![Der ehemalige Präsident des IWF, Dominique Strauss-Kahn (links) und die aktuelle Direktorin, Christine Lagarde (rechts hinten) | Bild: © International Monetary Fund [(CC BY-NC-ND 2.0) ] - Flickr Der ehemalige Präsident des IWF, Dominique Strauss-Kahn (links) und die aktuelle Direktorin, Christine Lagarde (rechts hinten) | Bild: © International Monetary Fund [(CC BY-NC-ND 2.0) ] - Flickr](https://www.fluchtgrund.de/files/2018/05/IWF-713x530.jpg)
Der ehemalige Präsident des IWF, Dominique Strauss-Kahn (links) und die aktuelle Direktorin, Christine Lagarde (rechts hinten) | Bild: © International Monetary Fund [(CC BY-NC-ND 2.0) ] - Flickr
Wie der Internationale Währungsfonds Krisen, Armut und Verschuldung oft noch verstärkt
Wie schon so oft hat der Internationale Währungsfonds (IWF) gerade versucht, in Nicaragua neoliberale Reformen sowie Haushaltseinsparungen durchzusetzen. Die Nicaraguaner reagierten darauf mit Protesten. Denn nicht zum ersten Mal hätte der IWF mit seinen Reformen die in den Staaten herrschende Armut noch verstärkt.
Nicaragua erlebte im April mit 63 Toten den blutigsten Monat seit langem. 1) La Prensa: Suman 63 muertos por violencia en Nicaragua, dice organismo de derechos humanos; Stand: 30.04.2018 Grund hierfür waren gewaltsame Zusammenstöße zwischen Demonstranten, regierungsnahen Gruppen und den Sicherheitskräften im ganzen Land. So sollen die Regierungsgegner Brandanschläge auf öffentliche Einrichtungen, Radiosender sowie Autos verübt und Anhänger der sandinistischen Regierung sowie von Präsident Ortega mobilisierte Schlägertrupps die Stimmung angeheizt haben. Durch ein besonders hartes Vorgehen zeichnete sich auch die Polizei aus. Sie setzte nicht nur Tränengas ein, sondern schoss auch gezielt mit scharfer Munition auf die Demonstranten. Ausgelöst wurden die Proteste durch die geplante Reform der Sozialversicherung, welche eine Rentenkürzung von fünf Prozent sowie eine deutliche Erhöhung der Versicherungsbeiträge für Unternehmer und Arbeitnehmer vorsah. 2) Amerika21: Proteste um Sozialabgaben. Nicaragua zwischen Gewalt und Dialog; Stand: 30.04.2018 Doch die geplanten Reformen des Sozialsystems waren nicht alleine die Idee des nicaraguanischen Präsidenten. Sie entsprachen größtenteils den Empfehlungen des Internationalen Währungsfonds. 3) Amerika21: Regierung in Nicaragua nimmt umstrittene Sozialreform zurück; Stand: 30.04.2018
Das Grundproblem – Der IWF wird von den Industrienationen dominiert und setzt neoliberale Strukturreformen voraus
Die Hauptaufgaben des IWF, der 1944 als eine der drei Bretton-Woods Organisationen gegründet wurde, bestehen heute vor allem in der Überwachung der wirtschaftlichen Situation aller Mitgliedsländer mit Hilfe von Konsultationen, dem Aussprechen von Empfehlungen wie beispielsweise der Sozialreform in Nicaragua und vorsorglichen Kreditabkommen sowie in der Vergabe von Finanzhilfen an Staaten mit Zahlungsbilanzschwierigkeiten. Diese umfassen sowohl Kredite bei kurzfristigen Defiziten, mittelfristige Programme zur Unterstützung von strukturellen Reformen als auch konzessionäre Hilfe, bei der die Armutsbekämpfung in den Ländern des Globalen Südens im Mittelpunkt steht. Außerdem gibt es noch die sogenannten Sonderfazilitäten, welche unter anderem für die Kompensierung von Exporterlösen oder bei Naturkatastrophen gedacht sind. Ziel des IWF ist es hierbei, Staaten, die von einer Finanz- oder Schuldenkrise, Armut oder anderen Problemen betroffen sind, finanziell unter die Arme zu greifen und besonders die Entwicklungsländer bei Strukturanpassungen sowie dem Erreichen der Milleniums-Entwicklungsziele zu unterstützen. Damit will der IWF stabile Wechselkurse und ausgewogenes Wachstum erreichen, die Armut bekämpfen und die weltweite Zusammenarbeit in der Währungspolitik fördern. Manchmal ist er dabei erfolgreich, oft aber auch nicht. Denn die Finanzmittel sind an bestimmte Konditionen gebunden. So erfolgt die Kreditvergabe nur, wenn sich das Land bereit erklärt, neoliberale Strukturreformen wie die Privatisierung von Staatsbetrieben, die Liberalisierung der Wirtschaft und Haushaltseinsparungen durchzuführen. Die Entwicklungsländer sind außerdem dazu aufgerufen, demokratische Strukturen aufzubauen und zu stärken. 4) International Monetary Fund: Der IWF auf einen Blick; Stand: 03.05.2018

Durch seine geforderten neoliberalen Reformen und Sparprogramme verschärft der IWF die Armut in den Ländern oft noch (c) Evandro Sudré [CC BY-NC 2.0] – flickr
Die Folgen – Verschuldung, Armut sowie Ungleichheit steigen und die Wirtschaft schrumpft
Von dieser Bevorzugung können die Länder des Globalen Südens nur träumen. So litten beispielsweise die asiatischen Länder während der Asienkrise 1997 oder auch zahlreiche lateinamerikanische und afrikanische Staaten besonders unter den harten Konditionen des IWFs und dessen Schwester, der Weltbank. Deren Programme führen jedoch trotz einzelner Erfolge oft nicht zu einer Verbesserung der Krise, sondern tragen noch zu einer Verschlimmerung der Verschuldungs- und Armutsproblematik bei. So investierten die Staaten auf Grund der neoliberalen Reformen und der verordneten Austeritätspolitik unter anderem weniger in das Sozialsystem und die Wirtschaft, kürzten Löhne, erhöhen Steuern, privatisierten, senkten Zölle und entwerteten ihre Währung, um Exporte zu verbilligen. Laut keynesianischen Ökonomen, welche Investitionen sowie einen starken Staat als Basis für Wachstum ansehen, führt dies aber nur zu mehr Armut sowie sozialen Konflikten, schwächt die wirtschaftlichen Strukturen eines Landes und ermöglicht ausländischen Unternehmen die Ausbeutung der einheimischen Arbeiter sowie die Zerstörung der Umwelt. Außerdem kann sich ein Land bis in hohe Maßen verschulden, wenn es die Konditionen des IWF erfüllt. 7) Josef Steinbach: Globalisierung. Strukturen, Prozesse und Regulationsregime; Berlin 2009

(c) Teacher Dude [CC BY-SA 2.0] – flickr
Doch trotz einiger kleiner Veränderungen – wie beispielsweise der Überarbeitung der Konditionalität 2002 – reformiert sich der IWF nur langsam und setzt bei seiner konditionalen Finanzierung und seinen Empfehlungen weiterhin auf Sparen und neoliberale Maßnahmen. Erst vor kurzem riet die Organisation Ecuador zu Reformen im Sozialsystem und in Ägypten, wo das neue auf Neoliberalismus basierende Wirtschaftsprogramm der ägyptischen Regierung eine Voraussetzung für den 2016 genehmigten Kredit des IWFs war, verschlechterte sich die Lage bereits ein Jahr später zunehmend. 15) Amerika21: Ecuador. IWF fordert Reformen, Ökonomen empfehlen Investitionen in Sozialsystem; Stand: 03.05.2018 16) Egyptian Street: The Ramifications of the IMF Reform Program in Egypt; Stand: 03.05.2018
Nicaragua – Die vom IWF empfohlenen Sozialreformen sind nur ein kleiner Teil des Problems
Auch in Nicaragua hätten die Reform des Sozialsystems die sowieso schon armen Bürger hart getroffen. Mit einer Armutsrate von rund 25 Prozent und einem Bevölkerungsanteil von 7 Prozent, der von extremer Armut betroffen ist, ist Nicaragua das zweitärmste Land Lateinamerikas. Nur 700.000 Nicaraguaner haben eine Vollzeitbeschäftigung und eine Million Menschen, also circa ein Siebtel der Gesamtbevölkerung, müssen für ihren Lebensunterhalt im Ausland – meist in den USA oder Costa Rica – leben oder arbeiten, oft als Erntehelfer und als illegal Beschäftigte. 17) Banco mundial: Nicaragua. Panorama general; Stand: 30.04.2018 18) Amerika21: Welche Entwicklungsperspektiven hat Lateinamerika?; Stand: 30.04.2018 Angesichts der Demonstrationen sah sich Präsident Daniel Ortega jedoch gezwungen, die angekündigte Reform zurückzunehmen und in einen Dialog mit der Privatwirtschaft zu treten.

In Nicaragua kommt es seit Jahren immer wieder zu gewalttätigen Protesten gegen die Regierung (c) Jorge Mejía peralta [(CC BY 2.0)] – flickr
Fußnoten und Quellen:
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