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Peak Oil | Bild: © Toby Downtown [CC BY-NC 2.0] - Flickr
earthlink im Gespräch mit: Arnold Hottinger (Teil 2: Petrodollar, Peak Oil und Erneuerbare Energien)
Erdöl: Blog und Interview mit Arnold Hottinger
Im zweiten Teil unseres Gesprächs mit Arnold Hottinger, das wir Euch wieder als Audio und Transkript zur Verfügung stellen, berühren wir Themen, die im Zusammenhang mit „Erdöl“ in Bezug auf den Nahen Osten von Bedeutung sind. Ein zentraler Aspekt dieser Thematik ist das Bündnis zwischen Saudi-Arabien und den USA, im Zuge dessen der Petro-Dollar installiert wurde.
Als gegen Ende des Zweiten Weltkrieges, im Jahre 1944, die kommenden Siegermächte in Bretton Woods im US-Bundesstaat New Hampshire zusammenkamen, entwarfen sie eine neue Ordnung des Welt-Finanzsystems, die feste Wechselkurse und die Goldbindung des Dollars vorsah – das sogenannte Bretton-Woods-System. Das bedeutet, dass jeder Dollar konstant durch Gold gedeckt sein sollte – brachte man 35 Dollar zur Bank, so erhielt man exakt eine Unze Gold. Damit wurde der Dollar zur weltweiten Leitwährung. Als nun aber die Franzosen auf die „verrückte“ Idee kamen, sich einen Teil ihrer Dollar-Reserven in Gold auszahlen zu lassen, machte der damalige US-Präsident Richard Nixon 1971 seinem Namen alle Ehre und sagte: „Nix gibt’s!“. Damit wurde die Goldbindung des Dollars einseitig aufgehoben. Und es war auch klar gezeigt, wer der Hegemon ist.
Um die Vormachtstellung des Dollars weiterhin zu erhalten, fädelten die US-Strategen und Finanzarchitekten im Hintergrund einen neuen Deal ein. Zwei Jahre später, im Jahr 1973 – es waren mittlerweile sämtliche Wechselkurse zum Dollar freigegeben – wurde ein Abkommen mit den Saudis abgeschlossen, das besagte, dass der Wüstenstaat, der der größte Erdöl-Exporteur der Welt ist, sein Öl nunmehr nur noch in Dollar verkaufen werde. Damit war der Petrodollar geboren, der fortan die Funktion der Deckung der Währung, die ehedem dem Gold zukam, übernahm. Man könnte diesen Deal auch als das finanzarchitektonische Rückgrat des US-amerikanischen Hegemonialanspruchs bezeichnen. Tatsächlich ist es noch heute so: Sobald ein Land darüber nachdenkt, seine Erdölreserven auch in anderen Währungen als dem Dollar zu verkaufen, bekommt es die geballte Militärmacht der USA zu spüren. Das ist es, was seiner Zeit zum Beispiel in Libyen geschah, wo Gaddafi seine Erdölreserven am Dollar vorbei auch in Gold-Dinar verkaufen wollte.
Ein weiterer Aspekt, der im Zusammenhang mit Fragen rund um das Thema Erdöl von großer Wichtigkeit ist, ist die These von „Peak Oil“. Mit „Peak Oil“ ist der Zeitpunkt gemeint, an dem das Maximum an Ölförderung erreicht ist. Tatsächlich ist es so, dass in Europa die Erdölförderung zurück geht. In Großbritannien und Norwegen ist das Fördermaximum erreicht. Auch in Indonesien und Mexiko geht die Produktion bereits zurück. Aus diesem Grund rückt der ölreiche Nahe Osten um so mehr in den Fokus.
Doch genug der Vorrede, hören beziehungsweise lesen wir nun Hottingers Einschätzungen hinsichtlich Petrodollar, Peak Oil und der Rolle der Erneuerbaren Energien:
earthlink: Dann würde mich noch interessieren: Es gibt ja diesen Deal, wenn man so will, zwischen den USA und Saudi Arabien. Ich glaube seit 1971, 73, oder, wenn ich mich jetzt recht entsinne, wo dieser Petrodollar entstand – wo beschlossen wurde, dass Erdöl nur in Dollar verkauft werden darf. Seitdem ist das natürlich eine sichere Beziehung. Würden Sie sagen, dass das weltweite Machtgefüge sehr von diesen beiden Ländern auf eine Weise auch abhängt und wie wirkt sich das Ganze dann aus – auch im Nahen Osten?
Arnold Hottinger (AH): Also das Bündnis zwischen Saudi-Arabien und Amerika datiert vom Ende des Zweiten Weltkriegs, 1947. Damals hat Roosevelt sich mit Abd al-Aziz, dem Gründer des Königreiches, getroffen. Und seither existiert das. Es basiert darauf, dass die Amerikaner ihnen versprochen haben: Ihr bleibt an der Macht, wir schützen Euch, aber ihr verkauft uns euer Petrol. Das war damals ein Einbruch in das englische Petrolwesen. Die Engländer hatten vorher die wichtigsten Gesellschaften und die größten Exporte. Und die Amerikaner boten auch mehr Geld. Fifty-fifty stammt aus dieser Zeit. Die Engländer gaben 12 zu 100 oder sowas. Und natürlich besteht dieses Bündnis. Inzwischen ist Saudi-Arabien sehr reich geworden und ist auch ein großer Anleger überall, vor allem in Amerika. Das spielt dann auch eine Rolle, es festigt dieses Bündnis weiter. Aber es ist beschränkt auf Saudi-Arabien.
earthlink: Und umgekehrt bekommen natürlich dann die Saudis die modernsten Waffen aus den USA.
AH: Ja, weil sie das Geld haben.
earthlink: Ja, genau. Ich habe das Interview von Ihnen bei KenFM gesehen und da würde mich noch interessieren: Da haben Sie gesagt, die Technologie zur Ausbeutung der Erdölreserven ist eigentlich in erster Linie in westlicher Hand oder fast sogar nur, glaube ich, sagten Sie, so dass die arabische Bevölkerung nichts vom Kuchen abbekommt. Habe ich das richtig verstanden und können Sie dazu noch etwas sagen?
AH: Ja, es geht weitgehend so. Jedenfalls die modernsten Methoden, die Ölfelder werden ja schwächer. Je mehr man rausnimmt, mit desto raffinierteren Methoden muss man fortfahren rauszunehmen. Druck auf die Ölschichten usw. Injektion. All diese Sachen sind technologisch kompliziert und werden erfunden, ausprobiert, in Gang gesetzt durch die Ölgesellschaften. Und die Ölgesellschaften sind natürlich meistens in Amerika, aber auch in Europa zu Hause. Und deshalb haben die eine Art Monopol für die Technologie der Ausbeutung der Ölvorkommen, aber die verkaufen sie an die Erdölländer. Aus dem Gewinnanteil der Erdölgesellschaften heraus wird auch die Technologie entwickelt und bezahlt.
earthlink: Es gibt ja diese These von Peak Oil. Das heißt, dass das Fördermaximum möglicherweise jetzt schon überschritten ist und ab jetzt die Erdölförderung zurückgeht. Also in Europa ist das schon der Fall. Im Nahen Osten scheint es nicht so zu sein, da scheint es relativ weiterzusprudeln. Wie stehen Sie zu dieser Theorie?
AH: Ja, es muss mal aufhören. Das ist ganz klar. Wann es aufhört, ist größtenteils eine Frage der Entwicklung. Es geht um Umweltfragen unter anderem. Gerade in Deutschland ist das sehr aktuell, sehr akut und man spricht wirklich davon. In anderen Länder wie z.B. in Ost-Asien spricht man noch kaum davon. Man macht einfach weiter mit der alten CO2-Belastung der Luft. Aber einmal muss es kommen, fragt sich nur wann. Und dieses Peak Oil ist ein bisschen künstlich, weil es eben auf den Marktpreis geht. Also es gibt einen Weltmarkt für Öl und Peak Oil ist eigentlich der Moment, wo das Öl dann nicht mehr so wichtig ist und der Preis sinkt.
earthlink: Entschuldigung, steigt nicht der Preis, wenn wir Peak Oil haben, die Ressource wird verknappt…
AH: Na wenn wir über Peak Oil hinweg sind, meine ich, dann sinkt der Preis. Und Peak Oil ist der Moment, wo sich das umdreht. Wo der Preis nicht mehr steigt, sondern sinkt.
earthllink: Ich dachte, der steigt, also wenn die Ressource verknappt ist, dann wird sie doch wertvoller, oder?
AH: Genau. Aber sie ist nicht knapp. Es passiert das Gegenteil, die Nachfrage wird abnehmen.
earthlink: Die wird abnehmen, sagen Sie? Aufgrund der erneuerbaren Energien?
AH: Aufgrund der Umweltfragen, aber auch aufgrund der Schieferöl-Geschichte. Es gibt heute die Techniken, in denen man aus sandigem Öl – Öl- und Sandmischung – das Öl herausnehmen kann. Und die Amerikaner machen das und sind schon Exporteure geworden. Früher waren sie Importeure.
earthlink: …und aufgrund dieser Technik, würden Sie sagen…
AH: Auch aufgrund dieser Technik. Die Nachfrage wird auch sinken aufgrund der notwendigen Reduktion der CO2-Belastungen der Luft.
earthlink: …und der Hinwendung zu erneuerbaren Energien?
AH: Natürlich. Wenn möglich. Oder unter Umkommen der Menschheit. Es gibt auch diese Möglichkeit. Verwüstung der heute grünen Länder.
earthlink: Stichwort „Ressourcenkriege“. Es ist ja so, dass wir im Jahre 1800 eine Million Menschen hier auf der Erde waren. Das ist innerhalb der letzten 200 Jahre um netto 6, fast 7 Millionen gestiegen, so dass natürlich auch der Druck auf die Ressourcen immens erhöht ist.
AH: Aber heute müssen Sie als Ressource auch sehen: unsere Atmosphäre. Auch die wird belastet. Auch natürlich durch den Druck – wenn Sie wollen – der Bevölkerung. Aber auch einfach durch das schlechte Vorgehen, ein ausbeuterisches Vorgehen.
earthlink: Das heißt, aus ihrer Sicht wäre das dann ein natürlicher Prozess, dass es von Erdöl eine Abwendung gibt hin zu den erneuerbaren Energien. Würden Sie sagen: Ok. Das klingt jetzt ein bisschen so, als wäre das ein natürlicher Prozess. Aber es gibt ja auch ein mächtiges Öl-Kartell, das vielleicht andere Interessen hat. Wie würden Sie da die Entwicklung beurteilen?
AH: Und die wussten schon in den 90er Jahren, dass sie eigentlich verheerend wirken. Nur haben sie es versteckt. Und es könnte durchaus sein – ich habe es schon angedeutet –, dass eben diese Mächte so mächtig sind in unserer Gesellschaft, dass das Autofahren so wichtig wird, dass wir unsere Lebensaussichten in zwei, drei, vier Generationen ruiniert haben.
Urheberrechte der im Video verwendeten Bilder:
Bild 1: © U.S. Army Signal Corps [public domain] – Wikimedia Commons
Bild 2: © The White House [public domain] – Wikimedia Commons
Bild 3: © ben klocek [CC BY 2.0] – Flickr
Bild 4: © Tim Green [CC BY 2.0] – Wikimedia Commons
Bild 5: © Thomas doerfer [CC BY 3.0] – Wikimedia Commons
Bild 6: © Toby Downtown [CC BY-NC 2.0] – Flickr
Bild 7: © ProgressOhio [CC BY 2.0] – Flickr
Bild 8: © alfre32 [CC BY-NC 2.0] Flickr; nicht mehr verfügbar
Bild 9: © NASA Goddard Space Flight Center [CC BY 2.0] – Flickr
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