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Was bringt Menschen dazu, ihre Heimat zu verlassen und ein besseres Leben zu suchen? | Bild: © earthlink e.V. [alle Rechte vorbehalten] -
Wie Deutschland die Sezession des Südsudan vorantrieb und die Region so in einen neuen Bürgerkrieg steuerte
Am 12. September dieses Jahres haben sich die südsudanesischen Bürgerkriegsparteien um Präsident Salva Kiir und Oppositionsführer Riek Machar auf ein „endgültiges Friedensabkommen“ geeinigt. Endgültig deshalb, da bereits 2015 ein Abkommen der Parteien unterzeichnet wurde- leider ohne Erfolg. Fraglich bleibt also, ob die Vereinbarung diesmal wirklich die Letzte ist 1)Münchner Merkur: Friedensabkommen im Südsudan unterzeichnen; Artikel vom 13.09.2018. Seit 2013 ist das Land zerrüttet von einem Bürgerkrieg- nötig wäre die erfolgreiche Durchsetzung eines Friedensabkommens allemal.
Seit 2013 herrscht nun ein erbitterter Kampf zwischen den Parteien um die Verteilung des Landes sowie die zahlreichen Ressourcen wie Öl und Mineralien im Südsudan. Dieser blutige Bürgerkrieg forderte bisher etwa 383.000 Menschenleben- knapp so viele Leben wie im Syrienkrieg. Zudem wurden rund 4,5 Millionen Südsudanesen zur Flucht gezwungen: zwei Millionen im Land selbst, 2,5 Millionen suchten Schutz in den Nachbarländern Äthiopien und Uganda. Nach Europa schaffen es die Wenigsten- zu teuer ist die Reise über das Mittelmeer. Immer wieder werden Zivilisten Opfer der gewalttätigen Auseinandersetzungen der Anhänger der Konfliktparteien. Zu der stetigen Gewalt kommt die Sorge um den Hunger: Rund 100.000 Menschen sind akut durch Hunger bedroht- etwa 12,5 Millionen Südsudanesen sind auf ausländische Lebensmittelhilfe angewiesen 2)German Foreign Policy: Aus dem Einsatzgebiet der Bundeswehr (II); Artikel vom 09.10.2018.
Wie konnte es zu dieser miserablen Lage kommen? Schon seit Langem herrschten Spannungen zwischen dem Norden und Süden des Sudans. Ihre Höhepunkte fanden die Auseinandersetzungen in den zwei sudanesischen Bürgerkriegen 1955 und 1972 3)Bpb: Südsudan; Artikel vom 22.03.2018. Grund dafür war, dass sich der schwarzafrikanische christliche Süden von der Regierung im arabisch- muslimischen Norden unterdrückt fühlte. Schließlich wurde ein Referendum abgehalten, in dem sich 95 Prozent der Südsudanesen für eine Sezession aussprachen 4)Berliner Zeitung: Südsudan: Ein hoffnungsloser Fall?; Artikel vom 15.07.2018. Im Juli 2011 hat sich der Südsudan mit Hilfe des Westens endgültig vom Sudan abgespalten.
Fraglich bleibt an dieser Stelle, in wie fern die Einmischung des Westens als Hilfe bezeichnet werden kann. Ging es nicht viel mehr um die Umsetzung der eigenen Interessen?
Um diesen Aspekt zu verstehen, bedarf es eines kurzen Blicks in die Geschichte. Im Irakkrieg 1991 stellte sich die Regierung in der sudanesischen Hauptstadt Karthum auf die Seite Bagdads- gegen die Vorstellung des Westens. Karthum zeigte sich also gegenüber den westlichen Mächten nicht kooperationswillig. Als im Süden des Sudans Stimmen für die Unabhängigkeit der Region laut wurden, mischte sich der Westen ein- mit dabei: Deutschland. Die Gründe sind dabei vor allem geostrategisch: Nach einer Abspaltung des ressourcenreichen Südens würde die Regierung in Karthum geschwächt. Gegen die Warnungen einiger Menschenrechtsanalysten, die die hohe Gewalt schon vor der Abspaltung betonten und vor einem enormen Anstieg warnten, unterstütze Deutschland die Sezessionisten. Beispielsweise begann das Max- Planck- Institut Justizpersonal im Südsudan fortzubilden und half bei der Ausarbeitung einer neuen Verfassung. Zudem wurde durch die Bundesregierung die Anbindung des Südsudan an die East African Community (EAC) verfolgt- die zwischenstaatliche Organisation gilt als prowestlich eingestellt. Auch verhinderte Deutschland die Aufrüstung der Sezessionisten mit Panzern und Waffen nicht- obwohl dies dem Friedensabkommen widersprach. Durch politischen Druck, wie beispielsweise Kriegsdrohungen gegen Karthum, erreichte der globale Norden schlussendlich die Abspaltung. Da der Westen in Afghanistan und Irak scheiterte, sollte der Südsudan das Symbol für einen gelungenen westlichen Staatsaufbau werden 5)German Foreign Policy: Aus dem Einsatzgebiet der Bundeswehr (II); Artikel vom 09.10.2018. Leider passierte genau das Gegenteil.
Noch vor sieben Jahren hatten sie sich um die Neugründung des südsudanesischen Staates bemüht- heute scheinen vor allem die westlichen Mächte die Krise im Sudan vergessen zu haben 6)Deutsch: Südsudan: Bürgerkrieg fordert beinahe 400.000 Tote; Video vom 08.10.2018. Seit 2005 hatte die deutsche Bundeswehr Soldaten im Sudan stationiert, um ein Friedensabkommen zwischen Nord und Süd sowie das Abspaltungsreferendum zu begleiten. Schließlich erlangte der Südsudan die Unabhängigkeit. Seither stellte die Bundeswehr rund 50 Soldaten zur Überwachung der Menschenrechtssituation sowie zum Schutz der Zivilbevölkerung ab 7)German Foreign Policy: Aus dem Einsatzgebiet der Bundeswehr (II); Artikel vom 09.10.2018. Allerdings sind aktuell nur 14 deutsche Soldaten im Südsudan stationiert. Das verdeutlicht die geringe Aufmerksamkeit, die der Krise dort geschenkt wird, und zeigt weiter, dass es weniger um das Schicksal der Menschen als vielmehr um die Ressourcen und die prowestliche Einstellung der Regierung geht. Zudem wird dies beispielsweise an den in Deutschland gestellten Asylanträgen deutlich: 77 Anträge wurden bereits vor 2018 gestellt. 19 davon wurden abgelehnt, 28 aus anderen Gründen eingestellt und 14 Menschen wurde ausschließlich Schutz vor Abschiebung gewährt- lediglich 6 Asylanträge wurden positiv beantwortet 8)German Foreign Policy: Aus dem Einsatzgebiet der Bundeswehr (II); Artikel vom 09.10.2018. Der Westen negiert also seine Verantwortung am blutigen Bürgerkrieg im Südsudan. Zu Hoffen bleibt, dass das kürzlich geschlossene „endgültige Friedensabkommen“ durchgesetzt wird und für langanhaltenden Frieden in dem zerrütteten Land sorgt.
Fußnoten und Quellen:
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