2,65 Milliarden Tonnen geerntet. Dies entspricht einem Produktionsdefizit von rund 30 Millionen Tonnen. 1) Augsburger Allgemeine, Das Getreide wird weltweit knapp, die Preise steigen – Artikel vom 07.04.2019
Der Chef von Europas größtem Agrar-Händler, dem bayerischen Baywa-Konzern, sieht die Ursache vor allem im Hitzesommer 2018. Damit war es das vierte Jahr in Folge, in dem klimatische Bedingungen die Geschäfte erschwerten. Schon im Agrarjahr 2012/13 verursachten die Folgen der mehrjährigen Dürre in den USA einen weltweiten Getreidemangel. Auch die Ernten der EU und Russlands litten die letzten Jahre unter der extremen Hitze. Dies zeigt erneut, dass die Landwirtschaft vom Klima stark abhängig ist und auf den Klimawandel sensibel reagiert. Besonders klimatische Extremereignisse wie Dürreperioden und Überschwemmungen wirken sich zunehmend negativ auf die Produktivität der Landwirtschaft in Teilen Afrikas, Lateinamerikas und Südostasiens aus. Während die Erträge dort um fast 50 Prozent zu sinken drohen, könnten sie in der Nordhalbkugel um bis zu 35 Prozent steigen. Europäische Bauern rechnen sogar mit einem Anstieg der Getreideernten Europas für das kommende Agrarjahr. Bäuerliche Familien in Entwicklungsländern treffen Klimaveränderungen dahingegen stärker – und das obwohl sie existenziell am meisten von der Landwirtschaft abhängig sind. Die Landwirtschaft ist für 14 Prozent der weltweit emittierten Treibhausgase verantwortlich. 80 Prozent davon werden in Schwellen- und Entwicklungsländern freigesetzt und schmälern Ernteerträge. Die Leidtragenden der weltweiten und von allen verursachten globalen Erwärmung sind nur selten die Industrienationen. 2) SWR3, Weltweit fehlen 30 Millionen Tonnen Getreide – nicht mehr verfügbar 3) Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, Welternährung verstehen Fakten und Hintergründe – nicht mehr verfügbar
Hinzu kommt, dass das produzierte Getreide größtenteils für den Fleischhunger der Menschen verwendet wird. Nur Weizen ist für den menschlichen Verzehr bestimmt. Größte Teile der Maisernte sind dahingegen als Futter für Rinder, Schweine und andere Nutztiere gedacht. Die Nachfrage nach Fleisch steigt auch in bevölkerungsreichen Ländern wie Indien und China. Somit nimmt nicht nur der Bedarf an Weizen für den Menschen auf Grund des Bevölkerungswachstums zu, sondern der von Nutztieren steigt ebenfalls. Weizen, das in den Trögen der Tiere landet, fehlt wiederum bei Menschen auf dem Teller. 4) Saarbrücker Zeitung, Mehr Bevölkerung und höherer Fleischkonsum. Getreideernte ist geringer als der Bedarf – Artikel vom 07.04.2019
Die Tatsache, dass Getreide als Nahrungsmittel fehlt, stellt dabei gar nicht das größte Problem dar. Viele sehen darin keine zu große Gefahr für den Welthunger. Denn die weltweiten Kornkammern sind laut dem Internationalen Getreiderat gut gefüllt. Eine Hungersnot droht demnach nicht unmittelbar. Jedoch wird hierbei vergessen, dass die daraus resultierende Preissteigerung von Getreide Menschen aus Industrienationen in geringerem Maße trifft, als ärmere Familien in Entwicklungsländern. Allein in Deutschland schossen die Preise für Brot und Getreideprodukte um 6,3 Prozent in die Höhe. In Entwicklungsländern geben Menschen ohnehin bereits 50 bis 80 Prozent ihres Einkommens für Lebensmittel aus – in Deutschland sind es nur 12 Prozent. Weitere Preissteigerungen drohen Erstere finanziell zu ruinieren. In den vergangenen zehn Jahren stiegen auch die Preise für Frachten: Bisher haben diese sich für Entwicklungsländer schon fast um über 40 Prozent verteuert. 5) DW, Drohende Versorgungsengpässe bei Getreide – Artikel vom 07.04.2019 6) bpb, Welternährungstag: Mehr Hungernde durch steigende Preise – nicht mehr verfügbar 7) top agrar online, Getreide für Entwicklungsländer knapp und teuer – Artikel vom 19.10.2007
Wenn Getreide knapp wird, wird es automatisch teurer. Zusätzlich treiben Lebensspekulationen in Folge von weltweiten Ernterückgängen die Preise weiter in die Höhe. Unter diesen Bedingungen leiden wiederum die Menschen der ärmsten Länder. Zuerst drohen ihnen wegen des Klimawandels Ernteausfälle und dann können sie sich ihre Grundnahrungsmittel nicht mehr leisten, da Banken aus dem Westen mit den steigenden Preisen Gewinn machen. 8) Augsburger Allgemeine, Das Getreide wird weltweit knapp, die Preise steigen – Artikel vom 07.04.2019
Geht es um die globale Erwärmung, so hat jeder Mensch bis zu einem gewissen Grad seine Mitschuld zu tragen. Bewusst ist dies jedoch nur den wenigsten. Denn die Folgen des Klimawandels spüren immer zuerst ärmere bäuerliche Familien in Entwicklungsländern, wenn ihre Erträge ausfallen. Fehlende Nahrung wird nicht kompensiert, sondern in Nutztiere, die unseren Fleischhunger stillen, gesteckt. Dann werden Preise für Weizen und anderes Getreide auch noch künstlich in die Höhe getrieben. Noch mag ein Getreidemangel keine weltweite Hungersnot verursacht haben. Doch viele finanziell schlechter gestellte Menschen aus Entwicklungsländern treiben bereits heute entweder Ernteausfälle oder verteuerte Getreideprodukte in die Flucht. Beide Fluchtfaktoren werden vor allem durch westliche Industrienationen verursacht.
Fußnoten und Quellen:
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