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Was bringt Menschen dazu, ihre Heimat zu verlassen und ein besseres Leben zu suchen? | Bild: © earthlink e.V. [alle Rechte vorbehalten] -
Afghanistan: Nachfrage nach Drogen und gewaltsames Vorgehen der Westmächte destabilisieren das Land
In Afghanistan ist die Sicherheitslage sehr brisant. Dort herrscht seit 16 Jahren ein blutiger Krieg zwischen der radikalislamischen Organisation „Taliban“ und vornehmlich dem Militär der US- und der afghanischen Regierung sowie der NATO-Staaten, zu denen auch die deutsche Bundeswehr gehört. Die Islamisten haben seit dem Ende der NATO-Kampfmission (ISAF) im Dezember 2014 sehr stark an Macht zugelegt und besetzen nun 13 Prozent des Landes, was 54 von den insgesamt dortigen 407 Bezirken darstellt. Sie terrorisieren die Zivilbevölkerung mit ihren schrecklichen Taten und lassen nicht vom Staat ab. 1) n-tv: Rekordernte in Afghanistan – USA bombardieren Drogenlabore der Taliban; 20.11.2017 2) n-tv: Milliardengeschäft der Taliban – Afghanistan verdoppelt Drogenernte; 15.11.2017 3) politische-bildung.de: Krieg in Afghanistan – ISAF-Mission und Mission „Resolute Support“; Stand 08/2020 4) Der Spiegel Online: Zahlen der UNO – Knapp 350.000 Menschen in Afghanistan auf der Flucht; 21.11.2017
Die US- und die afghanische Luftwaffe hatten entsprechend in der Nacht auf Montag zum ersten Mal auch Drogenlabore in der südafghanischen Provinz Helmand angegriffen. Die Ziele sind die geldträchtigen Schlafmohnplantagen der radikalislamischen Taliban. Für die Taliban ist der Anbau der Schlafmohnpflanze extrem wichtig, da diese die Hälfte der Einnahmen für ihre Kriegskasse aus dem Drogenanbau beziehen. Die Taliban besteuern den Drogenschmuggel und Schlafmohnanbau und verdienen somit zwischen 200 und 400 Millionen Dollar jährlich. Viele der extremistischen Kämpfer fangen in der jetzigen Zeit an, in der Drogenproduktion tätig zu werden, vornehmlich, um Heroin herzustellen. Alle Bauern, die in den Bezirken der Extremisten leben, werden zwangsweise durch die Abschottung zu legalen Märkten und dem Druck der Taliban-Kämpfer dazu gebracht, diese Pflanze zu kultivieren. 5) n-tv: Rekordernte in Afghanistan / USA bombardieren Drogenlabore der Taliban; 20.11.2017 6) n-tv: Milliardengeschäft der Taliban / Afghanistan verdoppelt Drogenernte; 15.11.2017
Nicht verwunderlich, dass das Land einer der größten Drogenexporteure weltweit ist, und die westlichen Industrieländer, insbesondere die USA, ihre größten Konsumenten sind. Das sieht man auch an der jetzigen Drogenkrise in den Vereinigten Staaten, die sich wie ein Lauffeuer ausbreitet. Die Zusammenhänge könnten kaum deutlicher sein: Das diesjährige Ausmaß des Drogenanbaus übertrift nämlich alle vorherigen Jahre. Aus einem neuen in der afghanischen Hauptstadt Kabul veröffentlichten Bericht des UNODC geht hervor, dass der Staat seinen Ertrag zur Schlafmohnernte, der Basis für Opium und Heroin ist, um 87 Prozent im Vergleich zum Vorjahr erhöht hat. Auf 328.000 Hektar wird die Schlafmohnpflanze angebaut, und bis zum Jahresende resultieren hieraus 9000 Tonnen Opium. Es ist ein Rekordwert in der Geschichte des Staates, wie die Autoren des Berichts verdeutlichen: „Dieses Ausmaß an Schlafmohn-Anbau ist ein neuer Rekord und übertrifft die vorherigen Höchstwerte von 2014 um 104.000 Hektar oder 46 Prozent.“ Noch vor der Weiterverarbeitung, gleich nach der Ernte, ist der Schlafmohnertrag in dieser Größenordnung nach UN-Schätzungen bereits 1,4 Milliarden Dollar wert. Dieser Milliardengewinn geht in die Hände der Taliban über und wird für ihre Machenschaften genutzt. Sie sind die Hauptverdiener am Geschäft, besteuern die rasant wachsenden Anbauflächen und nehmen für den Schmuggel Schutzgelder: Eine Garantie für die afghanischen Aufständischen, die somit mehr Mittel für Soldatengehälter und Waffen erhalten können. 7) n-tv: Milliardengeschäft der Taliban / Afghanistan verdoppelt Drogenernte; 15.11.2017 8) Der Spiegel Online: Opioid-Epidemie / Trump verhängt Gesundheitsnotstand wegen Drogenkrise; 27.10.2017
Für die jetzige Situation sind auch alle Regierungen verantwortlich, die ihre Soldaten in Afghanistan haben. Die seit dem Januar 2015 begonnene NATO ‚Resolute Support Mission‘ (RSM) war der entscheidende Auslöser des gewaltigen Problems. Der Schwerpunkt dieser Mission lag und liegt auf der Ausbildung, Beratung und Unterstützung der afghanischen Entscheidungsträger. Die internationale Gemeinschaft hatte zuvor im Dezember 2014 die ISAF-Mission beendet, fast alle ausländischen Kampftruppen aus Afghanistan abgezogen und die neue RS-Mission mit verkleinerter Truppenstärke ausgerufen, mit fatalen Folgen. Seitdem hatte sich der Konflikt drastisch verschärft und hält mit hoher Intensität an. Außerdem verschlimmerten sich dort die Wirtschaftskrise und soziale Probleme umso mehr. Die Taliban eroberten weitere Gebiete und konnten die Kultivierung des Schlafmohns wegen fehlender Überwachung voranschreiten lassen. Jetzt bekommen vor allem die Menschen im Staat die Nachwirkungen zu spüren. Man hatte die Drogenpolitik außer Acht gelassen und ein schlimmes Schicksal heraufbeschworen. Nun versuchen insbesondere die USA wieder mehr Soldaten nach Afghanistan zu entsenden, um die zugelassene Misere zu stabilisieren. Bei einem NATO-Treffen der Verteidigungsminister am 09.11.2017 in Brüssel hatten vor allem die Europäer einer Aufstockung ihrer beteiligten Soldaten eine Absage erteilt, darum folgt der jetzige brutale Alleingang der Vereinigten Staaten von Amerika. 9) politische-bildung.de: Krieg in Afghanistan – ISAF-Mission und Mission „Resolute Support“; Stand 08/2020 10) n-tv: Zahl der Abwürfe verdreifacht / USA weiten Bombenkrieg in Afghanistan aus; 21.11.2017
Die deutsche Bundeswehr hat auch Soldaten in Afghanistan, jedoch waren der Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) die jetzigen Sondierungsgespräche wichtiger denn je, statt sich um die verheerende Situation zu kümmern. Sie sehe die BRD „jetzt nicht in der ersten Reihe“, um zu handeln, sagte von der Leyen auf dem Treffen. Sie verwies im Rahmen ihrer Verantwortung auf Truppenaufstockungen und zeigte kein einziges alternatives Vorgehen auf (Bekämpfung der Nachfrage nach Drogen), um die Krise anzugehen: „Im letzten Jahr, als andere ihre Truppenzahlen reduziert haben, da hat Deutschland aufgestockt um 20 Prozent.“ 11) Der Spiegel Online: Afghanistan / NATO verfehlt Ziele für Truppenaufstockung; 09.11.2017
Der Oberbefehlshaber der Nato- und der US-Streitkräfte in Afghanistan, John Nicholson, forderte von den stationierten Regierungstruppen, die Kontrolle von Gebieten auf 80 Prozent auszuweiten. In einer Video-Konferenz, die ins Pentagon übertragen wurde, sagte er: „Das ist die kritische Masse, um den Feind irrelevant zu machen, dass er also entweder in entlegenen Gebieten lebt, aufgibt oder stirbt.“ Laut einem US-Bericht von Ende Oktober kontrollieren oder beeinflussen die Regierungstruppen nur knappe 57 Prozent des Staates. 30 Prozent Afghanistans sind umkämpft. Dieses falsche Vorgehen bzw. dieser voreilige Eingriff könnte noch mehr Menschen vertreiben, denn die zivilen Opferzahlen steigen monatlich seit den vermehrten Angriffen auf die Schlafmohnplantagen. Ein Provinzratsmitglied Afghanistans sagte: „Die meisten, die in solchen Fabriken arbeiten, sind Zivilisten.“ 12) Der Spiegel Online: Zahlen der UNO / Knapp 350.000 Menschen in Afghanistan auf der Flucht; 21.11.2017 13) n-tv: Rekordernte in Afghanistan / USA bombardieren Drogenlabore der Taliban; 20.11.2017
In einem aktuellen Bericht der Uno-Agentur zur Koordinierung humanitärer Hilfe (OCHA) geht hervor, dass knapp 350.000 Afghanen in diesem Jahr bereits auf der Flucht sind bzw. heimatlos wurden. Tendenz weiter steigend. Laut der humanitären Hilfsorganisation „Der Afghanische Frauenverein e. V.“ mussten mehr als eine Million afghanischer Flüchtlinge aus Pakistan zudem wegen politischer Spannungen in ihren Staat zurückkehren, hinzu kommen mehr als 670.000 anderer Binnenflüchtlinge, die seit 2016 auf der Flucht sind. Insgesamt gibt es jetzt demnach ca. 2.150.000 Millionen Binnenvertriebene. Ende 2016 befanden sich zusätzlich 2,5 Millionen afghanische Flüchtlinge außerhalb der Landesgrenzen Afghanistans. Global gesehen sind es also insgesamt rund 4.650.000 Menschen, die flüchten bzw. bisher flüchten mussten. Ein großer Teil von allen Binnenflüchtlingen (32 Prozent) befindet sich derzeit im eher ruhig geltenden Norden und Nordosten des Landes in Flüchtlingscamps, meldeten die Vereinten Nationen. Die Lage ist sehr ernst. In dem UNO-Bericht, der regelmäßig veröffentlicht wird und detaillierte Schilderungen von Kampfhandlungen enthält, steht beispielsweise, dass allein in der schwer umkämpften Provinz Kundus in der vergangenen Woche fast 16.000 Menschen ihre Heimat verlassen haben. 14) Der Spiegel Online: Zahlen der UNO / Knapp 350.000 Menschen in Afghanistan auf der Flucht; 21.11.2017 15) presseportal.de:Binnenflüchtlingen in Afghanistan steht ein harter Winter bevor / Viele Menschen im Ali Lala Flüchtlingscamp in Ghazni in Not; 23.11.2017 16) de.statista.com: Ranking der zehn Länder, aus denen die meisten Flüchtlinge* stammen; Stand Ende 2016 17) uno-fluechtlingshilfe.de: Zahlen & Fakten; Ende 2016
Fußnoten und Quellen:
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