Aktuelle Studie belegt: Der Anstieg der Meere beschleunigt sich
In einer vor Kurzem veröffentlichten Studie zum Anstieg des Meeresspiegels legen Wissenschaftler um Steven Nerem vom Cooperative Institute for Research in Environmental Sciences (CIRES) der University of Colorado in Boulder dar, dass sich die globale Erhöhung des Meeresspiegels beschleunigt. Bislang war von einer durchschnittlichen Zunahme von 3 Millimetern pro Jahr ausgegangen worden. Nach den jüngsten Erkenntnissen dürften es in der Zukunft jedoch deutlich mehr werden. Das Ergebnis der Studie: Der Anstieg beschleunigt sich mit rund 0,08 Millimetern pro Jahr und könnte damit ein Meeresniveau erreichen, das im Jahr 2100 um ca. 65 Zentimeter höher liegen könnte als bisher angenommen. Zuvor war von einer Erhöhung um durchschnittlich 52 Zentimeter im Vergleich zum Niveau des Jahres 2005 ausgegangen worden. Ihre Resultate gewannen die Forscher durch die Analyse von satellitengestützten Messungen aus dem Zeitraum von 1993 bis 2017. Nerem und sein Team verfolgten mit ihrer Studie außerdem das Ziel, die menschliche Einflussnahme auf den Meeresspiegel darzustellen und rechneten verschiedentlich natürliche Phänomene wie beispielsweise das Wetterereignis El Niño oder Naturkatastrophen wie den Ausbruch des Vulkans Pinatubo heraus. 1) IPCC: Fifth Assessment Report, Summary for Policymakers; aufgerufen am 16.02.2018 2) PNAS: Climate-change–driven accelerated sea-level rise detected in the altimeter era; aufgerufen am 16.02.2018
Die Implikationen, was die Ergebnisse der CIRES-Studie etwa für Inselstaaten wie den Vorsitzenden der letztjährigen UN-Klimakonferenz, das pazifische Fidschi, bedeuten, sind augenfällig. Es bleibt zu erwarten, dass die bereits jetzt zutage tretenden Folgen des steigendenden Meeresspiegels früher als bisher angenommen drastischere Ausmaße annehmen werden. So finden sich schon heute im aktuellen Klima-Risiko-Index der Umweltorganisation Germanwatch mit dem eben genannten Fidschi, der Dominikanischen Republik und Haiti drei Inselnationen unter den von Klimaereignissen meistbetroffenen Ländern der vergangenen 20 Jahre. Aber auch sonst sind fast ausschließlich Länder des Globalen Südens unter den Spitzenreitern positioniert. Diese Einordnung zeigt auch das Problem auf, dass vornehmlich jene Länder am stärksten unter den Folgen des Klimawandels leiden, die ohnehin schon mit großer Armut und wirtschaftlichen Problemen zu kämpfen haben. Wie viele Menschen ihre Lebensgrundlage durch die globale Erwärmung verlieren werden, kann derzeit noch nicht akkurat beziffert werden. Das UNHCR geht jedoch von mindestens 25 Millionen Klimavertriebenen bis 2050 aus. 3) Germanwatch: Global Climate Risk Index 2018; aufgerufen am 16.02.2018 4)UNHCR: The State of the World’s Refugees 2012; aufgerufen am 16.02.2018
Der Zynismus dieser Situation: Ebenjene Länder haben ihre Lage nicht selbst verschuldet. Sie verfügen kaum über (Schwer-)Industrien und noch weniger über große Kraftwerkparks. Eine signifikante Menge an klimaschädlichen Gasen wird daher nicht von ihnen erzeugt. Bei der Ursachenforschung bedarf es deshalb eines Blickes auf die führenden Volkswirtschaften der Welt. Die 10 größten Emittenten, darunter Deutschland, sind für etwa 70 Prozent des globalen Treibhausgasausstoßes verantwortlich. Die USA, China und die Staaten der EU tragen bereits die Hälfte des gesamten globalen Volumens bei. Die Bundesrepublik Deutschland lag im Jahr 2015 mit einem Beitrag von 792 Millionen Tonnen auf Rang 6 und wird ihr selbstgestecktes Ziel, die CO2-Emissionen bis 2020 um 40 Prozent – verglichen mit dem Niveau aus dem Jahr 1990 – zu reduzieren, verfehlen und nur etwa 30 Prozent der geplanten Einsparung erreichen. 5) World Resources Institute: Top 10 Emitters in 2012; aufgerufen am 16.02.2018 6) Süddeutsche Zeitung: Deutschland hinkt seinem Klimaziel hinterher; aufgerufen am 16.02.2018
Vor diesem Hintergrund betrachtet, lassen die Ergebnisse der CIRES-Studie den Schluss zu, dass weit ambitioniertere Klimaziele verfolgt werden müssten, um der Beschleunigung des Meeresspiegelanstieges wenigstens entgegenzuwirken. Der angedrohte Ausstieg der USA aus dem Pariser Klimaabkommen und die damit verbundene Forderung, die Rahmenbedingungen zugunsten der US-Wirtschaft nachzuverhandeln, sind in diesem Rahmen beispielsweise eindeutig das falsche Signal. Es bleibt abzuwarten, ob andere Nationen, Konzerne oder Wirtschaftsverbände in dieser Situation auf eine Aufweichung der getroffenen Vereinbarungen hinwirken werden. Das Nachsehen hätte, wie bisher auch, der Globale Süden. 7) CNN: WH: US staying out of climate accord; aufgerufen am 16.02.2018
Fußnoten und Quellen:
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