![Was bringt Menschen dazu, ihre Heimat zu verlassen und ein besseres Leben zu suchen? | Bild: © earthlink e.V. [alle Rechte vorbehalten] - Was bringt Menschen dazu, ihre Heimat zu verlassen und ein besseres Leben zu suchen? Was bringt Menschen dazu, ihre Heimat zu verlassen und ein besseres Leben zu suchen? | Bild: © earthlink e.V. [alle Rechte vorbehalten] -](https://www.fluchtgrund.de/files/2021/07/was_bringt_menschen_dazu-713x628.png)
Was bringt Menschen dazu, ihre Heimat zu verlassen und ein besseres Leben zu suchen? | Bild: © earthlink e.V. [alle Rechte vorbehalten] -
Internationale Steuerflucht und Armut in Entwicklungsländern hängen eng zusammen – Deutschland trägt eine Mitschuld
Dass in einem reichen Land wie Deutschland sich der Staat zu einem Großteil über seine Steuereinnahmen finanziert, scheint eine selbstverständliche Annahme zu sein. Gerade beim deutschen Beispiel verhält es sich derzeit sogar so, dass der Bundeshaushalt ohne Nettokreditaufnahmen auskommt. Doch das nur am Rande. Dass dieser Zustand für andere Staaten – als Regelfall sozusagen – gelten sollte, dürfte ebenfalls kaum auf Widerspruch stoßen. Und dennoch, die Realität sieht anders aus, wie eine am Montag veröffentlichte Studie zeigt. Sogenannte aggressive Steuervermeidung ist hierzulande immer wieder Thema in den Medien und der öffentlichen Diskussion, aber vor allem in armen Ländern – und gerade dort ist die Schadwirkung am größten – führen diese Missstände zu einer chronischen Unterfinanzierung der öffentlichen Haushalte. In der Konsequenz fehlt den Staaten das Geld, um ihren Bürgern eine lebenswerte Existenz zu ermöglichen.
Über einen Zeitraum von fünf Jahren haben drei Institutionen unter jesuitischer Trägerschaft (Die Jesuitenmission in Deutschland, das Jesuit Centre for Theological Reflection in Sambia und das Jesuit Hakimani Centre in Kenia) in einem gemeinsamen Forschungsprojekt zum Thema „Steuergerechtigkeit und Armut“ die Zusammenhänge von illegalen Finanzströmen und Armut in den (wie die Forscher selbst betonten) sehr unterschiedlichen Ländern Kenia, Sambia und Deutschland untersucht. Der am Montag veröffentlichte Bericht zeigt die Verknüpfung von aggressiver Steuervermeidung und Armut, aber auch die Verantwortung und Mitschuld reicher Länder auf. Kritisch sei hierbei vor allem die mangelnde Kooperationsbereitschaft, wenn es um international verbindliche Regeln für den Kapitalfluss und damit einhergehend die gerechte Besteuerung geht. Reiche Nationen und Steuerparadiese bremsen wirksame Beschlüsse aus oder weichen Regelungen auf. Oftmals geschieht dies unter Einflussnahme von Interessengruppen und Lobbyorganisationen auf westliche Regierungen. So stellt Dr. Jörg Alt SJ, verantwortlich für die deutsche Beteiligung des Projektes, fest: „Afrika ist in der Tat ein reicher Kontinent. Dass afrikanische Staaten ihren Bürgern kein besseres Leben bieten können, ist auch in der Schuld reicher Länder wie Deutschland begründet. Könnten afrikanische Staaten unerlaubte Kapitalabflüsse unterbinden und inländische Wertschöpfung angemessen besteuern, bräuchte Afrika keine Entwicklungshilfe mehr.“ Und mit Blick auf eine im Bericht geforderte deutsche Unterstützung armer Länder im Kampf für mehr internationale Steuergerechtigkeit: „Dies wäre zugleich ein guter Weg, Migrationsbewegungen nach Europa auszudünnen und den Auswirkungen des Klimawandels vor Ort zu begegnen“. 1) EPO: Forschungsprojekt der Jesuiten; Mangelnde Steuergerechtigkeit provoziert Migration; Artikel vom 19.03.2018 2) Tax Justice & Poverty: Pressemitteilung; Wer Steuertrickserei toleriert, provoziert Migration; Artikel vom 19.03.2018
Die globale Intransparenz der Kapitalströme ist hierbei eines der größten Probleme. Durch legale und illegale Methoden fließen aus den Ländern des Globalen Südens jährlich schätzungsweise 100-200 Milliarden US-Dollar über dunkle Kanäle in Steuerparadiese und von dort zum Teil als Investitionen wieder zurück nach Europa. Dass sich Deutschland für ein faires internationales Steuersystem einsetzt, wäre mehrfach im Sinne seiner Interessen. Zum einen trügen jene zusätzlichen Einnahmen signifikant zum eigenen Staatshaushalt bei, zum anderen würde für die armen Länder der Welt eine faire Gelegenheit geschaffen, aus eigener Kraft Einnahmen aus der Wertschöpfungskette zu generieren. Geld, das wiederum zur Förderung der lokalen Wirtschaft genutzt werden und den Menschen vor Ort auskömmliche Lebensperspektiven ermöglichen könnte. Auf deutscher Seite beklagen die Autoren des Berichts vor diesem Hintergrund die ausgeprägte Einflussnahme durch Lobbyisten auf die Steuergesetzgebung des Bundes, um eine tatsächliche Transparenz der Kapitalflüsse zu verhindern. Dieser anhaltende Umstand verhindert nicht nur eine faire Verteilung der Steuerlast zwischen Konzernen, großen Kapitaleignern und der Bevölkerung, er zerstört auch sukzessive das Vertrauen der Bevölkerung in die Wirkmächtigkeit der demokratischen Institutionen an sich. 3) EPO: G20-Finanzministertreffen; Weltweiter Steuerflucht den Riegel vorschieben; Artikel vom 19.03.2018
Tax Justice & Poverty: Zusammenfassung der Ergebnisse (deutsch); aufgerufen am 21.03.2018
Tax Justice & Poverty: Homepage des Forschungsprojekts mit der vollständigen Studie (englisch); aufgerufen am 21.03.2018
Fußnoten und Quellen:
Keine Kommentare