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Was bringt Menschen dazu, ihre Heimat zu verlassen und ein besseres Leben zu suchen? | Bild: © earthlink e.V. [alle Rechte vorbehalten] -
Die Anerkennung Jerusalems als Hauptstadt Israels könnte den Nahen Osten in eine neue Katastrophe stürzen
Viele internationale Beobachter schauen derzeit besorgt nach Washington. Am heutigen Mittwoch könnte es dort zu einem politischen Erdbeben kommen. Eines, welches den Nahen Osten massiv destabilisieren würde. Laut übereinstimmenden Medienberichten plant Donald Trump, die amerikanische Botschaft nach Jerusalem zu verlegen. Dies war eines der Wahlkampfversprechen des amtierenden US-Präsidenten. Hinter den Umzugsplänen der Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem verbirgt sich jedoch weit mehr: die Anerkennung Jerusalems als Hauptstadt Israels.
Zweimal im Jahr müssen die amerikanischen Präsidenten in einer Erklärung die Gründe für ihr Zögern bei der Verlegung der Botschaft darlegen. Im Juni gab Trump, wie auch seine Vorgänger, eine Verzichtserklärung heraus, um dem Gesetz von 1995 nachzukommen. Am vergangenen Freitag war nun die Frist für die erneute Unterzeichnung des Verzichts abgelaufen und laut einer Stellungnahme aus dem Weißen Haus seien auch am Montag keine Maßnahmen ergriffen worden. Gestern kündigte ein hochrangiger Regierungsvertreter an, dass Trump heute Nachmittag die Verlegung der US-Botschaft nach Jerusalem verkünden werde. Er habe sein Außenministerium angewiesen, den Umzug in einem mehrjährigen Prozess zu organisieren. Die Anerkennung Jerusalems als Hauptstadt Israels werde vom US-Präsidenten als „Anerkennung der Realität“ gesehen, sowohl „historisch“ als auch „gegenwärtig“, so der Regierungsvertreter. 1) The Guardian: Trum misses deadline over moving US embassy to Jerusalem; 05.12.2017 2) Zeit Online: Nahost. Trump wird Jerusalem als Hauptstadt Israels anerkennen; 05.12.2017 3) Der Tagesspiegel: Trumps Nahostpolitik. In Israel bahnt sich ein politisches Erdbeben an; 03.12.2017 4) piqd.de: Flucht und Einwanderung. Flüchtlingskrise in Zeitlupe: Wie Israel sich seine Hauptstadt baut; 18.01.2017
Das Verhalten des Präsidenten wird international mit Besorgnis gesehen – der Status von Jerusalem ist ein Schlüsselthema im seit Jahrzehnten andauernden israelisch-palästinensischen Konflikt.
Um diesen Konflikt zu verstehen, muss man in der Geschichte weit zurückgehen – zurück bis zur Gründung Jerusalems vor circa 3000 Jahren. Jerusalem ist das Zentrum gleich dreier Weltreligionen: Judentum, Christentum und Islam. Die Hauptfrage in dem Konflikt bezieht sich immer darauf, welche dieser Religionen die engere Bindung zur Heiligen Stadt, wie sie auch genannt wird, hat und das größeres Anrecht auf diese. Vermutlich ist Jerusalem so oft zerstört und wiederaufgebaut worden, wie sonst keine andere Stadt auf der Erde – und das, obwohl sie paradoxerweise das Wort „Frieden“ (Shalom/Salam) enthält. Für jede der Religionen hat Jerusalem eine wichtige Bedeutung. Das jüdische Volk hat Jerusalem zu seiner Hauptstadt gemacht – es nimmt somit als Stätte des heiligen Tempels einen besonderen Stellenwert ein. Die Muslime herrschten fast 13 Jahrhunderte über die Stadt. Sie soll eines Tages die Hauptstadt und der Regierungssitz des von ihnen angestrebten Staates „Palästina“ werden. Die Christen bezeichnen Jerusalem als „Gottes heilige Stadt“ – sie bildet das Zentrum für Jesus, die Apostel und die Botschafter des Wortes Gottes.
Diese zentrale Bedeutung der Stadt in allen drei Religionen begründet die Zerwürfnisse, die bis heute andauern. Die Eroberung der Region Palästina bestehend aus dem heutigen Jordanien und dem heutigen Israel im Jahr 1918 durch die Briten trug nicht unbedingt zu einer Verbesserung der Lage bei. Nach Wunsch des Britischen Empire sollte die Gegend aus einem arabischen, also muslimischen, und einem jüdischen Teil bestehen. Auch Jerusalem sollte in einen jüdischen und einen kleineren arabischen Teil aufgeteilt werden. Die Vereinten Nationen stimmten dem Vorschlag zu und somit erfolgten in den anschließenden Jahren etliche Umsiedelungsprojekte, welche schlimme Konsequenzen mit sich brachten. Die ohnehin schon angespannte Lage zwischen den Juden und den Muslimen spitzte sich weiter zu und gipfelte schließlich in einem Krieg, als 1948 die Republik Israel ausgerufen wurde. Die Juden wollten in Israel nun endlich eine Heimat finden, was für die dort seit über tausend Jahren lebenden Palästinenser jedoch sehr problematisch war. Sie befürchteten, aus ihrem Land vertrieben zu werden. Jerusalem wurde zum Brennpunkt der Kämpfe und im Sechs-Tage-Krieg von den Juden erobert. Ein Waffenstillstand gelang den Vereinten Nationen erst nach vielen Vermittlungsversuchen.
Die Folgen des Krieges: Von einst 800 000 Palästinensern befanden sich nach den Kämpfen nun noch rund 170 000 in Israel. Die restliche muslimische Bevölkerung war entweder tot oder in angrenzende arabische Länder geflüchtet. In Israel lebten nun ungefähr 85 Prozent Juden, 6 Prozent Christen und nur noch 9 Prozent Muslime, heute sind es 75 Prozent Juden und knapp 21 Prozent Muslime. 5) Bürger im Staat: Jerusalem: Brennpunkt konfliktreicher Geschichte; Heft 2/97; Stand vom 06.12.2017 6) Christen und Juden: Der Konflikt um Jerusalem; Stand vom 06.12.2017 7) Krisen und Konflikte: Der Konflikt in Palästina und Israel. Die Geschichte des Konfliktes; Stand vom 06.12.2017 8) Kreuzzüge in der Geschichte: Geschichte Jerusalem Dreifach heilige Stadt; Stand vom 06.12.2017
Die Vereinten Nationen richteten mit der UNRWA ein eigenes Flüchtlingshilfswerk für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten ein. Als es 1950 die Arbeit aufnahm, waren rund 750 000 palästinensische Flüchtlinge registriert. Ähnlich wie die Nachkommen der Flüchtlinge unter dem Mandat der UNHCR registriert auch UNRWA die Nachkommen von Palästina-Flüchtlingen – heute sind das in etwa 5,2 Millionen. Mehr als 1,5 Millionen von ihnen leben in Flüchtlingscamps in Jordanien, Libanon, Syrien, dem Gaza-Streifen und Ost-Jerusalem. Laut dem Europäischen Unterstützungsbüro für Asylfragen (EASO) haben 19 000 Palästinenser im Jahr 2015 Asyl in Europa beantragt. 9) UNRWA: Palestine Refugees; Stand vom 06.12.2017 10) Al Majdal: Palestinan Refugees: Multiple Displacements and the Issue of Protection; März 2017
Heute ist der diplomatische Status Jerusalems immer noch hoch umstritten und gehört mit zu den komplexesten Fragen, die bislang eine Friedenslösung zwischen Israel und den Palästinensern verhindert haben. Während die internationale Gemeinschaft die Stadt nicht als Israels Hauptstadt anerkennt, wollen die Palästinenser den arabischen Ortsteil als Hauptstadt eines zukünftigen unabhängigen Staates und die Juden beanspruchen die gesamte Stadt für sich. 11) Wirtschaftswoche: „Herr Trump, Jerusalem ist die rote Linie der Muslime“; 05.12.2017 12) Frankfurter Rundschau: Israel. Hauptstadt Jersulsalem? Jordanien warnt Trump; 05.12.2017 13) Independent: Donald Trum recognising Jerusalem as Israel’s capital will cause ‚major catastrophe‘, Middle East leaders warn; 05.12.2017
Jede Veränderung des momentanen Status der Stadt könnte weitreichende Auswirkungen für den gesamten Nahen Osten mit sich bringen. Präsident Mahmud Abbas warnte, die Verlegung der amerikanischen Botschaft würde die totale Zerstörung des Friedensprozesses bedeuten. Auch Frankreichs Präsident Macron äußerte während eines Telefonats mit dem US-Präsidenten am Montag seine Besorgnis über den potenziellen Schritt des US-Präsidenten. 14) Independent: Donald Trump recognising Jerusalem as Israel’s capital will cause ‚major catastrophe‘, Middle East leaders warn; 05.12.2017 15) The Guardian: Trum misses deadline over moving US embassy to Jerusalem; 05.12.2017
Dass Trump bei einer Thematik, die viele vorherige Präsidenten stets mit Samthandschuhen angefasst haben, so energisch vorgeht, gehört zu dessen Selbstbild als Macher im Kapitol. Jedoch ist sein außenpolitisches Vorgehen im Fall Jerusalem, in welchem unüberlegte Schritte schnell zu politischen Eruptionen führen können, hoch riskant. Es könnte zu einer Welle der Gewalt und Vertreibung führen. 16) Der Tagesspiegel: Trumps Nahostpolitik. In Israel bahnt sich ein politisches Erdbeben an: 03.12.2017 17) Spiegel Online: Politik. Entscheidung zu Jerusalem. Methode Holzhammer; 06.12.2017
Fußnoten und Quellen:
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