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Was bringt Menschen dazu, ihre Heimat zu verlassen und ein besseres Leben zu suchen? | Bild: © earthlink e.V. [alle Rechte vorbehalten] -
Indien – Naturschutz droht indigener Bevölkerung mit Vertreibung
Mitte Februar reagierten die indigene Bevölkerung und Hilfsorganisation mit Entsetzen auf die Urteilsankündigung vom Obersten Gerichtshof in Indien. Dieser hatte auf die Klage mehrerer Naturschutzverbände reagiert und das sogenannte Forstgesetz (Forest Rights Act) für ungültig erklärt.
Bisher gewährt das Forstgesetz seit Ende 2007 indigenen Menschen in dritter Generation Rechte auf ihr Land und sollte Sicherheit für einheimische Völker garantieren. Unter dem britischen Kolonialregime hatten sie nur als „Geduldete“ gelebt. Dennoch hatten 1,2 Millionen von 3 Millionen Antragstellern Bleiberecht bekommen.
Nun setzte das Oberste Gericht die endgültige Räumung der betroffenen Gebiete bis Ende Juli dieses Jahres an. Damit sind Millionen indigene Einwohner und andere, die in Wäldern und in Schutzgebieten in 16 Bundesstaaten leben, betroffen. Das Gerichtsurteil wird von den Aktivisten als „beispiellose Katastrophe“ und „die größte Massenvertreibung im Namen des Naturschutzes“ angesehen.
Die Vertreibung könnte nach Einschätzung von Experten 8 Millionen indigene Menschen betreffen. „Diese Entscheidung ist ein Todesurteil für Millionen Indigene in Indien, Landraub in epischem Ausmaß und eine monumentale Ungerechtigkeit. Sie kann zu großem Elend, Verarmung, Krankheit und Tod führen und direkt in eine humanitäre Krise. Und es wird nicht helfen die Wälder zu retten, die von den Indigenen doch seit Generationen geschützt wurden.“, kritisierte Stephen Corry, Direktor der Menschenrechtsorganisation Survival International.
Die Naturschutzverbände haben unterdessen gegen das Forstgesetz geklagt, denn sie sehen es als Einschränkung für die Lebensräume der Tiere. Auch die Umweltaktivisten haben bereits die Vertreibung von Einheimischen gefordert, die über die aktuelle Gesetzeslage versuchen an Landrechte zu gelangen. Die einheimischen Völker stehen im Verdacht, aus Eigennutz die Naturräume zu zerstören. Dabei können sie die Wälder beschützen: Zum Beispiel konnten sie dank eines neuen Gesetzes den Bauxitabbau in Bundesstaat Orissa stoppen. 1) Tageschau: Millionen Indigenen droht Vertreibung; Artikel vom 22.02.2019 2) Survival International: „Katastrophe“: Indiens Oberstes Gericht ordnet Vertreibung von 8 Millionen Indigenen an; Artikel vom 22 Februar 2019 3) taz: Naturschutz versus Indigene?; Artikel vom 28. 2. 2019
Die Anwältin Shomona Khanna berichtet: „In den elf Jahren seines [des Gesetzes] Bestehens habe ich erstaunliche Entwicklungen vor Ort erlebt, und die Gemeinden haben vermehrt nachhaltige Bewirtschaftungsmethoden übernommen“. Aber zunehmende Selbständigkeit der Völker hat zu Streitigkeiten mit Forstämtern, die Einfluss durch Forstgesetze verloren haben, geführt. Insbesondere dürfen die Länder nicht zu wirtschaftlichen Zwecken aufgeteilt werden.
Die Anwältin vermutet die Manipulation von Umweltschützern und dem Gericht, dem die Naturschutzverbände wie Conservation Action Trust widersprechen, denn sie finden Umweltschutz viel wichtiger als Wirtschaftsinteressen. Sie sehen keine Landrechte für Menschen, die nach 2005 in die geschützten Gebiete gezogen sind. Der Naturschutz soll vorrangig bleiben. „Für das Überleben des Landes müssen wir den Wald schützen“, so Debi Goenka von Conservation Action Trust. 4) taz: Naturschutz versus Indigene?; Artikel vom 28. 2. 2019
Laut der Volkszählung beträgt die Zahl der Indigenen im Land 104 Millionen und mehr als 600 Stämme sind von der indischen Regierung anerkannt. Die indigenen Völker – Adivasi – sind außerhalb des Kastensystems und gehören trotz aller Schutzgesetze zu den ärmsten Bevölkerungsgruppen Indiens. 5) Wikipedia: Indien; Stand vom 22.03.2019 6) Wikipedia: Scheduled Tribes; Stand vom 22.03.2019
Der Nachrichtenwebsite The Wire berichtet über einen Anstieg der Ablehnungsrate, seit die hindu-nationalistische Partei BJP bei der Parlamentswahl 2014 an die Macht kam und Narenda Modi Premier wurde. Zudem hat die stockende Bürokratie die Antragsentscheidungen verzögert. Die indische Regierung wurde kritisiert, die Rechte der einheimischen Völker nicht unterstützt zu haben und bisher hat sich der Premier nicht geäußert. Dennoch wächst der Druck auf ihn, denn der Oppositionsführer Rahul Gandhi hat sich eingeschaltet und die Minister der betroffenen Bundesstaaten ausgefordert, gegen das Räumungsurteil vorzugehen. 7) taz: Naturschutz versus Indigene?; Artikel vom 28. 2. 2019 8) Tageschau: Millionen Indigenen droht Vertreibung; Artikel vom 22.02.2019
Fußnoten und Quellen:
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