EU legt Fokus auf Bekämpfung von Schleppern, statt Fluchtursachen anzugehen
In den Sommermonaten herrscht wieder Hochsaison auf dem Mittelmeer. Das Meer ist ruhiger und die Überfahrt von Libyen nach Italien in den prekären Schlauchbooten somit einfacher. Seit Anfang des Jahres kamen laut UN schon 83 650 Flüchtlinge über die Mittelmeerroute nach Italien. Das sind circa 20 Prozent mehr als im gleichen Zeitraum in 2016. 1) Zeit Online: Das bedeutet mehr tote Flüchtlinge: Veröffentlicht am 06.07.2017 2) Amnesty International: A Perfect Storm- The failure of European Policies in the Mediterranean: Stand 13.07.2017 Zudem warten noch knapp eine Million Flüchtlinge an der libyschen Küste und man geht davon aus, dass alleine in diesem Sommer 300 000 die Überfahrt wagen könnten. 3) Stern: Retten! Oder nicht?: Veröffentlicht am 09.07.2017 4) Welt: Zahl der Flüchtlinge über die Mittelmeerroute steigt offenbar stark: Veröffentlicht am 25.06.2017
Doch die Mittelmeerroute ist auch gefährlich. In diesem Jahr sollen schon 2000 Flüchtlinge bei dem Versuch, nach Italien zu gelangen, ums Leben gekommen sein, das sind 3 Mal so viele wie 2015. 5) Zeit Online: Das bedeutet mehr tote Flüchtlinge: Veröffentlicht am 06.07.2017 Der Grund für die steigenden Todeszahlen ist, dass sich die Konditionen, unter denen die Flüchtlinge die Überquerung wagen, verschlechtert haben. 6) Amnesty International: A Perfect Storm- The failure of European Policies in the Mediterranean: Stand 13.07.2017
Wegen der EU-Initiative EUNAVFOR MED, die gegen die Schmuggler vorgeht, laden diese immer mehr Flüchtlinge zusammengepfercht in viel zu kleine Schlauchboote mit schlechtem Motor, meist ohne Rettungswesten oder Verpflegung. Zuvor wurden von den Schmugglern Holzboote benutzt, die wesentlich stabiler und sicherer sind. Seitdem jedoch im Rahmen der EU-Initiative die Boote der Schmuggler zerstört werden, ist es für diese nicht mehr rentabel, in bessere Boote zu investieren. Jedoch sind die Schlauchboote gar nicht dazu ausgelegt, jemals die italienische Küste zu erreichen, sie müssen gerettet werden. Zudem legen viele Boote nachts und ohne Satellitentelefon ab, was ein Auffinden der Boote noch schwerer macht. Laut einiger NGO‘s, die sich an der Seenotrettung beteiligen, müssen sich auch die Bedingungen vor Ort verschlechtert haben, da immer mehr Flüchtlinge verletzt sind, zum Teil mit Schusswunden. 7) Amnesty International: A Perfect Storm- The failure of European Policies in the Mediterranean: Stand 13.07.2017
Die Vorgehensweise der Schmuggler hat sich verändert, jedoch ist das Hauptziel der EU, weiterhin dem Menschenschmuggel Einhalt zu gebieten und nicht die Seenotrettung der Flüchtlinge. Dabei kooperiert die EU mit der libyschen Küstenwache, um das Ablegen von Booten zu verhindern oder diese wieder zurück an die Küste zu bringen. Dennoch ist die Rückkehr nach Libyen für viele Flüchtlinge lebensgefährlich, denn Libyen hat kein Asylgesetz und viele Flüchtlinge werden für unbestimmte Zeit unter menschenunwürdigen Bedingungen inhaftiert. Die EU und auch Deutschland haben noch nicht einmal eine Botschaft in Libyen, „aus Sicherheitsgründen“, so der deutsche Diplomat Martin Kobler. 8) Amnesty International: A Perfect Storm- The failure of European Policies in the Mediterranean: Stand 13.07.2017 9) Zeit Online: Das bedeutet mehr tote Flüchtlinge: Veröffentlicht am 06.07.2017 10) Pressenza: Zentrale Mittelmeerroute: Zahl der Toten steigt, aber EU lässt Flüchtlinge und Migranten im Stich: Veröffentlicht am 08.07.2017
Daher operieren seit mehreren Jahren einige NGOs im Mittelmeer und übernehmen die Rolle, die die EU nicht übernehmen möchte und bringen die in Seenot geratenen Flüchtlinge in einen sicheren Hafen in Italien. Weil die Boote seeuntauglich geworden sind, fahren die Helfer immer näher an die Küste heran. 11) Amnesty International: A Perfect Storm- The failure of European Policies in the Mediterranean: Stand 13.07.2017 12) Stern: Retten! Oder nicht?: Veröffentlicht am 09.07.2017
Immer wieder wird den Seenotrettern vorgeworfen, gemeinsame Sache mit den Schmugglern zu machen und Teil des eigentlichen Problems zu sein, denn durch die Seenotrettung würde den Schmugglern die Arbeit abgenommen werden. In Deutschland wird derzeit gegen Seenothelfer ermittelt, wegen dem „Versuch des Einschleusens von Ausländern“. 13) Stern: Retten! Oder nicht?: Veröffentlicht am 09.07.2017 14) Zeit Online: Das bedeutet mehr tote Flüchtlinge: Veröffentlicht am 06.07.2017
Es kann jedoch nicht die Lösung sein, gegen die Seenothelfer vorzugehen, die täglich tausende Leben retten und die Aufgabe übernehmen, die eigentlich der EU zufallen würde. Erst durch den Strategiewechsel der EU hin zur Abschottung der Grenzen haben sich die Überfahrtsbedingungen der Flüchtlinge dramatisch verschlechtert und machen die Seenotrettung notwendiger denn je. Trotzdem hat die EU weiterhin eine Verantwortung gegenüber den Flüchtlingen, die von Libyen über das Mittelmeer kommen und man kann diese Menschen nicht einfach ihrem Schicksal auf hoher See überlassen. Genauso wenig ist es rechtens, sie zurück nach Libyen zu bringen, in ein Land, in dem sie nicht sicher und schweren Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt sind. 15) Amnesty International: A Perfect Storm- The failure of European Policies in the Mediterranean: Stand 13.07.2017 16) Pressenza: Zentrale Mittelmeerroute: Zahl der Toten steigt, aber EU lässt Flüchtlinge und Migranten im Stich: Veröffentlicht am 08.07.2017
Die europäische Gemeinschaft muss ihre Strategie im Umgang mit den Bootsflüchtlingen dringend überdenken und stattdessen neue Methoden zur Bekämpfung von Fluchtursachen in den Herkunftsländern entwickeln. Denn die Mittelmeerroute ist nur der letzte Abschnitt einer langen und beschwerlichen Reise durch die Wüste, wo viele Menschen ihr Leben lassen – lange bevor sie die Küste Libyens erreichen. Der illegale Menschenhandel ist mittlerweile zur Haupteinnahmequelle in der Sahelzone geworden, was sich laut des Sonderbeauftragten des UNHCR, Vincent Cochetel, destabilisierend auf die gesamte Region auswirken könnte. 17) Zeit Online: Das bedeutet mehr tote Flüchtlinge: Veröffentlicht am 06.07.2017
Fußnoten und Quellen:
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