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Was bringt Menschen dazu, ihre Heimat zu verlassen und ein besseres Leben zu suchen? | Bild: © earthlink e.V. [alle Rechte vorbehalten] -
Ölförderung in Nigeria: Eni und Shell wegen Korruptionsverdachts vor Gericht
Seit über 50 Jahren wird in Nigeria Rohöl und -gas gefördert. Unter dem Nigerdelta an der südlichen Küste des afrikanischen Landes lagern riesige Mengen an Erdöl. Das Land ist Afrikas größter Erdölproduzent. Um die 1,8 Millionen Barrel des schwarzen Goldes werden hier täglich gefördert. 1) LI-Portal: Nigeria; nicht mehr verfügbar Man könnte meinen, dass die Bevölkerung von dem Ressourcenreichtum ihres Landes profitiert. Doch das Gegenteil ist der Fall: 70 Prozent der Menschen leben in Armut. Das Ausmaß der Umweltzerstörung im Nigerdelta sind gigantisch. Zudem bringt der Kampf um den begehrten Rohstoff Korruption und Gewalt mit sich. 2) Deutsche Welle: Ein paar Liter von Nigerias Öl-Reichtum; Artikel vom 10.12.2012
Ab März müssen sich nun die beiden Energiekonzerne Royal Dutch Shell und Eni (britisch-niederländisch und italienisch) vor Gericht wegen Korruption verantworten. Um sich die Genehmigung eines begehrten Ölförderungsprojekts zu sichern, haben Shell und Eni im Jahr 2011 Zahlungen in Milliardenhöhe an die nigerianische Regierung geleistet. Bereits im Februar 2017 erhob ein italienischer Staatsanwalt eine vorläufige Anklage gegen die beiden Konzerne und einige Mitglieder ihres Führungspersonals, wie Enis Firmenchef Claudio Descalzi. Die Anklage bezieht sich auf ein über 13 Milliarden US-Dollar teures Projekt, bei dem vor der nigerianischen Küste eine offshore Anlage (mit dem Namen OPL-245) zur Ölförderung errichtet werden soll. 3) Royal Dutch Shell: Shell, ENI take final investment decision on ‘juicy’ OPL 245; Artikel vom 24.01.2018 Mehrere Jahre lang rangen die Energieriesen Shell und Eni mit dem nigerianischen Unternehmen Malabu Oil & Gas Ltd um die Genehmigung zur Umsetzung des Projekts. Malabu Oil & Gas Ltd wird von Dan Etete, Nigerias ehemaligem Ölminister, geleitet. Mit der Zahlung von 1,3 Milliarden US-Dollar an die nigerianische Regierung sicherten sich Shell und Eni 2011 die Rechte am Bau der Bohrinsel. Für viele Anti-Korruptions-Organisationen wie Global Witness ist der Fall ein Beispiel für die Ausbeutung der Ressourcen Nigerias durch eine Komplizenschaft internationaler Konzerne und der nigerianischen Regierung. 4) Financial Times: Eni and Shell face trial in Italy over alleged Nigeria corruption Seit Jahrzehnten nimmt die Regierung Nigerias viel Geld durch die Rohölförderung ein. Nicht nur ausländische Konzerne bohren im Nigerdelta nach Öl, auch das staatliche Unternehmen „National Petroleum Corporation“ ist sehr erfolgreich. Doch wohin die Staatseinnahmen aus dem Ölgeschäft fließen, ist unklar. Wohl kaum in konstruktive Strategien zur Bekämpfung der Armut im Land, die immer weiter ansteigt. Während vor 20 Jahren 34 Prozent der Bevölkerung unter der Armutsgrenze lebten, sind es heute schon 70 Prozent. 5) Deutsche Welle: Ein paar Liter von Nigerias Öl-Reichtum; Artikel vom 10.12.2012
Vor allem die Menschen im Nigerdelta, wo das Öl gefördert wird, fühlen sich von der Regierung hintergangen. Sie leiden enorm unter der gravierenden Umweltverschmutzung. Seit Jahrzehnten sind die Mangrovenwälder, die Gewässer und die Landflächen verseucht. Sogar das Trinkwasser ist in manchen Gebieten ölhaltig. Die Vereinen Nationen sprechen von einem „der meist verschmutzten Orte der Welt.“ Seit dem Beginn der Ölbohrungen in den 1950er Jahren kam es zu zehntausenden Ölunfällen. Rund 240 000 Barrel Öl fließen jedes Jahr in die Gewässer des Flussdeltas. Zum Einen ist das auf die marode und verwahrloste Infrastruktur zurückzuführen, denn meist kümmern sich die Ölkonzerne nicht um eine Restaurierung der alten Rohre. Zum Anderen werden die Leitungen immer wieder von Rebellen und Ölpiraten beschädigt. Desöfteren wird Infrastruktur einfach in die Luft gesprengt, um an das schwarze Gold zu kommen. In den letzten Jahren entwickelten sich diese Anschläge zu einem massiven Problem in der Region. Zeitweise gingen die Ölexporte Nigerias von 2,2 Millionen Barrel am Tag um mehr als die Hälfte zurück. Die Rebellengruppe Niger Delta Avengers (NDA) versucht mit Gewalt für die Rechte der Bevölkerung der Region zu kämpfen. Sie will, dass der verarmte Süden einen größeren Anteil der Einnahmen an den Ölgeschäften bekommt. Die Menschen vor Ort leiden erheblich unter den Auswirkungen der Bohrungen. Unfruchtbare Böden und zerstörte Fischereigründe sind die Folgen des auslaufenden Öls und rauben zahlreichen Einheimischen die Lebensgrundlage. 6) Die Presse: Kampf am Nigerdelta: Wie das Erdöl zur Belastung wird; Artikel vom 10.01.2017 Neben diesen Umweltverschmutzungen gibt es auch noch giftige Gase in der Luft, denn die Ölindustrie verbrennt ungenutzte, bei den Bohrungen anfallende Gase. Dieses Vorgehen ist in Nigeria eigentlich verboten, doch Korruption und geringe Bußgelder führen dazu, dass sich die Unternehmen nicht groß um dieses Gesetz kümmern. Für die Menschen im Nigerdelta haben die Gasfackeln jedoch schlimme Konsequenzen. Wer in der Nähe einer solchen wohnt, kann an manchen Tagen das Haus nicht verlassen. 7) Deutsche Welle: Nigerdelta: Das giftige Gas; Artikel vom 03.11.2017
Die Bevölkerung im Nigerdelta beschuldigt die Ölindustrie, zu 90 Prozent für die Verschmutzungen verantwortlich zu sein. Doch die Konzerne geben den Rebellengruppen und deren Sabotageaktionen die Schuld für den massenhaften Ölaustritt. 8) Die Presse: Kampf am Nigerdelta: Wie das Erdöl zur Belastung wird; Artikel vom 10.01.2017 Im Jahr 2013 kam es zur Explosion einer Ölpipeline in der Nähe der Stadt Bodo. Tausende Barrel Rohöl flossen ungehindert in die umliegenden Gewässer. Vermutlich wurde die Leitung in die Luft gesprengt, um an das Öl zu kommen. Handelt es sich bei den Räubern um Bewohner des verarmten Städtchens Bodo? John Vidal, Journalist von „The Guardian“, glaubt, es steckt mehr dahinter. Direkt neben der Explosionsstelle befindet sich eine Militärbasis. Wer diesen Anschlag durchgeführt und anschließend Öl abgezapft hat, muss das Militär bestochen haben, meint Vidal. Außerdem sind für derartige Aktionen große, spezielle Schiffe notwendig und das Rohöl muss in einer illegalen Raffinerie verarbeitet werden. Einzelne Personen oder kleine Rebellengruppierungen aus der Region könnten sich dieses kostspielige Unterfangen niemals leisten, folgert Vidal. Wer wirklich hinter den Sabotageaktionen und dem Öl-Raub steckt, ist nicht sicher. Aber klar ist: Ohne die vorherrschende Korruption im Land würde es weniger solcher Taten geben und die Zerstörung der Umwelt hätte nicht derartige Ausmaße angenommen. 9) The Guardian: Niger delta oil spills: the real cost of crude – video; Artikel vom 07.10.2013
Bereits im Jahr 2016 beschloss die Regierung Nigerias, die Schäden an der Umwelt im Nigerdelta endlich zu mindern und die Landschaft zu säubern. Eine Milliarde US-Dollar sollten dafür in die Hand genommen werden. Experten gehen davon aus, dass eine solche Reinigungsaktion der gesamten Region mindestens 25 Jahre dauern würde. Doch bisher ist noch nicht viel passiert. Die Planung und Umsetzung der Säuberungsaktion kommt nur schleppend voran. Die Menschen im Nigerdelta haben mittlerweile kein Vertrauen mehr in die Behörden. Sie wollen selbst für Gerechtigkeit eintreten. Viele haben die Geduld verloren und greifen zu Waffen, um sich Gehör zu verschaffen. Die Kriminalität in der Region ist in den letzten Jahren stark angestiegen. Immer wieder kommt es zu Entführungen und Erpressungen. 10) Die Presse: Kampf am Nigerdelta: Wie das Erdöl zur Belastung wird; Artikel vom 10.01.2017 11) Deutschlandfunk: Der Fluch im Nigerdelta; Artikel vom 27.07.2017 Doch bevor die Korruption auf allen Ebenen der Regierung und Behörden kein Ende nimmt und die internationalen Konzerne sich diese zunutze machen, wird sich die Lage im Nigerdelta wohl kaum ändern.
Fußnoten und Quellen:
Conny Krieger
Veröffentlicht um 14:49h, 07 Februarbitte Ken Saro Wiwa und seine Freunde nicht vergessen :'( http://www.dw.com/de/ken-saro-wiwa-erhobenen-hauptes-zum-galgen/a-18836894
Elke Petry
Veröffentlicht um 13:44h, 23 JuliUnglaublich, skandalös was hier Mensch und Natur angetan wird! Man fragt sich auch , warum das kaum, oder kein Thema in den Medien ist! Ich wurde erst so richtig auf das Problem aufmerksam , durch den äußerst notwendigen Roman von Helon Habila, „Öl auf Wasser“.