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Was bringt Menschen dazu, ihre Heimat zu verlassen und ein besseres Leben zu suchen? | Bild: © earthlink e.V. [alle Rechte vorbehalten] -
Wie Worte den Weg für Gewalt gegen Minderheiten ebnen
Amnesty International, die weltgrößte Menschenrechtsorganisation, verurteilt in ihrem vor Kurzem veröffentlichten Jahresbericht die um sich greifende Rhetorik des Hasses. Rund um den Globus hat die populistische Agitation gegen Minderheiten und politisch Andersdenkende erschreckende Ausmaße angenommen. Führende Politiker und Staatenlenker tragen laut Amnesty dabei eine große Mitschuld. Sie wiegeln die Bevölkerung auf, schüren Angst und Vorurteile und spalten ganze Gesellschaften. Auf diese Art und Weise wird ein Pfad beschritten, an dessen Ende der so gesäte Hass vielerorts in Gewalt umschlägt. 1) RP Online: Amnesty prangert Hass-Reden führender Politiker an; Artikel vom 22.02.2018 2) Amnesty International: Regierungen müssen sich Politik der Ausgrenzung entgegenstellen; aufgerufen am 26.02.2018
Häufig sind es ethnische Gruppen, die von politischer Seite zunächst verbal marginalisiert und ausgegrenzt werden und dann in einer nächsten Phase durch gesellschaftliche Repressionen unter Druck geraten. Im schlimmsten Fall kommt es schließlich zur Eskalation: Übergriffe, Enteignungen, Verfolgung und Vertreibung sind die Folge. Oftmals geht der offenen Gewalt gegen Minderheiten eine Entrechtung oder Vorenthaltung von Bürgerrechten voran. Aus Sicht der politischen Akteure werden durch Gesetze und Erlasse so die Rahmenbedingungen geschaffen, um mit staatlich organisierter Gewalt vorgehen zu können. Nicht selten dienen diese Maßnahmen der Machterweiterung oder wirtschaftlichen Interessen. Die systematische Vertreibung von rund 700.000 Rohingya – ihnen wird die burmesische Staatsbürgerschaft von offizieller Seite verweigert – sei hier exemplarisch angeführt. 3) Süddeutsche Zeitung: Keine Staatsbürgerschaft für ethnische Minderheit; Artikel vom 30.07.2012 4) Deutsche Welle: UN wirft Myanmar systematische Vertreibung der Rohingya vor; Artikel vom 11.10.2017
Dabei müssen die leidtragenden Gruppen nicht notwendigerweise ethnisch homogen sein. Populistische Parteien in Europa beispielsweise befördern unablässig Ressentiments gegen Menschen, die aus den Krisen- und Bürgerkriegsgebieten Afrikas und des Mittleren Ostens geflohen sind. Die einzige Gemeinsamkeit ist das Label „Flüchtling“.
Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán beispielsweise hetzte in seiner letzten Rede zur Lage der Nation wiederholt gegen Migranten und den muslimischen Glauben. Auch aus Polen sind solche Parolen zu vernehmen. In beiden Ländern regieren rechtspopulistische national-konservative Parteien mit absoluter Mehrheit und sind damit beschäftigt den Staatsapparat nach ihrem Willen umzubauen und die rechtsstaatliche Kontrolle einzuschränken. Geflüchtete stehen in Ungarn mittlerweile unter einer Art Generalverdacht und werden in Lagern an den Grenzen des Landes untergebracht. Eine entsprechende Stimmungsmache im Vorfeld hat dafür gesorgt, dass solche Maßnahmen in der Bevölkerung gut ankommen. Ein alarmierendes Beispiel dafür, wie systematische Ausgrenzung dazu dienen kann, eine repressive Politik gegen Minderheiten zu rechtfertigen und am Ende an der Wahlurne belohnt zu werden.
Andernorts sind Oppositionspolitiker und Regimekritiker in den Fokus von Hetzkampagnen der Machthaber geraten. So wurden auf Geheiß des türkischen Präsidenten Erdogan zehntausende verhaftet oder entlassen, kritische Berichterstattung unterbunden und Oppositionspolitiker mundtot gemacht. Zusätzlich eskaliert an der türkisch-syrischen Grenze derzeit der ethnische Konflikt zwischen der türkischen Armee und den syrischen Kurden. 5) Spiegel Online: Orbán erklärt Ungarn zur letzten Bastion gegen „Islamisierung“ Europas; Artikel vom 19.02.2018 6) Zeit Online: Orbáns Regierung sperrt Flüchtlinge in Containerdörfer; Artikel vom 28.03.2017 7) Neue Zürcher Zeitung: Erdogan greift durch – die Repressionen in der Türkei im Überblick; aufgerufen am 26.02.2018 8) ze.tt: Operation Olivenzweig: Wie die Türkei Hass gegen die kurdische Bevölkerung schürt; nicht mehr verfügbar
Die Liste an Beispielen könnte noch lange fortgeführt werden: Donald Trumps unablässige Diskriminierung von Menschen muslimischen Glaubens, das Vorgehen Maduros gegen das venezolanische Parlament, die Gängelung der Opposition in Russland…
Salil Shetty, Generalsekretär von Amnesty International, fordert im Vorwort des diesjährigen Menschenrechtsberichts ein Ende der Politik der Dämonisierung. Es bedarf einer wiedererstarkten Kultur der Solidarität. Wenn es auch immer heißt, Politiker würden „nur“ reden und nicht handeln, so liegt in einer verbalen Abrüstung ein dringend notwendiger Anfang, einer Eskalation heutiger Krisen entgegenzuwirken. 9) Amnesty International: Vorwort von Salil Shetty zum Amnesty International Report 2017/18; aufgerufen am 26.02.2018 10) Amnesty International: Annual Report 2017/18 – State of the World’s Human Rights; veröffentlicht am 22.02.2018
Fußnoten und Quellen:
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